Maria, ihm schmeckts nicht!
Vorwort zu dieser Ausgabe
Sie haben hier nicht die Originalausgabe in der
Hand. Die ist als Taschenbuch erschienen. Wenn Sie
also Geld sparen wollen, greifen Sie zum Taschen-
buch. Vielen Dank auch dafür.
Dieses Hardcover ist für all Jene bestimmt, die
lieber Bücher in einem festen Einband verschenken,
lesen oder geschenkt bekommen. Um Sie für diese
mutige und kostspielige Entscheidung zu belohnen,
enthält diese Ausgabe ein brandneues und daher
bislang unveröffentlichtes Kapitel. Ich verrate aber nicht, welches das ist. Um dies heraus zu finden,
müssen Sie sich schon das Taschenbuch kaufen und
dann den Inhalt vergleichen.
Dieses Vorwort gibt mir die Gelegenheit, allen
Leserinnen und Lesern zu danken, die das Buch seit
seinem Erscheinen im Oktober 2003 gekauft haben.
Ich habe bei Lesungen und durch Ihre Briefe viele
Hinweise und Anregungen bekommen. Auch ist mir
klar geworden, dass Antonios Geschichte kein Einzel-schicksal ist, sondern das einer ganzen ungehörten
Generation. Wir verdanken den vielen Italienern, die seit den fünfziger Jahren zu uns gekommen sind, viel mehr als bloß Pizza, Spaghetti und Eis. Sie haben
unser Land in den vergangenen fünfzig Jahren auch
um Temperament, Geschmack und wundervolle
Kinder bereichert. Es gibt hunderttausende Antonios bei uns, und ich habe inzwischen einige von ihnen
kennen gelernt. Für unser Land ist es wichtig, dass es Menschen gibt, die es als Heimat ansehen, obwohl
sie woanders geboren sind. Ohne sie wäre es bei uns womöglich weniger bunt. Das gilt übrigens nicht nur für die vielen Italiener, sondern auch für die
Griechen, Spanier oder Portugiesen, die uns die Ehre geben, hier zu leben. Ich finde, das ist ein großes Kompliment für Deutschland.
Manchmal bekomme ich Briefe, in denen steht,
dass mein Buch auch in Griechenland spielen könne,
man habe da so einen Schwiegervater, der hieße Di-
mitri, sei aber eigentlich Antonio. Manchmal heißt
der Schwiegervater auch Jorge oder Pablo.
Ich werde häufig gefragt, was denn nun an den
Geschichten in diesem Buch wahr ist und ob es
Antonio wirklich gibt. Die erste Antwort lautet: Das verrate ich nicht. Es ist ein Roman über die Wirk-lichkeit, das muss genügen. Und die zweite Antwort: Ja, natürlich gibt es ihn. Und wie! Das Buch hat ihn sehr glücklich gemacht, und alle erfundenen Szenen
hat er seiner Biografie einverleibt. So hat es Antonio immer gemacht, so soll es sein.
Jan Weiler, September 2004
Eins
Ein Fremder steht vor der Tür. Das bin ich. Genau
genommen bin ich nicht nur den Menschen hinter
der Tür fremd, sondern vor allem mir selber. Ich
habe mich nämlich mit einem Strauß Blumen als
Schwiegersohn verkleidet. So kenne ich mich nicht,
denn ich habe noch nie Schnittblumen an Menschen
verschenkt, die nicht entweder zu meiner Familie
gehörten oder wenigstens gleichaltrig und weiblich
waren. Man bittet auch nicht sehr häufig im Leben
um die Hand einer Tochter. Da kann man sich schon
mal vor sich selber fremd fühlen.
Es ist unser erster gemeinsamer Besuch bei ihren
Eltern. Zwar sind wir bereits mehr als zwei Jahre
zusammen, aber ich kenne bisher nur ihre Schwester
und sie. Das reicht ja auch, fand ich bisher. Dann
jedoch machte ich Sara einen Heiratsantrag, was bei uns wie bei den meisten Menschen zu einem Besuch
bei den Eltern führte.
Sara steht hinter mir und schubst mich.
Wir sind mehr als sechshundert Kilometer gefah-
ren, und dabei erzählte Sara fast die ganze Zeit von ihrem Vater, der ihr den wundervollen Nachnamen
Marcipane vererbt hat. Er sei ein wenig anstrengend, sagte sie. Manche fänden ihn wunderlich. Andere
hätten sogar Angst vor ihm, aber das verstehe sie
nicht. Er sei eine echte Nummer. Er habe Humor. Verstand, Appetit. Sei großzügig. Und besitze nun einmal die Angewohnheit, ohne Unterbrechung zu reden,
wenn er sich wohl fühle. Da er sich die meiste Zeit seines Lebens ungemein wohl fühle, habe dies nun
zur Folge, dass er von morgens bis abends rede. Das habe ihr früher in der Jugendzeit den letzten Nerv
geraubt. Er habe damals ihre Verehrer, allesamt
Deppen, wie sie etwas zu deutlich betont, regelrecht aus dem Haus gequasselt. Nun sei das alles nicht
mehr so schlimm, er werde ja älter. Was das eine mit dem anderen zu tun hat, ist mir nicht klar.
Ihr Vater sei, dozierte Sara, eine Art Windmaschi-
ne, die aber nicht nur Luft bewege, sondern auch
Herzen. Er sei kaum zu Argem imstande, und wenn
er doch mal sauer
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