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Das Dorf der verschwundenen Kinder

Das Dorf der verschwundenen Kinder

Titel: Das Dorf der verschwundenen Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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sie nach Hause gebracht und dachte, es wäre einfach zuviel Sonne gewesen oder so. Aber dann fiel mir Zandra ein, und ich rief Jill an, die sagte, Zandra gehe es noch viel schlimmer, und der Arzt sei gerade bei ihnen, und da machte ich mir doch Sorgen und rief Dr. Truman an. Der ist jetzt hier und sagt, er würde Rosie gern ins Krankenhaus schicken, damit sie ein paar Tests machen … Peter, könntest du bitte schnell herkommen … bitte …«
    So hatte er Ellie noch nie gehört. Die Welt erbebte, so als hätte der große Ozean aus Heidemoor beschlossen, sich aufzuwühlen und Stirps End von seiner Sandbank zu schubsen.
    Dann wurde alles still.
    Er sagte: »Ich mach mich auf den Weg.«
    Soviel zur harten Tour, dachte er. Soviel dazu, andere zusammenzustauchen, weil sie persönliche Gefühle und Arbeit vermischten. Dalziel hatte recht. Wenn es einen Gott gab, dann liebte er gute Witze.
    Er brüllte: »Sergeant Clark!«
    Und rannte auf den Wagen zu.

Zwölf
    A ls Wield und Novello in Bixford ankamen, mußten sie niemanden nach dem Weg fragen.
    Über dem Schild, mit dem Bixford alle vorsichtigen Autofahrer grüßte, ragte eine Reklametafel für die GEORDIE TURNBULL LTD . – ABRISS & AUSHUB auf.
    Die Tafel befand sich hinter einem hohen Sicherheitsdrahtzaun, der eine Fläche von etwa 4000 Quadratmetern eingrenzte. In der Mitte stand ein Bungalow, neben dem auf der einen Seite ein leuchtendgelber Bulldozer mit Turnbulls Namenszug in feuerroten Buchstaben und auf der anderen ein hellblauer Volvo Kombi geparkt war.
    Er war weder staubig noch schmutzig und funkelte blitzblank im Sonnenlicht.
    Novello fuhr durch das offene Tor und parkte neben dem Volvo.
    Wield stieg aus, umrundete den Kombi bedächtig und spähte durch die Fensterscheiben. Novello marschierte zum Bungalow und drückte auf die Klingel. Kurze Zeit später wurde die Tür geöffnet. Ein kleiner, gedrungener Mann in Khaki-Shorts, Netzhemd und Espadrilles erschien. Sein strubbeliges blondes Haar war zerzaust, und er rieb sich gähnend die Augen, als sei er gerade aus dem Bett gestiegen. Bei Novellos Anblick jedoch hielt er mitten im Gähnen inne, bekam leuchtende Augen, und sein Begrüßungslächeln ließ in seinem runden, rotbackigen Gesicht die Sonne aufgehen.
    »Aber hallo«, sagte er. »Hab grad ’n Nickerchen gemacht, aber dafür lohnt es sich aufzuwachen. Was kann ich für Sie tun, schöne Maid?«
    Wenn er sprach, meinte man das Plätschern des Tyne zu hören.
    »Sind Sie Mr. Turnbull?« fragte Novello, während ihr Blick auf seine unbekleideten, muskulösen Arme fiel, deren goldener Flaum die Sonnenwärme zu reflektieren schien.
    »Ja, der bin ich. Möchten Sie dieser gesegneten Hitze entfliehen und Ihren Durst mit einer Dose Bier stillen? Oder Limonade, falls Sie gekommen sind, um über Christus zu sprechen.«
    Sie mußte unwillkürlich zurücklächeln.
    Es war erstaunlich. Binnen weniger Sekunden hatte sich Turnbull vom abstoßenden Primitivling mittleren Alters zum amüsanten knuddeligen Koala verwandelt. Es lag zum Teil an seinem strahlenden Lächeln, zum Teil auch an seinem unverhohlen bewundernden Blick, hauptsächlich wohl aber an seiner unzögerlichen Bereitschaft, ihr eine Erfrischung anzubieten, noch ehe er ihr Anliegen kannte. Auf seiner Türschwelle ist der Engländer ein von Natur aus mißtrauisches Wesen, das jederzeit das Schlimmste erwartet. Novello hatte im Verlauf ihres Berufslebens schon an viele Türen geklopft. Sie sah nicht besonders einschüchternd und überhaupt nicht (so hoffte sie zumindest) wie eine Polizistin aus. Doch die übliche Reaktion reichte von neutraler Wachsamkeit bis hin zu offener Feindseligkeit, und das, noch ehe sie sich vorgestellt hatte.
    Nun zog sie ihren Dienstausweis hervor und sagte: »Detective Constable Novello. Können wir etwas plaudern, Mr. Turnbull?«
    Eine Augenbraue zuckte zweifelnd nach oben, aber sonst gab es keine Veränderung in seinem sonnigen Willkommensgebaren, als er sagte: »Dann wird’s wohl Limonade sein, hm? Kommen Sie rein.«
    Dann allerdings gab es eine Veränderung, wie der Schatten einer dünnen hohen Wolke, die so rasch über eine goldene Landschaft hinwegzieht, daß man sie kaum bemerkte.
    »Mr. Turnbull.«
    Wield war hinter sie getreten. Turnbull hatte ihn wiedererkannt, da war sie sicher. Und die Erinnerung war nicht angenehm. Es wäre interessant zu sehen, ob er die alte Bekanntschaft zugab oder eine Show abzog.
    Doch noch ehe sie den Gedanken zu Ende gedacht hatte,

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