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Das Dorf der verschwundenen Kinder

Das Dorf der verschwundenen Kinder

Titel: Das Dorf der verschwundenen Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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daß Piers verschwunden ist …«
    »Ich versteh nicht, daß du nix davon gelesen hast«, meinte er halb anklagend.
    »Vielleicht hab ich das. Aber, Andy, vor fünfzehn Jahren hatte ich andere Dinge im Kopf. Jetzt verstehe ich, warum du Walter die Samthandschuh-Nummer angedeihen läßt. Armer Mann. Aber das erklärt auch, warum sie sie adoptiert haben.«
    »Elizabeth? Na, du hast recht, sie ist nicht ihr Kind. Und du hast das ausbaldowern können, obwohl du sagst, du kennst die Wulfstans kaum? Tja, einmal Schnüffler, immer Schnüffler, wie man so schön sagt.«
    Dieser nicht sehr schmeichelhafte Kommentar war eine weitere Anspielung auf die Zeiten ihrer alte Liebelei, als sie die Quelle einiger nützlicher Informationen für ihn gewesen war.
    »Nein, das habe ich nicht ausbaldowert«, erklärte sie energisch. »Das hat mir jemand einfach so erzählt, und bestimmt keiner von den Wulfstans oder sonst jemand von hier. Durch einen dieser Zufälle, die keinesfalls Teil eines göttlichen Plans sein können, da sie auch uns immer wieder zusammenführen, habe ich eine Freundin in London, Beryl Blakiston, die zufällig Schulleiterin der Schule ist, auf die Elizabeth eine Zeitlang ging.«
    »Alle Achtung«, sagte er bewundernd. »Wer braucht mit euch High-Society-Fuzzies schon das Internet?«
    Sie musterte ihn kritisch und vermutete, daß seine Vertrautheit mit dem Internet etwa so vage war wie ihre mit dem großen Mysterium der Rugby-Taktiken im vordersten Gedränge. Aber sie hatte gelernt, daß man Dalziel besser nicht reizte, und fuhr fort: »Im Frühjahr war ich mit Beryl mal wieder zum Lunch. Dabei erwähnte ich meine neuen Pflichten als Mitglied des Komitees – es beruhigt sie zu hören, daß ich auch hin und wieder etwas Ehrbares mache –, und sie fragte, ob dieser Wulfstan der Vater der Sängerin sei. Und ich sagte ja, weil ich wußte, daß Elizabeth für das diesjährige Festival geplant war. Ende der Geschichte.«
    Er nahm einen tiefen Zug, und damit war das zweite Bier fast leer.
    »Blödsinn«, sagte er.
    »Wie bitte?«
    »Zuerst mal hast du vorhin schon angedeutet, daß deine Freundin Beryl dir erzählt hat, daß das Mädchen adoptiert ist. Und zweitens besteht kaum die Chance, daß zwei gleichgesinnte Ladys wie ihr mit dem Bauch voller Gin Tonics und einer Flasche Burgunder auf dem Tisch ein interessantes Thema fallenlaßt, ohne es vorher gründlich durchgekaut zu haben.«
    »Wieso bezeichnest du eine Frau, die du noch nie gesehen hast, als meine Gleichgesinnte?«
    »Weil du dich sonst nicht immer wieder mit ihr zum Lunch verabreden würdest. Also, was hat sie gesagt?«
    Cap Marvell fixierte ihn mit kühlem, abschätzendem Blick und sagte: »Andy, das ist doch hoffentlich nicht irgendwie offiziell, oder? Ein Drink mit einem alten Freund ist eine Sache, aber wenn das hier zum Verhör wird, möchte ich doch lieber meinen Anwalt Mäuschen spielen lassen.«
    Er sah verletzt aus.
    »Nee, Schätzchen, ich hab’s dir doch gesagt. Der einzige Grund, warum ich selbst zu den Wulfstans gefahr’n bin, war wegen dieser Sache damals. Eine Routinebefragung. Er steht nicht unter Verdacht. Alles, was ich hier mache, ist höfliche Konversation, bis ich sehe, mit welcher Seite der Toast auf den Boden klatscht. Wenn du willst, können wir auch über das englische Kricket-Team reden. Oder die Regierung. Zum Heulen, oder?«
    »Die Regierung?«
    »Sei nicht albern. Ich verschwende keine Tränen für diese Fatzkes.«
    Sie lachte und sagte: »Na gut. Ich glaube dir, Andy. Also, Beryl erzählte mir, daß Elizabeth adoptiert ist und daß es früher mal Schwierigkeiten mit ihr gab, aber das hätte sich gelegt …«
    »Schwierigkeiten?« unterbrach Dalziel. »Ich liebe Schwierigkeiten. Erzähl mir mehr.«
    »Beryl ist nicht ins Detail gegangen. Es gibt so was wie berufliche Diskretion, selbst nach eine Flasche Burgunder. Aber ich hatte den Eindruck, es ging um nicht erfüllte Erwartungen. Das Mädchen war unzufrieden mit den Eltern und umgekehrt. Es war so ernst, daß sie einen Psychologen oder Psychiater zu Hilfe nahmen, ich weiß nicht mehr, was. Aber am Ende ging alles gut, und das, wie Beryl wähnte, hauptsächlich wegen Elizabeths aufkeimenden musikalischen Talents. Was natürlich Hauptanlaß und Thema unseres eigentlichen Gesprächs war.«
    »Wähnte«, meinte Dalziel verträumt. »Aufkeimend. Ich liebe es, wenn du so geschraubt daherredest. Selbst wenn ich nur die Hälfte davon verstehe.«
    »Ich meine, daß Elizabeth durch

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