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Das Dorf der verschwundenen Kinder

Das Dorf der verschwundenen Kinder

Titel: Das Dorf der verschwundenen Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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unschuldig, Wieldy?«
    Wield zuckte mit den Schultern. »Das macht keinen Unterschied, oder? Wenn er’s nicht war, haben wir eine Menge anderer Verdächtiger, oder nur ein paar … Ich glaube, wir stecken fest. Wie steht’s mit Ihnen, Sir?«
    »Ich weiß nicht«, antwortete der Dicke. »Irgendwas ist da faul … er ist nicht wütend genug, vielleicht ist es das. Hoddle droht mit allen möglichen Klagen wegen fälschlicher Verhaftung und solchem Scheiß, aber Turnbull sitzt nur gelassen und großmütig da. Und das, obwohl er aus Newcastle stammt! Wenn die Typen von da aufhörn, dir zu erzählen, wie oft sie die Meisterschaft gewonnen haben, fangen sie an, alle Fehlentscheidungen gegen ihre Mannschaft seit 1893 aufzuzählen.«
    »Ich bezweifle, daß das vor Gericht ein Beweisgrund wäre, Sir.«
    »Wahrscheinlich nicht. Von Burroughs nix?«
    »Rein gar nichts. Sie haben das ganze Tal hin und zurück durchgekämmt. Sie wartet auf weitere Anweisungen.«
    Dalziel dachte nach. Man hätte meinen können, man sehe Gott vor sich, wie er über einem kniffligen Aspekt der Plattentektonik brütet.
    »Sie sollen aus dem Gelände abziehn«, sagte er schließlich. »Geh’n wir wieder auf die Gebäude. Ich will, daß jedes Bauernhaus mitsamt Scheune, Schuppen, Schweinestall, Hühnerstall, Gartenhäuschen, Hundehütte, Klohäuschen und so weiter auf den Kopf gestellt wird. Sie ist in der Nähe, Wieldy, das spüre ich.«
    Es hätte schon eines überaus tapferen Mannes bedurft, um Dalziel darauf hinzuweisen, daß er damals in Dendale genau dasselbe gespürt hatte. Wield war zwar kein Feigling, aber auch nicht gerade ein Trophäenjäger.
    Er fragte: »Und Turnbull, Sir? Lassen Sie ihn laufen?«
    »Sind Sie wahnsinnig? Was immer Hoddle brabbelt, der geht hier nicht weg, ehe die vierundzwanzig Stunden um sind. Mir soll keiner nachsagen, daß ich einen möglichen Kindsmörder vorzeitig freilasse, diesmal nicht!«
    »Nein, Sir. Novello läßt anfragen, ob sie jetzt vielleicht, wo das Verhör schon so lange läuft, doch reinkommen …«
    »Nein«, bellte Dalziel. »Abgeseh’n von dem, was ich vorhin gesagt habe, wird Hoddle mit hundertprozentiger Sicherheit denken, er hat uns am Schlafittchen. Sagen Sie ihr, sie soll sich die Dendale-Akte vornehmen und auswendig lernen. Morgen früh um neun Uhr hatte Peter einen Termin bei dieser Plowright vom Sozialamt. Er dachte, er findet so vielleicht eine Spur zur alten Mrs. Lightfoot, die aber wahrscheinlich schon tot ist, aber wenn nicht, ist sie die einzige, die Benny wohl besuchen würde, wenn er wirklich wieder da ist, was ich auch nicht glaube. Ivor kann für ihn da hingehen.«
    »Klingt nach Zeitverschwendung«, meinte Wield.
    »Besser die Zeit eines Constables als eines Chief Inspectors«, erwiderte Dalziel. »Denken Sie an all das viele Geld, das wir sparen. Irgendwas von der Kleinen, übrigens?«
    »Ich habe das Krankenhaus angerufen«, sagte Wield so ausdruckslos, daß die Willensanstrengung, die hinter dieser Tat steckte, nicht herauszuhören war. »Keine Änderung.«
    Er hatte sich immer noch nicht dazu durchringen können, Pascoe direkt anzurufen. Er mußte ihn schon persönlich sprechen, sagte er sich immer wieder.
    »Das Leben ist hundsgemein, wie?« meinte Dalziel düster.
    »Ja, Sir. Und dann sterben wir«, sagte Edgar Wield.
     
    Und so neigt sich der zweite Tag der Suche nach Lorraine Dacre dem Ende zu.
    Während die Schatten immer länger werden, sitzen ihre Eltern, die niemanden mehr in ihrer Nähe ertragen können, im kleinen Wohnzimmer ihres Häuschens und halten sich an der Hand, doch keiner von ihnen findet Trost in der Berührung, abgesehen von der Vorstellung, sie dem anderen zu geben. Die Hoffnung in ihren Herzen ist tot, und was bleibt, ist allein das Verhehlen der Verzweiflung.
    Auch zwischen Peter und Ellie Pascoe besteht ein aus verhohlenen Gedanken geborenes Schweigen, doch hier geht es nicht um den Tod der Hoffnung, sondern um ihr Überleben. Ein Leben ohne Rosie ist unvorstellbar, also weigern sie sich, es sich vorzustellen. Wie Urmenschen in einer Höhle sehen sie die Dunkelheit über die Berge auf sich zueilen und wissen, daß sie Gefahren birgt, wissen aber auch, daß am nächsten Tag erneut die Sonne aufgeht und alles wieder gut macht.
    Und Rosie Pascoe?
     
    Rosie Pascoe ist in der Höhle des Nix.
    Es ist dunkel hier unten, aber ein wenig Licht schimmert durch den langen, gewundenen Gang, der zum Eingang führt. Nach und nach gewöhnen sich ihre Augen an

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