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Das Dorf der verschwundenen Kinder

Das Dorf der verschwundenen Kinder

Titel: Das Dorf der verschwundenen Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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auszusteigen. Der Sergeant trat ans Fahrzeug und öffnete die Tür wie ein Portier.
    »Wie geht’s Ihnen, Sir?« fragte er. »Ich habe schlechte Nachrichten. Clark sagt, der Chief Inspector …«
    »Hab grad mit ihm gesprochen. Wahrscheinlich Hirnhautentzündung. Sie liegt im Koma.«
    Da war es. Das Schlimmste. Nein, nicht ganz das Schlimmste. Das stand noch bevor … und wartete vielleicht schon auf seinen Anruf.
    »Verdammte Scheiße!«
    »Ja, das faßt die Situation im großen und ganzen zusammen. Aber wir können da nix tun, also tun wir lieber hier unsre Arbeit.«
    Er stieg aus dem Wagen. Wield, den diese Zurschaustellung stoischer Gelassenheit nicht täuschen konnte, blickte auf das zersprungene Armaturenbrett des Fahrzeugs.
    »Hatten Sie Ärger, Sir?«
    »Na ja«, erwiderte Dalziel und rieb sich die linke Hand. »Der Tacho hat geklemmt, da mußte ich mal draufhaun.«
    »Hoffentlich komme ich nicht mal in die Klemme«, murmelte Wield und schloß vorsichtig die Tür.
    »Hoffentlich kommen Sie gleich in die Gänge«, sagte Dalziel. »Turnbull. Von Anfang an.«
    Wield war der Schubert der Berichterstatter. Er faßte in einem kurzen Opus zusammen, wofür andere sich mit Sinfonien abmühen würden. Selbst die geistige Anstrengung, die Neuigkeiten über Rosie zu verdauen, minderte nicht seine Ausdrucksfähigkeit, und während des kurzen Wegs vom Parkplatz bis ins Polizeibüro, wo Sergeant Clark bei Dalziels Anblick augenblicklich strammstand, hatte er den Dicken über alles informiert.
    Als er Turnbulls Anwalt erwähnte, mußte Dalziel schmunzeln. Es gefiel ihm, wenn die Verdächtigen gleich schreiend zu ihren Rechtsvertretern rannten.
    »Dick Hoddle? Bei dem die Nase zur einen und die Zähne zur andern Seite geh’n?«
    »Genau der.«
    »Bißchen teuer für jemanden wie Turnbull, würd ich meinen.«
    »Er ist ganz gut im Geschäft, Sir. Sein alter Boß hat ihm die Firma überlassen, oder so was.«
    »Ja, so was mußte es wohl sein«, sagte Dalziel. »Schien mir nicht der Typ, der seine Kröten aufspart. Also, was meinen Sie, Wieldy?«
    »Turnbull macht bisher brav alles mit. Na gut, er hat Hoddle angerufen, aber wer würde das unter den Umständen nicht tun? Verzichtete auf sein Recht, bei der Durchsuchung anwesend zu sein. Hoddle war nicht besonders glücklich darüber, aber Geordie sagte so was wie: Wenn’s um Drogen ginge, wär’s was anderes, weil jeder weiß, daß die Bullen den Mist überall verstecken, aber nicht mal die Mid-Yorkshire-Kriminalpolizei wäre in der Lage, jemandem in so einem Fall was unterzuschieben.«
    Ohne beleidigt zu sein, entgegnete Dalziel: »Der ist nicht blöd. Dieser Turnschuh und das Haarband aus dem Auto …?«
    »Novello ist damit gerade auf dem Weg zu den Eltern. Die Sachen stimmen nicht genau mit der Beschreibung überein, was die Kleine angehabt haben könnte, sind aber auch nicht meilenweit entfernt.«
    »Und Turnbull sagt dazu …«
    »Anscheinend nimmt er oft Kinder in seinem Wagen mit. Tut viel für die Leute da, kutschiert sie herum, Kinder zu Fußballspielen, solche Sachen. Aber nicht nur Kinder. Alte Leute, Behinderte und so weiter. Er ist ziemlich beliebt.«
    »Das war der Duke of Windsor auch«, sagte Dalziel. »Sie haben mir immer noch nicht gesagt, was Sie denken.«
    »Dasselbe wie in Dendale. Ich denke, daß jeder, der ihn kennt – selbst der eine oder andere Ehemann, der ihn nicht leiden kann –, verwundert wäre, wenn er unser Mann ist«, erwiderte Wield. »Und ich denke, das wäre ich auch. Was bedeutet, daß er entweder sehr, sehr clever ist oder wir woanders suchen sollten.«
    »Ach ja? Irgendwelche Vorschläge?«
    Wield holte tief Luft und sagte: »Da sollten Sie vielleicht mal mit Sergeant Clark reden, Sir.«
    »Das werd ich, wenn er sich von seinem Anfall erholt hat. Können Sie mich hören, Sergeant, oder ist das schon die Totenstarre?«
    Clark, der sich gemäß dem Prinzip ›kein Risiko – keine Reue‹ entschieden hatte, in einer Art Habachtstellung zu verharren, entspannte sich.
    »Besser so, Junge. Ich vermute, Sie haben mir irgendwelche Geistergeschichten zu erzählen, Sir. Raus damit.«
    Clark hatte wenig von Wields Wortgewandtheit, und Dalziel machte aus seiner Ungeduld kein Hehl.
    »Soso, Mrs. Hardcastle, die jeder für ’n bißchen kraus im Kopf hält vor Trauer, hat also angefangen, irgendwelche Dinge zu sehen? Klingt, als sollte sie lieber mit ihrem Arzt reden und nicht mit hart arbeitenden Polizisten. Meinen Sie nicht auch,

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