Das Dorf in den Lüften
Begegnungen, die sich im Herzen des Waldes ereignen sollten, völlig neue Völkerschaften, unbekannte Menschengestalten, unter den großen Bäumen verlorene Dörfer u. dergl. m.
Vor dem Weggange aus der Grotte begann er dann noch:
– »Lieber John und Sie, Khamis, ich habe noch einen Vorschlag auf dem Herzen.
– Und der wäre, Max?
– Doch wenigstens etwas für den Doctor zu thun.
– Aber beileibe nicht etwa nach ihm zu suchen? rief der Foreloper.
– Nein, das nicht, beruhigte ihn Max Huber. Doch seinen Namen wollen wir dem bisher wohl noch ungetauften Wasserlaufe beilegen.«
In Zukunft wird also auf den neuen Karten des äquatorialen Afrika der »Rio Johausen« zu finden sein.
Die Nacht verlief ruhig, und obgleich sie abwechselnd Wache hielten, schlug doch kein einziges Wort an John Cort’s, Max Huber’s oder des Forelopers Ohr.
Neuntes Capitel.
Mit der Strömung des Rio Johausen.
Es war genau halb sieben Uhr des Morgens, als am 16. März das Floß abgestoßen wurde, sich von der Uferwand entfernte und bald von der Strömung des Rio Johausen ergriffen wurde.
Noch graute kaum der Tag, doch mußte es bald heller werden. Hoch am Himmel jagten Wolken unter starkem Winde hin. Zwar drohte kein Regen, doch hielt den ganzen Tag über bedecktes Wetter an.
Khamis und seine Gefährten brauchten sich darüber nicht zu beklagen, denn sie trieben jetzt auf einem Flusse hinunter, der den fast senkrechten Strahlen der Mittagssonne meist frei ausgesetzt war.
Das längliche Floß maß nur acht bis neun Fuß in der Breite und gegen zwölf in der Länge, wobei es zur Beförderung von vier Personen und den wenigen Gegenständen, die diese mit sich führten, gerade ausreichte. Das sehr beschränkte »Frachtgut« bestand nämlich aus dem Metallkasten mit den Patronen, aus den Waffen (drei Gewehren), dem Kessel nebst dem Kochtopfe und der einzigen Tasse. Der drei Revolver mit kleinerem Kaliber als dem der Gewehre würde man sich nur für zwanzig Schuß bedienen können, mehr Patronen hatten Max Huber und John Cort jetzt nicht mehr bei sich. Im allgemeinen konnte man aber doch hoffen, daß es den Jägern bis zum Eintreffen am Ubanghi an Schießbedarf nicht fehlen werde.
Vorn auf dem Flosse und auf einer Schicht Erde lag ein Haufen trockenes Holz, der ja leicht erneuert werden konnte, im Fall, daß Khamis außerhalb der Raststunden einmal Feuerung brauchte. Am anderen Ende gestattete ein kräftiges, aus einer Planke hergestelltes Ruder das Fahrzeug zu steuern oder es mindestens in gleicher Richtung wie die Strömung zu erhalten.
Zwischen den beiden, gegen fünfzig Meter von einander entfernten Ufern verlief diese etwa mit der Geschwindigkeit von einem Kilometer in der Stunde. Dabei mußte das Floß also gegen zwanzig Tage brauchen, die dreihundert Kilometer, die den Foreloper und seine Gefährten noch vom Ubanghi trennten, zurückzulegen.
Ging die Fahrt durchschnittlich auch nicht schneller, als vorher die Wanderung durch den Wald, so war sie wenigstens mit keinerlei Anstrengung verknüpft.
Freilich war ganz und gar nichts bekannt bezüglich etwaiger Hindernisse im weiteren Verlaufe des Rio Johausen. Zunächst erkannte man nur, daß er ziemlich tief war und viele Windungen machte, so daß es einer sorgfältigen Beachtung der Strömung bedurfte. Sollten ihn Wasserfälle oder Stromschnellen unterbrechen, so gedachte der Foreloper nach den gerade gegebenen Umständen zu handeln.
Bis zur Mittagsrast verlief die Fahrt unbehindert. Mit Hilfe des Steuers konnte man den Wirbeln an hervorspringenden Landspitzen aus dem Wege gehen. Dank der Geschicklichkeit Khamisens, der die Lage des Flosses mit kräftigem Arm beherrschte, blieb diesem jedes Anstoßen an das Ufer erspart.
Der auf dem Vordertheile stehende John Cort beobachtete, das Gewehr stets zur Hand, die Uferstrecken in rein kulinarischem Interesse. Er dachte nur daran, für Proviantersatz zu sorgen. Vor seinem scharfen Auge war kein Stück Haar-oder Federwild, das ihm in Schußweite kam, nur noch eine Secunde sicher. Gegen halb zehn bot sich ihm eine Gelegenheit, sich als Jäger zu erproben: seiner Kugel erlag ein sogenannter Wasserbock, eine Antilopenart, die vielfach an Flußufern vorkommt.
»Ein trefflicher Schuß! sagte Max Huber.
– Und doch ein nutzloser, wenn wir uns das Thier nicht holen können, antwortete John Cort.
– Das wird die Sache weniger Minuten sein«, versicherte der Foreloper.
Durch passende Handhabung des Steuers lenkte er das Floß dem Ufer
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