Das Dorf in den Lüften
zu, wo der verendete Wasserbock nahe bei einem kleinen Einschnitte lag. Schnell wurde er ausgeweidet und seine nutzbaren Theile nahm man für den kommenden Bedarf mit.
Inzwischen hatte Max Huber sich als erfahrener Fischer bewährt, obwohl ihm nur sehr unzulängliche Angelgeräthe zur Verfügung standen: zwei Bindfadenstücke aus der Hütte Johausen’s, und als Haken daran Stacheln von Akazien mit Fleischstückchen als Köder daran. Da lag wohl die Frage nahe, ob von den Fischen, die sich vielfach dicht unter der Oberfläche des Rio zeigten, auch einer anbeißen werde.
Max Huber war am Steuerbordrande des Flosses niedergekniet, und ihm zur Rechten stehend, verfolgte Llanga sein Vorhaben mit gespannter Aufmerksamkeit.
Offenbar waren die Hechte im Rio Johausen nicht weniger gefräßig als dumm, denn in kürzester Zeit zappelte schon einer an dem ungewöhnlichen Angelhaken. Nachdem der Fisch dadurch, daß man ihn nur Luft schnappen ließ, geschwächt war – die Eingebornen pflegen einen gefangenen Hippopotamus in ähnlicher Weise zu »lüften« – gelang es Max Huber, ihn mit der Schnur heran-und herauszuziehen. Der Fisch wog mindestens zwischen acht und neun Pfund, und es ist wohl erklärlich, daß die Fahrgäste nicht bis zum nächsten Tage warteten, den Leckerbissen zu verzehren.
Die Mahlzeit gegen Mittag bestand in einem Lendenbraten von dem Wasserbocke und in dem Hechte, von dem nur die Gräten übrig blieben. Zum Abendessen sollte von einem Antilopenviertel eine schmackhafte, kräftige Suppe bereitet werden. Da das dazu verwendete Fleisch aber einige Stunden kochen mußte, zündete der Foreloper auf der erwähnten Erdschicht ein Feuer an und setzte den Kochtopf darauf. Dann ging die Fahrt bis zum Abend ohne Unterbrechung weiter.
Am Nachmittag lieferte der Fischfang keine Ausbeute. Gegen sechs Uhr hielt Khamis bei einem schmalen, steinigen Uferstreifen an, der von den unteren Aesten eines der zur Abart der Krabahs gehörigen Gummibäume überdacht war.
Zwischen dem Gestein wimmelte es von Schalenthieren, von Miesmuscheln und Austern. Diese vervollständigten, die einen gekocht, die anderen roh, das Abendessen in angenehmster Weise. Mit noch einigen Stücken Brod und dem nöthigen Salz – freilich fehlte beides – wäre da wirklich nichts zu wünschen übrig gewesen.
Da die Nacht sehr finster zu werden drohte, wollte der Foreloper sich der Strömung heute nicht noch einmal anvertrauen, da der Rio Johausen gelegentlich auch mächtige Baumstämme mit hinabtrug, und der Anprall eines solchen für das Floß zu leicht hätte verderblich werden können. So machte man sich denn auf zusammengerafftem Grase ein Nachtlager am Fuße des Gummibaumes zurecht.
Max Huber gelang es, den Fisch mit der Schnur heran-und herauszuziehen. (S. 112.)
Dank der abwechselnden Ueberwachung durch John Cort, Max Huber und Khamis wurde das Lager auch von keinen zudringlichen Besuchern belästigt. Nur das Geschrei von Affen dauerte vom Sonnenuntergange bis zum Morgengrauen ununterbrochen an.
»Na, daß diese Burschen nicht sprechen, dafür stehe ich ein!« rief Max Huber, als er am Morgen Gesicht und Hände, die von Moskitos arg zerstochen waren, in das klare Wasser des Rio tauchte.
Heute erfolgte die Abfahrt um eine gute Stunde später, da wieder ein furchtbarer Platzregen niederging. Rathsamer erschien es gewiß, sich dem Wasserströme, den der Himmel so häufig über die Aequatorialgebiete Afrikas ausschüttet, nicht auszusetzen. Die dichte Belaubung des Gummibaumes schützte dagegen bis zu gewissem Grade nicht nur den Lagerplatz, sondern auch das Floß, das an den dicken Wurzeln des Baumes angebunden lag. Die Witterung war übrigens gewitterhafter Natur. Auf dem Flusse bildeten die aufklatschenden Regentropfen kleine, gleichsam elektrisch geladene Blasen. Ohne daß von hier aus Blitze zu sehen waren, hörte man doch stromaufwärts schon ein dumpfes Donnergrollen. Ein Hagelschlag war nicht zu fürchten; die ungeheueren Wälder Afrikas haben die Eigenschaft, einen solchen auszuschließen.
Der ganze Zustand der Atmosphäre hatte jedoch ein sehr bedenkliches Aussehen, das John Cort zu der Bemerkung veranlaßte:
»Wenn dieser Regen kein Ende nimmt, ist es besser, wir bleiben, wo wir sind. Wir haben jetzt Munition genug, unsere Patronentaschen sind gefüllt, dagegen fehlt es uns an Kleidung zum wechseln…
– Ja, unterbrach ihn Max Huber lachend, warum könnten wir uns denn nicht nach Landesgebrauch – einfach mit
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