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Das Dornenhaus

Das Dornenhaus

Titel: Das Dornenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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werde meine Threepence sparen«, verkündete sie.
    »Und dir dann ein hübsches Spielzeug kaufen?«, fragte Catherine, während die Verkäuferin die Sparbüchse in braunes Papier einpackte.
    »Nein«, sagte Mary nachdenklich. »Ich spar sie einfach nur.«
    Catherine nickte verständnisvoll. Für Mary war die Erinnerung an Entbehrungen immer noch frisch, und selbst im zarten Alter von sechs Jahren war sie sich der Notwendigkeit des Sparens und der Möglichkeit, eines Tages wieder mit wenig auskommen zu müssen, bewusst.
    »Ich hab auch zwei Shilling zum Ausgeben und werde den Butterworths ein Mitbringsel kaufen. Schau, da gibt es Süßigkeiten«, machte Catherine Mary aufmerksam.
    Die beiden schauten sich ausführlich unter dem angebotenen Konfekt um und entschieden sich schließlich für eine Tüte mit gezuckerten Mandeln, Kokosflocken, Sirupstangen, Nougat, Veilchenpastillen und Aniskugeln. Dazu kauften sie noch einen kleinen Beutel mit Pastillen, Lakritz und Toffees, die sie auf dem Heimweg mit Robert teilen wollten.
    »Ich hab Hunger«, sagte Mary mit einem Blick auf die Tüten.
    »Dann muss es Mittag sein«, verkündete Catherine mit einem Lächeln.
    Sie aßen im prächtigen Speisesaal des Wentworth Hotels. Mary saß steif auf dem hochlehnigen Stuhl und hatte eine große Leinenserviette über den Schoß gebreitet. Enttäuscht betrachtete sie die Kürbissuppe, die Lammkoteletts und das Gemüse, das von einem Brotpudding gefolgt wurde, da ihr der Anblick und die Gerüche aus Sargents Pastetenladen, an dem sie auf dem Weg zu dem eleganten Wentworth vorbeikamen, viel verlockender vorgekommen waren.
    Am Ende des Tages konnte Mary kaum noch die Augen offen halten, und als Robert fragte, was sie alles unternommen hatten, ratterte sie den Tagesablauf rasch herunter. »Bus, Schiffe, Geschäfte, Spielsachen und Süßigkeiten. Wir haben die Enten gefüttert, und Mum hat einen Freund besucht.«
    »Wo denn?«, wollte Robert wissen.
    »In der Macquarie Street. Ich erzähle dir später davon, Liebster.«
    Als sie schließlich Zanana erreichten, war Catherine völlig erschöpft. Während Mrs. Butterworth Mary badete, ihr ein gekochtes Ei und Toast zum Abendessen machte und sie dann zu Bett brachte, ruhte sich Catherine in ihrem Schlafzimmer aus. Vor dem Dinner ging sie zu Robert in die Bibliothek.
    Robert trank einen Sherry vor dem Essen und betrachtete Catherine aufmerksam. »Geht es dir wirklich gut, Liebste? Der Tag war zu anstrengend für dich. Aber nun erzähl mir ein bisschen ausführlicher, was ihr gemacht habt. Wen hast du besucht?«
    Catherine lächelte ihn an, und ihr bleiches Gesicht strahlte. »Komm, lass uns vor dem Abendessen einen Spaziergang zum indischen Haus machen, Robert – der Mond scheint so hell. Dann erzähle ich dir von meinem Tag.«
    Hand in Hand schlenderten sie durch den dunklen Garten und blieben im Rosengarten stehen, wo der schwere Duft der Rosen in der angenehm kühlen Abendluft hing.
    Catherine atmete ihn tief ein. »Mmm. Man braucht sie nicht zu sehen, um sich in sie zu verlieben. Rosen … der Duft, den ich auf der Welt am meisten liebe.«
    »Mein Lieblingsduft ist ein anderer«, murmelte Robert. »Ich liebe den süßen Geruch deiner Haare, deiner Haut, deines Atems …« Er verstummte, schloss sie in die Arme und küsste ihr Gesicht, ihr Haar, ihre Lippen, überwältigt von der tiefen und unkontrollierbaren Leidenschaft, die er für sie empfand.
    Catherine küsste ihn, erfüllt von der Liebe zu diesem Mann, der ihr alles bedeutete. Sie griff nach seiner Hand und sagte mit einem verschwörerischen Lächeln: »Lass uns ins indische Haus gehen.«
    Sie ließen ihre Schuhe auf den Marmorstufen stehen und schoben die mit Schnitzereien versehene Tür auf. – Das Mondlicht strömte durch die Buntglasfenster und wurde von den kleinen Spiegeln auf der roten Samtwand zurückgeworfen. Der Geruch von Sandelholz hing in der Luft, und der Miniaturpalast war immer noch von der Wärme des Tages erfüllt.
    »Jedes Mal, wenn ich hierher komme, fühle ich mich nach Indien zurückversetzt«, flüsterte Catherine.
    »Das Haus hier ist von einem besonderen Zauber erfüllt«, stimmte Robert zu.
    Einen Moment lang standen sie schweigend da, dann setzte sich Catherine auf das große Bett und sah hinauf zum Baldachin, wo die Edelsteine in dem künstlichen Nachthimmel blinkten. »Ich muss dir etwas sagen, Robert.«
    »Ja, mein Liebling?«
    »Ich bekomme ein Kind. Doktor Hampson hat es mir heute

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