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Das Dornenhaus

Das Dornenhaus

Titel: Das Dornenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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bestätigt.«
    Robert sank neben sie und griff nach ihrer Hand. »Das ist ja wundervoll! Ich kann es kaum glauben. Wie konnte das geschehen, nach so langer Zeit?«
    Catherines leises Lachen erfüllte den Raum. Sie beschloss, ihm nicht zu erzählen, was sie glaubte. Vor kurzem hatte sie sich einem plötzlichen Impuls folgend entschlossen, einen Frühjahrsputz im indischen Haus zu veranstalten und all das zu sortieren, was sich noch in einer Truhe und in ihrem Schrankkoffer befand.
    In einer kleinen Schublade zum Aufheben von Wertgegenständen in der Rückwand des Schrankkoffers hatte sie das kleine Holzkästchen gefunden, das ihr die alte Maharani geschenkt hatte. Darin befand sich das Fläschchen mit Rosenparfüm und ihr kostbarer
lingam
. Beglückt hatte sie beides an ihr Herz gedrückt und dann sorgfältig in dem bestickten Fußbänkchen neben dem Bett verstaut, auf dem sie jetzt saßen.
    »Doktor Hampson sagt, es ist nicht ungewöhnlich, dass Paare mit Schwierigkeiten ein Kind adoptieren, sich keine Sorgen mehr um die Empfängnis machen, und dann passiert es einfach.«
    »Aber was ist mit deiner Gesundheit, Catherine? Dir ist es in letzter Zeit nicht gut gegangen.«
    »Vielleicht lag es an der Schwangerschaft. Aber keine Bange, Robert, ich werde dir einen Sohn schenken, egal, was es mich kostet.«
    »O nein, das ist keineswegs egal.« Er umarmte sie, plötzlich voller Furcht. »Komm, lass uns zum Haus zurückgehen. Darauf müssen wir mit einem Portwein anstoßen. Dem ältesten und besten aus dem Keller!«
    Aber ihre Überraschung und ihre Freude wurden durch die mit ernster Miene vorgebrachten Warnungen Doktor Hampsons getrübt, dass Catherine, falls sie das Kind austrug, ihre Gesundheit in Gefahr bringen würde. »Nicht nur ihre Gesundheit, Mr. MacIntyre, sondern auch ihr Leben. Sie steht noch am Beginn der Schwangerschaft, und es gibt … Möglichkeiten, in dieser Situation Abhilfe zu schaffen.«
    So sanft er konnte, brachte Robert ihr diese Nachricht bei. Catherine legte den Finger auf die Lippen und bat ihn, nicht weiterzusprechen. »Liebster Robert, da gibt es keine Entscheidung zu treffen. Ich möchte, dass du deinen Sohn bekommst. Was geschehen wird, wird geschehen. Ich habe keine Angst. Das habe ich von dem Guru in dem indischen Dorf gelernt. Man kann nichts ändern, was das Schicksal bereits vorausbestimmt hat.«
    »O Catherine.« Seine Stimme zitterte, als er seine geliebte junge Frau in die Arme schloss, sie an sich drückte und sanft wiegte.
    Während der kommenden Monate wurde Catherine immer schwächer und war gezwungen, die meisten Tage ruhend im Bett zu verbringen. Mary wurde von Mrs. Butterworth versorgt, aß bei ihr und Harold in der großen, freundlichen Küche und wurde nur zu kurzen Besuchen an Catherines Bett geführt. Robert war meist in Gedanken versunken und beachtete Mary kaum, obwohl das Kind stets auf seine Rückkehr aus der Stadt wartete und ihm entgegenlief, um ihm an der Tür Hut und Mantel abzunehmen.
    Robert saß an Catherines Bett, nahm ihre bleiche Hand in die seine und bemerkte die blauen Venen, die unter ihrer fast durchsichtigen Haut zu sehen waren. »Catherine, Liebste, ich mache mir solche Sorgen um dich.« Er hielt sie vorsichtig in den Armen, fürchtete fast, ihr geschwächter Körper könne zerbrechen.
    »Mach dir keine Gedanken, Robert.« Sie strich ihm glättend über das Haar. »Ich liebe dich so sehr.«
    Sie klammerten sich lange Zeit aneinander, doch als er dann ihre Erschöpfung sah, bettete Robert sie wieder in ihre Kissen und wollte leise das Zimmer verlassen.
    Catherine lächelte schwach. »Schick mir Mary herein, ich möchte, dass sie das alles versteht.«
    Mary verstand es nicht. Sie wusste nur, dass ein Baby unterwegs war und ihre Mama sehr krank machte.
    In den frühen Stunden einer regnerischen Nacht wurde Doktor Hampson nach Zanana gerufen. Eine besorgte Mrs. Butterworth hielt ihm die Tür auf, während die Laterne, die er in der Hand trug, schwankende Schatten über die Vorhalle warf. Sein Cape bauschte sich auf, als er mit seiner schwarzen Arzttasche die breite Treppe hinaufeilte.
    Kurz vor Tagesanbruch, als der Regen aufgehört hatte und die klagenden Schläge der Großvateruhr durch die Villa hallten, verließ der Doktor das Haus. Er hatte alles getan, was in seiner Macht stand, aber es war das eingetreten, was er befürchtet hatte.
    Catherine MacIntyre hatte eine kleine, zarte Tochter zur Welt gebracht. Doch die Anstrengung war zu viel für ihren

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