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Das Drachentor

Titel: Das Drachentor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny-Mai Nuyen
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Felsgipfel und trug ihre hölzerne Wehrmauer wie eine unförmige Halskrause. Erst hier verwandelte sich der Pfad der Elfen in eine Straße, und Schluchten wurden nicht mehr umgangen, sondern mit Brücken überwunden.
    Manchmal waren es klapprige Hängebrücken, denen schon Bretter fehlten und deren Seile von den Krähen zerfranst waren. Doch wann immer eine Stadt in der Nähe war, wurden die Straßen ordentlicher und breiter, und die Hängebrücken verwandelten sich in solide Steinbauten, die wie gebogene Finger über spitzzackige Felsen und Klüfte hinweggriffen.
    Wanderer kamen ihnen entgegen. Es waren Händler mit großen Körben, und ein paarmal mussten sie sogar einem Wagen ausweichen, der von Ochsen oder Eseln gezogen wurde. Revyn war heimlich dankbar, dass ihnen keine Drachen begegneten - er war sicher, dass Yelanah trotz ihres Vorsatzes, sich nicht aufhalten zu lassen, versuchen würde, jeden gefangenen Drachen zu befreien. Wenn jemand ihren Weg kreuzte, wanderte ein feindseliger Blick zu Yelanah und ein argwöhnischer zu Revyn, doch niemand kam ihnen in die Quere. Die Menschen waren daran gewöhnt, ihr Land mit Elfen zu teilen.
    Als die Sonne bereits auf den westlichen Horizont zuwanderte, entdeckten sie in der Ferne die Zinnen einer Burg. Nur ihre Türme und Mauern hoben sich von den Felsen ab - ansonsten verschmolz sie mit ihrer Umgebung, dass man meinen konnte, sie sei aus den Felsen herausgewachsen.
    Im Näherkommen stellten Yelanah und Revyn fest, dass das Schloss auf einer Anhöhe erbaut worden war. Die Straße ging steil bergauf. Sie kamen zu einer Brücke, breiter als alle vorigen, die über ein langes Klippenfeld führte. Revyn warf einen Blick hinab, als sie die Brücke überquerten. Felsen reckten sich wie Zähne in die Höhe und reichten sogar links und rechts über die Brücke hinaus. Er fühlte sich, als würde er über das Maul eines Riesen spazieren.
    »He da!«, rief ein Soldat. Am Ende der Brücke hielten drei Männer Wache und vertrieben sich die Zeit mit Würfelspielen. »Wer seid ihr und was wollt ihr?«
    Yelanah war nicht stehen geblieben. »Wir wollen zum König von Awrahell.«
    »Awrahell?«, platzte Revyn heraus. Das Königreich, in dem Prinzessin Ardhes lebte! Revyn fühlte sich wie ein blindes Huhn. Er hatte nicht mal gewusst, wie das Land hieß, das sie seit zwei Tagen durchreisten - er hatte nicht einmal darüber nachgedacht. Er hatte sich mit Yelanah und den Drachen so in einer anderen Welt gefühlt, dass er alles andere vergessen hatte.
    »Zum König? Wieso?«, fragte einer der Soldaten.
    »Wir müssen mit ihm sprechen«, erklärte Yelanah.
    »Hier kann man nicht einfach reinspazieren und den König von Awrahell sehen! Eine Audienz zu bekommen ist ein langwieriger Prozess und kann Wochen dauern, vorausgesetzt der König ist überhaupt gewillt, dich anzuhören …«
    »Er wird mich anhören wollen«, sagte Yelanah. »Ich bin die Meleyis. Richte das deinem König aus.«
    Der Soldat musterte sie skeptisch, dann trat er schließlich zur Seite und wies mit seinem Speer voran. »Kommt mit. Ich zeige euch, wo ihr warten könnt.« Der Soldat ging den breiten Weg zum Schloss hinauf, Yelanah und Revyn folgten ihm.
    Das Fallgitter war aufgezogen. Im Burghof liefen Stallknechte, Mägde, Gänse und Hühner umher. Etwas abseits stand ein Ochsengespann mit einem Karren voller Schweine, die von mehreren Knechten aus dem Hof getrieben wurden. Der Soldat steuerte eine prächtige Treppe an, die in eine weitläufige Halle mit mehreren Gängen führte. Direkt vor ihnen war eine Thronempore mit dem Wappen von Awrahell an der Wand.
    »Bleibt hier«, wies der Soldat sie an. »Wenn ich wiederkomme, sage ich euch, ob und wann der König euch empfängt.«
    Kurz bevor der Mann die Halle verlassen hatte, hörten sie eilige Schritte. Aus dem Gang, den der Soldat angesteuert hatte, lief jemand. »Prinzessin!« Der Soldat verneigte sich, doch Ardhes ging an ihm vorbei, ohne Notiz von ihm zu nehmen.
    »Prinzessin Ardhes!« Revyn verbeugte sich.
    Ardhes lächelte. Ihre dunklen Augen leuchteten, als sie auf ihn zukam. »Wie schön, dich zu sehen.« Kein Funken Überraschung lag in ihrer Stimme.
    Eine Weile sagte niemand etwas. Dann riss Ardhes ihren Blick von Revyn los und sah Yelanah an. »Von dir habe ich schon gehört, Elfenmädchen. Sei willkommen.«
    »Du bist die Tochter von Octaris?«, fragte Yelanah.
    Ardhes nickte. »Er erwartet euch. Kommt, ich will euch zu ihm bringen.« Sie trat neben Revyn und wies

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