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Das Dunkel der Lagune

Das Dunkel der Lagune

Titel: Das Dunkel der Lagune Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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einer Nische, durch einen Perlenvorhang vom Rest der lärmenden Welt getrennt. Er zündete eine Zigarette an und steckte sie ihr in den Mund. Sie zog zwei- oder dreimal und wirkte danach etwas ruhiger. »Es tut mir Leid«, gestand sie, »aber das war das Schrecklichste, was ich je gesehen habe.«
      In diesem Moment kamen die Drinks, und Hagen schob ihr einen hin. »Trink aus, das wird dir gut tun. Ich bin ja einiges gewöhnt, aber dieser Anblick hat mich auch fast umgehauen.«
      Sie lächelte müde. »Du bist anscheinend nur dazu da, um mich dauernd in ruhige Bars zu bringen, wenn ich heule.« Er schmunzelte und drückte fest ihre Hand. »Was soll ich bloß machen?«, stöhnte sie.
      »Willst du immer noch das Gold holen?«, fragte er. Sie nickte. »Dann ist alles geklärt. Und jetzt wär's das Beste für dich, ins Hotel zu gehen und dich hinzulegen.« Sie wollte protestieren. »Keine Widerrede«, schnitt er ihr das Wort ab. »Ich bin jetzt der Boss. Außerdem hab ich eine Menge zu erledigen, und du wärst mir dabei nur im Weg.«
      Sie fuhren mit einem Taxi zum Hotel. Als Hagen bezahlt hatte, war seine Barschaft auf einen kümmerlichen Rest zusammengeschmolzen. Er wollte sich am Eingang von ihr verabschieden, aber sie bat ihn, noch kurz mit hinaufzukommen. Der Fahrstuhl brachte sie in den dritten Stock. Ihr Zimmer lag am Ende des Korridors.
      Sie gab ihm den Schlüssel, und er öffnete. Das Zimmer glich einem Schlachtfeld. Kleidungsstücke und persönliche Dinge lagen überall verstreut, fast alle Schubladen waren ausgekippt worden. »Aber warum? Was hofften sie hier zu finden?«
      Hagen schob den Hut aus der Stirn. »Hinweise, die sie zu dem Schiff führen. Sie haben gehofft, dass du vielleicht so dumm bist, die Wegbeschreibung rumliegen zu lassen.«
      »Diese Idioten«, explodierte sie, »für was halten die mich eigentlich? Ich habe die Position im Kopf!«
      »Immerhin ist es ein Beweis dafür, dass Tewak nicht geredet hat«, stellte Hagen zufrieden fest.
      Plötzlich begann Rose ohne Punkt und Komma zu fluchen, genau wie bei dem Vorfall mit dem russischen Portier.
      »Nun mal langsam«, versuchte Hagen sie zu bremsen.
      »Ach, der Teufel soll sie holen«, schimpfte sie. »Mir reicht's allmählich!«
      »Keine Tränen mehr?«
      »Die sind schon alle aufgebraucht.«
      Er grinste und zog seine Jacke aus. »Dann woll'n wir mal deine Sachen zusammenpacken.«
      »Warum so eilig?«, fragte sie überrascht.
      »Hier kannst du nicht bleiben. Ich weiß jemanden, mit dem ich gut befreundet bin, da bring ich dich hin.«
      Sie zuckte die Achseln und fing an, die Sachen, die er ihr reichte, in die Koffer zu packen. Schon nach zwanzig Minuten verließen sie das Zimmer, ihnen voran zwei Pagen, die das Gepäck hinunterbrachten. Der Russe war betont höflich und zurückhaltend, als er die Rechnung ausstellte. Als das Geschäftliche erledigt war und die beiden sich zum Gehen wandten, rief Hagen plötzlich: »Für dich, Boy«, und warf ein Geldstück in die Luft, das der Empfangschef unwillkürlich auffing. Er stand wie angewurzelt da und starrte den beiden wütend nach. Hotelgäste, die zugesehen hatten, lachten. Hagen fand, dass das Geld gut angelegt war.
      Als das Taxi den Berg hinauf zum Villenviertel von Macao fuhr, fragte Rose neugierig: »Was ist das für ein Freund?«
    »Ich glaub, du wirst sie mögen«, antwortete Hagen.
      »Ach, eine Frau also«, folgerte sie mit einem spitzen Unterton in der Stimme. »Eine alte Freundin?«
      Er lachte. »Ja, in doppelter Hinsicht.« Er streichelte ihre Hand. »Keine Sorge. Sie ist sehr bekannt. Nur die vornehmste Gesellschaft findet sich bei ihr, die vornehmsten Herren jedenfalls.«
      Es dauerte eine Weile, bis Rose die Bedeutung seiner Worte ganz erfasst hatte. Sie schnappte nach Luft. »Willst du damit sagen, deine Freundin betreibt einen …«, sie suchte nach einem passenden Ausdruck, »… Salon?«
      »Aber sicher tut sie das«, gab Hagen zurück, »und zwar den besten in ganz Macao.« Während er sprach und Rose puterrot vor Verlegenheit in ihren Sitz zurücksank, bog das Taxi in eine ruhige Allee ein und bremste scharf vor einem kunstvollen schmiedeeisernen Tor in einer hohen Steinmauer.

3. Kapitel

    Hagen rief dem Taxifahrer zu, er solle auf ihn warten, ging mit dem Mädchen zu dem Tor und zog am Klingelseil. Nach einer Weile kam eine hünenhafte, unförmige Gestalt angeschlurft. Ein ausdrucksloses Mongolengesicht

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