Das dunkle Erbe
kein hübsches Ambiente.«
»Damit wäre uns sehr geholfen.«
»Wird sofort erledigt. Sie werden zufrieden sein. Dann kriegt die Rosinsky Zustände, aber das ist in ihrem Alter normal.« Hornung hatte immer einen Scherz auf den Lippen.
Photini mochte seinen Humor. Sie konnte sich die Grabenkämpfe zwischen dem tatkräftigen Hausmeister und der konservativen Sekretärin gut vorstellen. »Seit wann kümmern Sie sich um das Haus?«
»Wenn Sie mich fragen, viel zu lang.« Hornung lächelte wieder. Er ging auf die fünfzig zu, wirkte auf den ersten Blick aber jünger. »Mein Vater hat schon für die Frau Doktor gearbeitet. Obwohl ihm unsere Baufirma kaum Zeit dafür ließ. Seit acht Jahren mach ich das jetzt allein. Ich komme immer montags und donnerstags.«
»Und am letzten Freitag?«
»Hab ich eine Wand eingerissen. Bei einem Karnevalsverein in Zollstock. War nicht das Einzige, was die mal ändern müssten.« Hornung machte eine Pause, wollte höflich sein. »Von dieser Sache mit Frau von Barth hab ich schon gehört. Seltsam. Wir können nicht in die Menschen reinschauen, oder?«
»Wie meinen Sie das?«
»Ich verstehe sie nicht, alle beide. Die meisten Ärzte, die ich kenne, schauen dich kurz an, stellen ein oder zwei Fragen, dann verschreiben sie dir das billigste Mittelchen auf ihrer Liste, und das war’s. Möchte nicht wissen, was die der Krankenkasse dafür in Rechnung stellen.«
»Doktor von Barth und Doktor Schwan waren nicht so?«
»Die nehmen ihren Beruf ziemlich ernst. Geld interessiert die nicht.«
»Ist das nicht sympathisch?«, wunderte sich Photini.
»Natürlich. Deswegen will ich auch keinen von beiden anschwärzen. Aber in meinem Geschäft kommt man damit nicht weit.«
»Die beiden waren Idealisten.«
»Schauen Sie sich um.« Hornung deutete auf die Waschmaschine. »Da hat einer reingepisst. Welcher Idealist möchte einen Arztkittel tragen, der nach Urin riecht? Die brauchen Leute, die den Dreck um sie rum wegmachen, rein physikalisch gesehen.«
»Beschweren Sie sich bei mir?«, flachste Photini.
»Sie möchten sicher noch den Garten sehen.«
Den Urwald, der die Villa umgab, als geordneten Wildwuchs zu bezeichnen war noch untertrieben. Manche Farne reichten bis zum ersten Stock hoch. Photini und Hornung schritten das Grundstück ab, die angrenzenden Häuser sahen aus, als entstammten sie dem Poesiealbum eines Immobilienmaklers.
»Für diese Kästen brauchst du nicht einfach nur Geld«, erklärte er. »An die kommst du nur mit extrem guten Beziehungen ran.«
Ein Haus fiel Photini besonders auf. Es war ein Flachbau, modern, aber mit vielen Holzelementen und üppiger Begrünung. Wie ein Wasserfall, der über mehrere Stufen floss. In einer Ausstellung hatte sie Abbildungen ähnlicher Häuser gesehen, halb Ranch, halb Bungalow. So ein Anwesen würde sie gern mal von innen besichtigen.
Über Eva von Barth und Bernhard Schwan konnte Hornung ihr nicht mehr erzählen als das, was Photini bereits wusste. Nein, ihm sei nichts Besonderes aufgefallen in letzter Zeit. Der Herr Doktor habe sich seit einigen Wochen zwar verändert. Unter anderem habe er Hornung gefragt, ob er katholisch sei. So etwas sei ihm nach dem Papst-Besuch häufiger passiert. Das Privatleben der beiden Ärzte gehe ihn aber nichts an, er zöge da eine klare Trennlinie. Eva von Barth kenne er seit langem nur noch über die Anweisungen von Frau Rosinsky. Sie mache wohl einen Unterschied zwischen Bedürftigen und Bediensteten. Was ihm jedoch nichts ausmache, das Verhältnis sei stets respektvoll gewesen.
Sie umrundeten das Haus und betraten die Villa wieder durch die Vordertür. Es schien, als habe Frau Rosinsky nur auf Photini gewartet. Sie stand hinter der Empfangstheke.
»Eine junge Frau war hier. Sie behauptete, einen Termin mit Eva von Barth zu haben. Nicht für eine Untersuchung, sondern für ein … Gespräch.«
»Und weiter?«, fragte Photini.
Frau Rosinsky warf einen despektierlichen Blick auf Hornung und fuhr fort: »Ich habe das Fräulein noch nie gesehen. Sie war nicht besonders freundlich.«
»Kann ja verschiedene Gründe haben«, half Photini. »Wie war ihr Name?«
»Sharon Springman. Sie hat mir keine Visitenkarte gegeben.«
Photini merkte der Sekretärin an, dass sie eine unangenehme Begegnung hinter sich hatte. Etwas, das ihren Einflussbereich überschritt.
»Was wollte sie denn?«
»Das hat sie nicht verraten. Ich habe sie jedenfalls nicht ins Haus gelassen und an die Polizei verwiesen.« Frau Rosinsky
Weitere Kostenlose Bücher