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Das dunkle Erbe

Das dunkle Erbe

Titel: Das dunkle Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kastura
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rückte das Bild zurecht, das sie als junge Braut in spe zeigte. Das Glas hatte einen Sprung. »Miss Springman hatte einen amerikanischen Akzent, und so sprach sie auch ihren Namen aus. Sie wurde ausfällig.«
    »Geben Sie mir bitte eine Personenbeschreibung.«
    Photini riss ein Blatt vom Notizblock auf dem Schreibtisch der Sekretärin. »Schreiben Sie es auf, das könnte wichtig sein.«
    Frau Rosinsky nickte und machte sich an die Arbeit.
    Photini verschaffte sich Zutritt zu Schwans Praxis. Als Erstes nahm sie sich die Garderobe im Sprechzimmer vor.
    Hornung folgte ihr. »Sie verstehen Ihr Handwerk. Aus der alten Schachtel kriegen Sie nur was raus, wenn sie ihr Stift und Papier in die Hand drücken.«
    »Die Frau ist nicht so verknöchert, wie Sie glauben. Es macht ihr Freude, für andere von Nutzen zu sein.«
    »Wirklich?«
    »Dabei möchte sie ihre Würde behalten. Das ist alles.« Photini suchte nach Schwans hellem Mantel. Auf ihrem Handy war eine Nachricht von Heide eingegangen, kurz wie ein Telegramm.
    Sie fand nur eine dunkelgrüne Steppjacke. »Der Mantel von Doktor Schwan«, wandte sie sich an Hornung. »Ist der vielleicht in der Wäsche?«
    »Wir können gern nachsehen.«
    Sie gingen wieder in den Keller hinunter, Photini durchwühlte mit Schutzhandschuhen den Wäschekorb.
    »Der Doktor hat seinen Mantel sicher in die Reinigung gegeben«, sagte Hornung, als sie nichts fanden. »Mit dem kaputten Ding kriegt man keine Flecken mehr raus.«
     
    » DER SAMSTAG ist laut meinen Unterlagen fast lückenlos dokumentiert«, begann Raupach. »Sie kamen von Ihrem Autobahnausflug, dem ersten, der Sie dann doch nicht ins Sauerland führte, nach Köln zurück. Polizei in Ihrem Haus, die Nachricht vom Tod Ihrer Frau, Identifizierung der Leiche an Ort und Stelle. Erkennungsdienstliche Erfassung auf der Wache, Vernehmung und so weiter.«
    »Man kippt aus dem Leben.« Schwan blickte ins Unbestimmte.
    »Wie oft habe ich mir früher vorgestellt: Wenn jetzt Schluss wäre mit Sophie, was käme danach? Fände ich mich zurecht?« Ein hohles Lachen. »Erst mal ins Hotel ziehen. So kam es dann ja auch.«
    »Und Gesa Simon? Wollten Sie mit ihr nicht zusammenleben?«
    »Hin und wieder haben wir uns das ausgemalt. Ich weiß nicht, ob es gutgegangen wäre.«
    »Als Geliebte taugte sie, aber nicht als Partnerin?«
    »Was wissen Sie von Gesa?« Schwan wich auf seinem Stuhl zurück. »Die saß nicht da und wartete darauf, dass ich mich von meiner Frau trenne, damit sie endlich zum Zug kam. So eine war sie nicht.«
    »Wie war sie denn?«
    »Sie sind zu schnell in Ihrem Urteil, Herr Kommissar.«
    »Die Umstände sprechen eine deutliche Sprache.«
    »Für einen Polizisten haben Sie einen ziemlich bürgerlichen Moralbegriff.«
    »Es liegt nahe, so zu denken«, erwiderte Raupach. »Weil es die meisten Leute tun. Da setzen wir an.«
    »Die meisten Leute!« Schwan machte eine abfällige Geste. »Die haben keine Ahnung, wie Liebe sein kann. Die denken nur daran, mit wem sie als Nächstes ins Bett gehen. Wenn es nicht die Ehefrau ist, muss eben eine andere her, wie ein neues Auto. So bin ich nicht. Es gibt Abstufungen.«
    Raupach verschwieg, dass die Liebe sein wunder Punkt war. Seit der Trennung von seiner Frau waren die einzigen weiblichen Wesen, die ihm etwas bedeuteten, seine Kolleginnen. Und das war, nach einem lang zurückliegenden Testlauf mit Heide, vermintes Terrain. Versiegelt, könnte man sagen. Da gab es keine Abstufungen.
    Schwan bemerkte, dass er sein Gegenüber zum Verstummen gebracht hatte. Das war nicht in seinem Sinn. Er holte Luft. »Gesa hat mich nie zu irgendwas gedrängt. Es war ihr nicht recht, mit einem verheirateten Mann zu schlafen. Sie hat das nie gesagt, aber all diese Fragen nach Sophie, wie es ihr ging, was sie gerade machte, das war nicht nur geheuchelt. Sie machte sich wirklich Gedanken darüber, was sie in meiner Ehe anrichtete.«
    »Es gehören immer zwei dazu.«
    »Natürlich. Ich will Gesa auch gar nicht als Verführerin darstellen. Sie hatte nur die Befürchtung, dass ich wegen ihr eine Dummheit begehen könnte.«
    Stille.
    »Sie wissen, wie das klingt«, sagte Raupach.
    Schwan wurde unsicher. Er griff sich an den Mund. »Sie war besorgt, dass mich das Ganze aus der Bahn wirft«, versuchte er zu korrigieren. »Dass ich ihr zuliebe alles aufgebe. Na ja, nicht die Praxis, die bleibt mir ja so oder so, aber mein ganzes Umfeld.«
    »Ist das so groß?«
    »Im Gegenteil, ich habe alle privaten Kontakte reduziert, um

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