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Das Dunkle Muster

Das Dunkle Muster

Titel: Das Dunkle Muster Kostenlos Bücher Online Lesen
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Es ist mir so oft passiert, daß ich plötzlich herausfand, zehn Kilometer hinter mich gebracht zu haben, ohne die geringste Erinnerung daran zu besitzen. – Aber jetzt bin ich hier, und die Arbeit, die auf mich wartet, verlangt nach einer ständigen Einsatzfähigkeit. Sie werden sehen, daß ich ebenso fix auf den Beinen sein kann wie jeder andere.«
    Den letzten Satz fügte sie hinzu, weil sie damit rechnete, daß Piscator mit Firebrass über sie sprechen würde. Zerstreutheit konnte man bei einem Luftschiffoffizier einfach nicht tolerieren.
    »Ich bin sicher, daß Sie das können«, sagte Piscator. Er machte eine Pause, lächelte und fügte hinzu: »Sie brauchen sich übrigens keine Sorgen meinetwegen zu machen. Ich habe in dieser Hinsicht keinerlei Ambitionen. Ich würde mich mit jedem Rang zufrieden geben, den man mir anbietet, weil ich weiß, daß ich ihn aufgrund meiner Erfahrungen ausfüllen kann. Firebrass ist ein fairer Mann.
    Was mich allerdings mit Neugier erfüllt, ist unser Ziel, dieser sogenannte Nebelturm oder Große Gral, dem man noch ein Dutzend andere Bezeichnungen verliehen hat. Ganz ehrlich gesagt, bin ich ziemlich gespannt darauf, ihn zu sehen und seine Geheimnisse zu entschlüsseln. Ich bin gespannt darauf, aber nicht etwa begierig, wenn Sie verstehen, was ich meine. Ich möchte Ihnen nur zu verstehen geben, daß ich glaube, nicht Ihre Qualifikationen zu besitzen und jederzeit bereit sein werde, mich rangmäßig unter Ihnen einstufen zu lassen.«
    Jill Gulbirra war für eine Weile still. Dieser Mann war Angehöriger einer Nation, die ihre Frauen praktisch versklavt hatte. Zumindest hatte sie das zu seinen Lebzeiten (1886 bis 1965) getan. Sicherlich hatte es nach dem Ersten Weltkrieg ein gewisses Maß an Freiheit für sie gegeben, aber dennoch hätte sie es als normal empfunden, wenn Piscator Frauen gegenüber die gleichen altmodischen Ansichten vertreten hätte: Und diese mußten schrecklich sein. Aber offenbar hatte die Flußwelt doch die Leute verändert. Einige zumindest.
    »Sie hätten wirklich nichts dagegen?« fragte sie. »Auch nicht im Unterbewußtsein?«
    »Ich lüge selten«, sagte der Japaner. »Und wenn, dann nur, um die Gefühle anderer nicht zu verletzen oder mich davon abzuhalten, meine Zeit an Narren zu verschwenden. Würde es Ihnen helfen, wenn ich Ihnen sagte, daß einer meiner Herren in Afghanistan eine Frau war? Ich verbrachte zehn Jahre in ihren Diensten, ehe sie zu dem Schluß gelangte, daß ich nicht mehr so dumm sei wie an jenem Tage, an dem ich zu ihr gekommen war, und sie mich zum nächsten Scheich weiterschickte.«
    »Und was haben Sie dort getan?«
    »Ich würde mich glücklich fühlen, darüber ein anderes Mal sprechen zu können. Lassen Sie mich Ihnen sagen, daß ich weder gegen Frauen noch gegen Nichtjapaner eingestellt bin. Das war ich einmal, aber diese Narretei habe ich schon vor langer, langer Zeit abgestreift. Zum Beispiel war ich einige Jahre nach Beendigung des Ersten Weltkrieges Zen-Mönch. Aber lassen Sie mich zuerst fragen, ob Sie überhaupt etwas über Zen wissen?«
    »In den sechziger Jahren wurde eine Menge Bücher darüber geschrieben«, erwiderte Jill. »Einige davon habe ich gelesen.«
    »Ja. Und haben Sie hinterher mehr gewußt als vorher?« fragte Piscator lächelnd.
    »Ein bißchen.«
    »Sie sind aufrichtig. Wie ich bereits sagte, nahm ich nach dem Krieg meinen Abschied von der Marine und zog mich in ein Kloster bei Ryukyu zurück. Im dritten Jahr kam ein weißer Mann, ein Ungar, als ehrenwerter Novize in dieses Kloster. Als ich sah, wie man ihn behandelte, wurde mir plötzlich klar, was ich unterbewußt schon immer gewußt hatte. Ich hatte mich nur geweigert, dieses Wissen anzuerkennen: Selbst die langen Jahre der Praxis in diesem Kloster hatten niemandem außer mir gezeigt, wie stark man doch noch rassistischen Vorurteilen verhaftet war. Vielleicht sollte ich besser nationalistische Vorurteile sagen, denn die anderen zeigten ihre Ablehnung nicht nur diesem Mann, sondern auch den unter uns befindlichen Chinesen und Indochinesen gegenüber.
    Nachdem ich mir selbst das erste Mal gegenüber ehrlich gewesen war, gestand ich mir ein, daß die Zen-Praxis weder in mir noch in den anderen irgend etwas Grundsätzliches geändert hatte. Natürlich darf man nicht vergessen, daß Zen keine Ziele verfolgt Ziele zu haben heißt, frustriert zu sein, wenn man sie erreicht. Ist das ein Widerspruch? Es ist einer.
    Es ist genau der gleiche Unsinn wie der, sich zu

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