Das dunkle Universum 04 - Evolution der Leere
klarzumachen versuchte. Nachdem sie das Begrüßungsteam losgeworden waren, war er in eine tiefe Depression versunken und ging beim geringsten Anlass in die Luft und brüllte sie an. Sie bemühte sich, das, was er brüllte, zu ignorieren; das war nicht er, der solche verletzenden Dinge zu ihr sagte, Schuld waren die Verwirrung und die Wunden, die seine Inquisitoren verursacht hatten.
Zusammen waren sie in einem Hotel untergekrochen, hatten sich tagelang vom Zimmerservice ernährt, während Mareble es ihm dort so behaglich zu machen versucht hatte wie es nur möglich war. Cheriton hatte ihr ein paar Medikamente empfohlen, die helfen sollten, und sie hatte alles getan, damit Danal sie nahm. Manchmal tat er es, häufiger feuerte er sie einfach nur in die nächstbeste Ecke. Also hatte sie geduldig darauf gewartet, dass sich ihr Mann wieder erholte, während draußen auf den Straßen weiter der Invasionswahnsinn tobte.
Dann war bekannt geworden, dass der Zweite Träumer Araminta war; und schlimmer noch, dass sie auf irgendeinen Planeten auf der anderen Seite des Commonwealth entkommen war, von dem Mareble noch nie gehört hatte. Merkwürdigerweise schien diese Tatsache Danals seelischen Zustand zu bessern, zumindest beschloss er, die Psychopharmaka zu nehmen.
Die beruhigende Wirkung vollzog sich langsam, aber stetig; nach und nach sah sie Spuren von dem Mann, den sie verloren hatte, wieder auftauchen. Zu dem Zeitpunkt war ihnen klar geworden, dass sie verschwinden mussten. Eine Erkenntnis, zu der offenbar auch die meisten anderen
Living-Dream-Gefolgsleute auf Viotia gelangt waren. Die Anfeindungen und Gewalttätigkeiten der übrigen Bevölkerung gegen sie würden nicht weniger werden.
Sie beschlossen, bis zum Vormittag zu warten, bevor sie das Hotel verließen. Um die Zeit, nahmen sie an, waren mehr Leute unterwegs, mehr Living-Dream-Anhänger, die das Gleiche versuchten, mehr Paramilitärs auf Patrouille. Dann würde es am ungefährlichsten sein.
Das Hotel lag nur wenige Meilen von Colwyn Citys Docks entfernt, wo sich das Wurmloch ins sichere Ellezelin öffnete. Als sie sich vorsichtig in die Lobby hinunter begaben, schien alles vollkommen verlassen. Mareble hatte versucht, bei einem örtlichen Cyberstore ein paar zeitgemäße Kleidungsstücke zu ordern und per Bot ins Hotel liefern zu lassen. Aber sie waren nie angekommen, obwohl das Kundenservicesystem des Geschäfts darauf beharrte, dass sie rausgegangen waren. Mit ihnen hätten sie sich zumindest optisch dem allgemeinen Erscheinungsbild aller anderen auf der Straße angleichen können. Doch stattdessen mussten sie mit dem vorliebnehmen, was sie hatten. Bei Danal ging es noch einigermaßen, der Pulli, den er über seinen braunen Jeans trug, war neutral grau. Aus der Entfernung würde er keine Aufmerksamkeit erregen. Sah man von seinen Schnürschuhen ab. Kein Mensch im Commonwealth trug außer ihnen noch Schnürschuhe. Mehr Sorge jedoch bereitete Mareble ihr eigenes grün-weißes Kleid. Ein Kleid an sich war weniger verdächtig, aber der Schnitt ließ mühelos erkennen, dass es aus Makkathran stammte. Tatsächlich war es sogar die Kopie eines Kleides, das Kanseen an einem Abend im Olivan's Eagle angehabt hatte.
Vor der Hauptpforte blieb Mareble stehen und rief eine Beförderungskabine. Eine Metroschiene verlief längs der Straße direkt vor dem Hotel. Doch ihr U-Shadow teilte ihr mit, dass die Kabinenbetreiber auf die Anfrage nicht reagierten. Ihre zusammengelegten Cores spulten nur eine Standardentschuldigung für die entstandenen Unannehmlichkeiten ab und versprachen, dass der normale Betrieb baldmöglichst wieder aufgenommen würde.
»Es ist nicht weit«, sagte sie, mehr zu ihrer eigenen Beruhigung als zu seiner. »Komm, bis dahin schaffen wir's. In einer Stunde sind wir wieder auf Ellezelin.«
Danal nickte, die Lippen zu einem dünnen, blutleeren Strich zusammengepresst. »Okay.«
Der Hoteleingang ging zur Porral Street hinaus, die fast menschenleer war, als sie in das warme, vormittägliche Sonnenlicht hinaustraten. In der Ferne konnten sie Sirenengeheul hören. Und ein leises Summen, das klang wie ein wütendes Insekt. Doch Mareble wusste nur zu gut, dass es sich dabei um eine Menschenmenge handelte, die auf der Jagd nach willkommenen Opfern war. Die Porral Street mündete in die Daryad Avenue, die Hauptverkehrsachse in diesem Stadtteil, die sich hügelab bis zum Cairns River zog. Und gleich am Ende dieses Gefälles lagen an einer Seite die Docks.
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