Das dunkle Universum 04 - Evolution der Leere
die Resultate beobachten müssen. Das Gleiche galt für ein Steuersystem. Aber vielleicht hab' ich auch was übersehen, dachte er müde. Vielleicht gibt's hier ein Netz, das den ganzen Planeten umspannt und so ultrafortschrittlich ist, dass Biononics schlichtweg zu primitiv sind, um es zu entdecken. Er griff nach Strohhalmen und wusste es. Die Sensoren der Last Throw waren ausgezeichnet. Sie hatten einhundertvierundzwanzig hochentwickelte, noch funktionstüchtige Vorrichtungen auf dem Planeten ausfindig gemacht, von denen der Vortex, den sie gerade untersucht hatten, die elfte gewesen war. Wenn irgendein Netz existierte, das sie miteinander verband, dann hätten die Sensoren der Last Throw es entdeckt.
Eine Viertelstunde später trat der Delivery Man in die Abendsonne hinaus. Hohe Kumulonimbusse jagten am dunkler werdenden Himmel dahin, von der untergehenden Sonne in einen blass rose-goldenen Schimmer getaucht. Von seiner Position aus, hoch oben an der Kante eines Plateaus, konnte er weit über die sich nach Südosten erstreckende Ebene blicken; ihre entferntesten Säume versanken bereits in Schwarz.
Mehrere Flüsse zeichneten silbern glitzernde Schlangenlinien in die violette und jadegrüne Vegetation. Dann war da im Osten die Stadt, größer und beeindruckender als jede Erdenstadt selbst auf dem Höhepunkt der Bevölkerungsexplosion. Ein Wald aus hohen Türmen ragte mehr als eine Meile in den Himmel empor. Mit kunstvollen Spitzen versehene Kuppeln und geschwungene Pyramiden füllten wie Vorgebirge den Boden zwischen ihnen. Noch immer fiel Licht aus den Fenstern und offenen Torbögen, da Wartungsmaschinen die Stadt in ständiger Bereitschaft für eine Inbesitznahme hielten.
Sie war vollkommen unbewohnt, was ihn seltsam traurig stimmte, wie einen unglücklich Verliebten. Die verbliebenen Anomine hatten beschlossen, in ihren Bauerndörfern draußen auf dem offenen Lande zu leben. Er konnte sogar einige ihrer kleinen Ansiedlungen auf der sich verfinsternden Ebene erkennen; flackernde orangene Lichter flammten auf, als die nächtlichen Feuer entfacht wurden. Er hatte diese Philosophie nie ganz verstanden, im Schatten einer vergangenen Zivilisation zu leben in dem Bewusstsein, dass sie jederzeit in die gigantischen Türme zurückkehren und ein Leben in unvergleichlichem Luxus führen konnten, um erneut den Intellekt herauszufordern. Doch stattdessen lehnten sie jede Form von Technologie, die über Zugtierkarren und Pflug hinausging, kategorisch ab und füllten ihre Tage damit aus, die Felder zu beackern und Hütten zu bauen.
Über den Bergen hinter ihm eilte die Last Throw heran. Kurz darauf verharrte sie wenige Zentimeter über dem fleischigen, spiralförmigen Grasäquivalent in der Schwebe. Sanft wurde er hoch in die Luftschleuse gezogen.
»Irgendwie dreschen wir hier leeres Stroh«, knurrte Gore, als der Delivery Man in der Hauptkabine eintraf.
»Es war Ihre Idee, auf diese Weise vorzugehen. Was haben wir denn noch? Allzu viele von diesen Dingern, die wir uns genauer ansehen wollen, sind ja nicht mehr übrig.«
»Das ist alles viel zu klein. Wir müssen nach was Größerem suchen.«
»Das wissen wir nicht«, widersprach der Delivery Man, während er in einem großen, ledergepolsterten Wippsessel Platz nahm. »Wir wissen schlicht und ergreifend nicht, was es ist. Dieser Vortex, den ich eben untersucht hab'. Er muss mit dem Elevationssystem zusammenhängen.«
»Inwiefern?«, schnappte Gore.
»Ich glaube, dass er so was wie ein Experiment darstellt, mit dem Ziel, die örtliche Quantenstruktur zu durchleuchten. Von solchen Kenntnissen könnte man beim Übergang in einen postphysischen Zustand doch nur profitieren.«
»Wenn's dem Esel zu wohl wird ...«
»Wie bitte?«
Erschöpft fuhr sich Gore mit der Hand über die Stirn. »Ja. Genau. Meinetwegen.«
Der Delivery Man war von Gores Unkonzentriertheit leicht irritiert. Das sah ihm gar nicht ähnlich. »Na schön. Ich hab' mir also gedacht, dass es irgendeine Art von Netzwerk oder Datenbank in den Städten geben muss.«
»Gibt es. Man kann nur leider nicht darauf zugreifen.«
»Warum nicht?«
»Die KIs sind empfindungsfähig. Sie würden keine Informationsabfrage zulassen.«
»Das ist doch idiotisch.«
»Von unserem Standpunkt aus vielleicht, aber sie sind vom gleichen Schlag wie die Grenzposten, sie hüten die Heimatwelt wie einen Schrein. Die KIs halten die Informationen der Anomine fest unter Verschluss.«
»Weshalb?«
»Weil die Anomine das eben so
Weitere Kostenlose Bücher