Schwur fuer die Ewigkeit
1
»Alles Gute zum Geburtstag, Liebes!«
Im Schein der siebzehn Kerzen von Claires Geburtstagskuchen sah ihre Mutter fieberhaft glücklich aus, sie hatte dieses gezwungene Lächeln aufgesetzt, das zurzeit im Hause Danvers viel zu oft zu sehen war.
In ganz Morganville, Texas, war es viel zu oft zu sehen. Die Leute lächelten, weil sie es mussten, sonst...
Nun war Claire an der Reihe, gute Miene zum bösen Spiel zu machen und ein falsches Lächeln aufzusetzen.
»Danke, Mom«, sagte sie und verzog ihre Lippen zu etwas, das sich überhaupt nicht nach einem Lächeln anfühlte. Sie erhob sich von ihrem Platz am Küchentisch, um die Kerzen auszublasen. Alle siebzehn Kerzen flackerten und gingen beim ersten Pusten aus. Ich wünsche mir ...
Sie traute sich nicht, sich irgendetwas zu wünschen, und genau das führte mehr als alles andere dazu, dass eine heiße, klebrige Woge aus Frustration, Zorn und Trauer über sie hinwegschwappte. Das war nicht der Geburtstag, den sie in den letzten sechs Monaten, seit sie nach Morganville gekommen war, geplant hatte. Sie hatte auf eine Party in ihrem neuen Zuhause mit ihren Freunden spekuliert. Michael hätte Gitarre gespielt und sie konnte beinahe dieses verlorene, wundervolle Lächeln sehen, das er im Gesicht hatte, wenn er in seine Musik vertieft war. Eve, das fröhliche, freche Gothic-Girl, hätte einen haarsträubenden und vermutlich ungenießbaren Kuchen in Form einer Fledermaus gebacken und mit Lakritzzuckerguss und schwarzen Kerzen verziert. Und Shane...
Shane hätte...
Claire konnte nicht an Shane denken, ohne dass ihr der Atem stockte und Tränen in ihren Augen brannten. Sie vermisste ihn. Nein, falsch... vermissen war zu schwach. Sie brauchte ihn. Aber Shane war im Stadtzentrum in einen Käfig eingesperrt, zusammen mit seinem Vater, dem idiotischen Vampirjäger. Sie konnte es noch immer nicht fassen, dass Morganville von Vampiren regiert wurde - ein stinknormales, staubiges Städtchen in Texas, mitten im Nichts. Aber es fiel ihr leichter, das zu glauben, als die Vorstellung, dass Frank Collins das alles besser machen würde.
Immerhin hatte sie den Mann schon kennengelernt.
Bishop - der neue Obervampir von Morganville - plante irgendetwas Spritziges in Bezug auf die Hinrichtung von Frank und Shane: dies entsprach offensichtlich der alten Schule, wenn es darum ging, Menschen mit größenwahnsinnigen Ideen loszuwerden. Niemand hatte sich die Mühe gemacht, sie in die Details einzuweihen, und sie nahm an, dass sie dafür dankbar sein sollte. Es würde bestimmt im mittelalterlichen Sinne schrecklich werden.
Für Claire war das Schlimmste daran, dass es so aussah, als würde sie nichts dagegen tun können. Nichts . Was nutzte es, ein Schoßhund der Bösewichte zu sein, wenn man es nicht einmal genießen - oder wenigstens die eigenen Freunde retten konnte?
Schoßhund der Bösewichte . Claire widerstrebte es, sich selbst so zu sehen, aber Eve hatte ihr das entgegengeschleudert, als sie sich das letzte Mal gesprochen hatten.
Und natürlich hatte Eve wie immer recht.
Ein Stück Geburtstagskuchen - Vanille, mit Vanilleglasur und kleinen, pastellfarbeneu Streuseln (das genaue Gegenteil von dem, was Eve gebacken hätte) - landete vor ihr, auf dem zweitbesten Porzellan ihrer Mutter. Mom hatte diesen Kuchen ohne Backmischung gemacht, sogar die Glasur; sie hielt nicht viel von Fertigprodukten. Wahrscheinlich war er köstlich, aber Claire wusste schon, dass ihr das gleichgültig war. Eves Fantasiekuchen hätte furchtbar geschmeckt, Zähne und Zunge geschwärzt, aber Claire hätte jeden Bissen davon genossen.
Claire nahm ihre Kuchengabel, blinzelte Tränen zurück und stach in ihre Geburtstagsleckerei. »Wundervoll, Mum!«, murmelte sie durch einen Mundvoll Kuchen, der nach Nichts und nach Traurigkeit schmeckte.
Ihr Dad setzte sich an den Tisch und bekam ebenfalls ein Stück. »Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Claire. Hast du für den Rest des Tages schon etwas vor?«
Sie hatte Pläne gehabt. Alle Arten von Plänen. Sie hatte sich diese Party Millionen Male vorgestellt und jede einzelne Version hatte damit geendet, dass Shane und sie allein waren.
Na ja, sie war allein. Er auch.
Sie waren nur nicht zusammen allein.
Claire schluckte und senkte den Blick auf ihren Teller. Sie wollte gerade schon die nackte Wahrheit sagen: Nein. Sie hatte keine Pläne. Aber der Gedanke daran, den ganzen Tag hier bei ihren Eltern mit ihren angstvollen Augen und ihrem freudlosen Lächeln
Weitere Kostenlose Bücher