Das dunkle Universum 1 - Traeumende Leere
nirgendwo eine Spur von irgendwelchen Banditen gefunden hätten, geschweige denn von einer größeren Gruppe. Offenbar spricht man bereits davon, die Spähtrupps zu verringern.«
»Idioten«, grunzte Edeard. »Was erwarten sie denn zu finden? Wir haben ihnen doch gesagt, dass die Banditen sich tarnen können.«
»Ich weiß.« Sie machte ein hilfloses Gesicht. »Offensichtlich scheint hier unser Wort nicht viel zu gelten.«
»Wer oder was, glauben sie, hat Ashwell zerstört?«
»Hab etwas Geduld mit ihnen, Edeard; gerade noch ist ihre gesamte Welt auf den Kopf gestellt worden. Das ist niemals einfach.«
»Wohingegen wir ja die reinste Spazierfahrt hinter uns haben, nicht?«
»Das ist nicht nett.«
»Tut mir leid.« Er holte tief Luft. »Ich hasse das einfach: Nach allem, was wir durchgemacht haben, werden wir behandelt, als wären wir das Problem. Ich hätte wirklich diese Knarre behalten sollen.« Er hatte sie am Grund des Brunnenschachts zurückgelassen, weil er nichts, aber auch gar nichts von den Hinterlassenschaften eines Banditen in seinem Besitz wissen wollte. Die Waffe brachte nur Unheil. Später hatte er die ruhelosen winzigen Teile, die er in ihrem Innern wahrgenommen hatte, aufzuzeichnen versucht. Der Schmied von Thorpe-By-Waters hatte beinahe Tränen gelacht, als er ihm die Skizzen gezeigt hatte, und ihm versichert, so ein Ding zu bauen sei völlig unmöglich. Und nun hatten die Leute wegen der ganzen Dauerschusspistolengeschichte so ihre Zweifel.
»Du hast das Richtige getan«, sagte sie. »Wie schrecklich wäre das Leben, wenn jeder so eine Waffe besäße.«
»Wirklich schrecklich ist, dass die Banditen sie haben und wir nicht«, gab er zurück. »Was sollte sie daran hindern, sich über die gesamte Provinz auszubreiten? Und noch weiter? Wie wär’s mit der ganzen Region?«
»Das wird nicht geschehen.«
»Nein, das wird es nicht, weil nämlich der Statthalter eine Armee aufstellen wird. Zum Glück gibt es mehr von uns als von ihnen, also können wir sie besiegen, ganz egal, wie entsetzlich ihre Waffen auch sind. Aber das bedeutet Blutvergießen in einem Maße, wie wir es noch niemals erlebt haben.« Am liebsten hätte er seine Faust gegen den nächstbesten Stand gerammt. »Woher haben sie diese Pistolen bloß? Was meinst du, haben sie sie wohl auf einem der Schiffe gefunden, mit denen wir hergekommen sind?«
»Vielleicht haben sie das Schiff, mit dem sie ankamen, niemals verlassen«, erwiderte sie mit schwacher Stimme.
»Vielleicht. Ich hab keine Ahnung. Warum nur will niemand auf uns hören?«
»Weil wir Kinder sind.«
Er wandte sich zu ihr, wollte sie wutentbrannt anfahren, doch dann sah er den tiefen Kummer in ihren Gedanken, ihr erschöpftes Gesicht, betupft mit grünlicher Salbe. Sie war so schön. Irgendwie wusste er, dass Akeem es gutgeheißen hätte, dass er alles aufs Spiel gesetzt hatte, um sie zu retten. »Es tut mir leid. Ich weiß auch nicht, wieso ich das alles an dir auslasse.«
»Weil ich die Einzige bin, die zuhört«, sagte sie ihm.
»Herrin, in mancher Hinsicht ist es hier noch schlimmer als in Ashwell. Die Ältesten sind so … zurückgeblieben. Die müssen hier Inzucht betreiben wie die Köter.«
Salrana grinste. »Red etwas leiser«, ermahnte sie ihn.
»Okay«, grinste er zurück. »Nicht mehr lange, hoffe ich.«
Am Rand des Marktplatzes begannen sich Menschen zu versammeln, um die Ankunft der Karawane mitzuerleben. Edeard konnte zweiunddreißig Wagen zählen, die die Straße entlang und über die Zugbrücke auf sie zugerollt kamen. An die meisten waren Landtiere gebunden: Pferde, Esel, Ochsen, Kühe; einige hatten Pferche, in denen sie riesige Schweine transportierten. Zahllose Ge-Wölfe trotteten längsseits des Trosses her. Es gab mehr Vorreiter mit Pistolen, als Edeard jemals zuvor gesehen hatte. Die Wagen dagegen waren genauso gewaltig und beeindruckend, wie er sie in Erinnerung hatte; mit metallbeschlagenen Rädern, die so hoch waren wie er groß. Die meisten Fuhrwerke waren mit gewölbten Baldachinen aus dunklem Ölstoff überdacht, während andere komplett mit geteertem Holz überbaut waren, sodass sie beinahe wie winzige fahrende Hütten aussahen. Ganze Familien hockten auf den Kutschböcken eng zusammengerückt, winkten und lachten, während sie auf den Marktplatz zurumpelten. Jeden Sommer reiste die Karawane quer übers Land, verkaufte Tiere, Saatgut, Eier, Werkzeuge, Essen, Trinken und schicke Kleider aus Makkathran selbst. Nicht immer hatte sie auch
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