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Das dunkle Universum 1 - Traeumende Leere

Das dunkle Universum 1 - Traeumende Leere

Titel: Das dunkle Universum 1 - Traeumende Leere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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sich nicht einmal daran, was zu tun war – dann setzten die altbewährten automatischen Reflexe wieder ein. Sie holte erneut Luft, bekam ihre Panik in den Griff, setzte die archaischen Neandertalerinstinkte durch reine Vernunft außer Kraft. Ein dritter gleichmäßiger Atemzug. Ihr Herzschlag beruhigte sich. Exoimages flackerten in ihrem peripheren Sichtfeld auf, ließen Kolonnen voreingestellter Symbole ihrer Enrichments aufziehen. Sie öffnete die Augen. Um sie herum erstreckten sich lange Reihen von violetten Blasen wie bizarre Kunstobjekte in alle Richtungen. Irgendwie war ihr fleischbasierter Verstand davon überzeugt, dass sie die Umrisse der Menschen in ihrem Innern ausmachen konnte. Das war absurd. Als Teil von ANA hatte sie sich offensichtlich gestattet, die Erinnerung daran auszublenden, wie fehlbar und anfällig das menschliche Gehirn war.
    Ein zufriedenes Lächeln offenbarte perfekt weiße Zähne. Auf jeden Fall werde ich ordentlichen echten Sex haben, bevor ich mich wieder downloade, und das nicht zu knapp.
     
    Von der Aufnahmeeinrichtung in New York aus teleportierte Justine direkt nach Tulip Mansion, in die Tulpenvilla. Stabilisierungsfelder hatten das antike Herrenhaus der Burnellis über die Jahrhunderte vor dem Verfall bewahrt und die Bausubstanz in ihrem ursprünglichen Zustand erhalten. Ein glückliches Lächeln umspielte ihre Lippen, als sie es nun mit ihren eigenen Augen wiedersah. Doch wenn sie ehrlich war, so hatte es ein bisschen was von einem Monstrum; ein herrschaftlicher Prachtbau, der in vier »Blütenblättern« angelegt worden war, deren scharlachrote und schwarze Dächer sich zu einem zentralen, turmartigen »Staubgefäß« emporbogen. Gekrönt wurde das Ganze von einem gemeißelten und mit Goldplättchen überzogenen Stein, der den »Staubbeutel« symbolisierte. Es war ebenso kitschig, wie es eindrucksvoll war und war über die Dekaden hinweg abwechselnd en vogue und außer Mode gekommen.
    Justins Vater, Gore Burnelli, hatte das Anwesen in Rye County, gleich außerhalb von New York, gekauft und es zur Operationsbasis für die unüberschaubar zahlreichen Handels- und Finanzgeschäfte gemacht, die die Familie in der Mitte des 21. Jahrhunderts betrieb. Es war für sie immer ein Zentrum geblieben, während um sie herum das Commonwealth begründet wurde und expandierte, bis schließlich seine soziale und wirtschaftliche Geschlossenheit durch Biononics, ANA und die Aufspaltung in eine Higher- und Advancer-Kultur erschüttert worden war.
    Noch heute herrschte die Familie über ein gewaltiges Geschäftsimperium, das über die Externen Welten verbreitet war. Es wurde jedoch in seiner Großunternehmensstruktur von Tausenden von Burnellis geführt, von denen nicht einer über dreihundert Jahre alt war. Gore Burnelli, ebenso wie seine ursprüngliche Clique aus nahen Verwandten (einschließlich Justine), hatte sich schon vor langer Zeit in ANA downgeloadet. Gore hatte jedoch niemals formell und rechtsgültig die Eigentumsrechte an seine ungeduldige Nachkommenschaft abgetreten. Eine reine Marotte, wie er ihnen versicherte. Ein Umstand, der nur zu ihrem eigenen Wohl sei, da auf diese Weise das Unternehmen niemals in kleine Teile zerfiel und der Familie so einen Zusammenhalt gab, an dem es vielen anderen Familien mangelte. Allerdings wusste Justine verdammt genau, dass Gore selbst in seinem erleuchteten, erweiterten, halbomnipotenten ANA-Zustand nicht im Traum daran dachte, irgendjemandem auch nur ein Fitzelchen von dem abzutreten, dessen Aufbau ihn Jahrhunderte gekostet hatte. Marotte, pah. Wer’s glaubt, wird selig.
    Sie materialisierte mitten im Ballsaal der Villa. Ihre blanken Füße berührten poliertes Eichenparkett, das fast genauso glänzte wie die riesigen goldgefassten Spiegel an der Wand. Sie lächelte, und Hunderte von Reflexionen ihres nackten Körpers lächelten verlegen zurück. Dunkelpurpurne Samtvorhänge umrahmten die hohen Glastüren, die sich zu einer Veranda mit prachtvollen weißen Glyzinien hin öffneten. Draußen schien eine helle, tiefe Februarsonne auf die stark bewaldeten Parkanlagen und die breiten Streifen aus Rhododendron. Im Ballsaal war schon so manches großartige Fest gefeiert worden, erinnerte sie sich. Ruhm, Reichtum, Glanz, Macht, Prominenz und Schönheit hatten sich in einer Weise vermischt, die Jane Austen hätte blass werden lassen vor Neid.
    Die Saaltüren standen weit offen und führten auf einen breiten Flur hinaus. Justine ging hindurch, nahm all die

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