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Das dunkle Universum 1 - Traeumende Leere

Das dunkle Universum 1 - Traeumende Leere

Titel: Das dunkle Universum 1 - Traeumende Leere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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Körper aufgegeben. Schließlich gab es, wollte eine Persönlichkeit ANA wirklich verlassen, immer noch die Möglichkeit, einen simplen Klon heranzuzüchten – eine Methode, die dem unzeitgemäßen Relife-Verfahren, das auf den Externen Welten immer noch Anwendung fand, nicht unähnlich war.
    Gleichwohl hielt ANA:Regierung es für zweckdienlich, unter gewissen Umständen auf physische Repräsentanten im Greater Commonwealth zurückgreifen zu können. Eine von ihnen war Justine; zum Teil durch ihr eigenes Verschulden. Sie war über achthundert Jahre alt gewesen, als die Erde ihre zentrale Datenbank für Advanced Neural Activity aufgebaut hatte, dem ultimativen virtuellen Universum, in dem angeblich jeder am Ende gleichwertig war. Nach einem so langen Leben mochte sie ihren Körper nur ungern »aufgegeben« sehen, so wie sie niemals ganz akzeptiert hatte, dass Relife eine echte Lebensverlängerung war. Für sie waren mit den Erinnerungen eines Toten zwangsgefütterte Klone einfach nicht dieselbe Person, ganz gleich, dass es keine wahrnehmbaren Unterschiede gab. Jener Geist des frühen 21. Jahrhunderts steckte ihr viel zu tief in den Knochen, um sich einfach so abschütteln zu lassen, auch wenn sie ansonsten vernünftig und abgeklärt war.
    Der violette Schleier verblasste und gab den Blick auf ein blondes Mädchen frei, das sich in ihren biologischen Mittzwanzigern befand. Recht attraktiv, registrierte Justine mit einem leichten Anflug von Stolz. Das wenigste ihres Reizes ging auf genetische Manipulationen früherer Jahrhunderte zurück. Das Gesicht, in das sie blickte, war immer noch als das des leicht luderhaften Partygirls des beginnenden 21. Jahrhunderts zu erkennen, das ein Jahrzehnt lang auf den Klatschkanälen zugebracht hatte, während es sich durch die East-Coast-Society und Soap-Darstellerriege nach oben geschlafen hatte. Ihre Nase war, zugegebenermaßen, verkleinert und ein wenig zugespitzt worden. Was nun, da sie sie kritisch betrachtete, vielleicht doch eine Winzigkeit zu niedlich wirkte, vor allem im Verein mit einer Wangenpartie, die aussah wie aus Vogelknochen modelliert, so scharf und gleichzeitig doch so zart wirkte sie. Ihre Augenfarbe war in ein blasses Blau geändert worden, passend zu der nordisch hellen Haut, die honiggold gebräunt war, und zu dem vollen, weißblonden Haar, das ihr über die Schultern fiel. Ihre Statur war größer, als ihre Freunde aus dem 21. Jahrhundert sie in Erinnerung gehabt hätten; im Verlauf mehrerer Rejuvenationsbehandlungen hatte sie knapp zehn Zentimeter hinzugeschummelt. Trotz der großen Versuchung hatte sie nicht alle davon in die Beine investiert, sondern stattdessen dafür gesorgt, dass ihr Oberkörper in harmonischer Proportion zu ihrem angenehm flachen Bauch stand, der dank eines leicht beschleunigten Verdauungstrakts problemlos aufrechtzuerhalten war. Zum Glück hatte sie sich niemals für lächerliche Brüste entschieden – na ja, außer dem einen Mal anlässlich der Rejuvenation zu ihrem zweihundertsten Geburtstag, und da auch nur, weil sie gern wissen wollte, wie es war, ein Grand Canyon-Dekolleté zu haben. Und ja, die Kerle hatten Stielaugen bekommen und waren ihr mit noch blöderen Anmachen auf die Pelle gerückt. Aber da sie schon immer hatte haben können, was sie wollte, waren die neuen Möpse keine echte Bereicherung gewesen, und auch nicht wirklich sie selbst, also hatte sie sich ihrer bei der nächsten Rejuvenationssitzung wieder entledigt.
    Da stand sie also in Fleisch und Blut, und immer noch in guter Verfassung, nur ohne Geist. Nachdem das Monitorprogramm ihre visuelle Überprüfung bestätigt hatte, ließ sie ihr Bewusstsein in das Gehirn zurückströmen. Die Speicherreduktion war gewaltig, ebenso wie der Verlust sämtlicher erweiterter Denkroutinen, aus denen dieser Tage ihre wahre Persönlichkeit bestand. Ihr alter biologischer neuronaler Aufbau besaß einfach nicht die Kapazität, das aufzunehmen, wozu sie in ANA geworden war. Es war beinahe wie eine Lobotomie bei vollem Bewusstsein. Ein virtueller Eingriff bei dem man tatsächlich spürte, wie der Verstand auf die Fähigkeiten eines primitiven Insekts verkümmerte. So träge! Doch nur vorübergehend , sagte sie sich.
    Zum ersten Mal seit zweihundert Jahren schöpfte Justine Atem, schnappte mit ruckartig vorschnellender Brust nach Luft, als würde sie aus einem schlimmen Albtraum erwachen. Ihr Herz schien ihr davonrasen zu wollen. Einen Augenblick lang tat sie gar nichts – erinnerte

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