Das dunkle Universum 1 - Traeumende Leere
Hochdruckgas durch die Gitter in den Fahrwerköffnungen entwich.
Justine musste sich auf die Oberlippe beißen, um nicht loszukichern. Das Raumschiff war ein Witz, ungefähr die Art von Teufelsapparat, den Isambard Kingdom Brunei für Queen Victoria konstruiert haben würde.
Es setzte auf der Rasenfläche auf, seine Landestützen tief in das Gras und den weichen Erdboden versenkend. Etliche Kühllamellen rammten sich von oben in splitternde Sandbirken hinein und entzündeten mit ihrer Hitze das Holz. Brennende Äste regneten herab.
»Wow, was für eine verheerende Vernichtung. Wir werden alle sterben! Schnell, Kinder, rennt in den Wald, ich werde sie mit meiner Schrotflinte aufzuhalten versuchen.«
»Dad! Beende lieber deinen Solido, du weißt, wie das Empire über ANA-Persönlichkeiten denkt.«
»Dumm und abergläubisch.«
Sein Solido verschwand. Justine sah sein Icon in ihrem Exoimage erscheinen. »Und jetzt benimm dich«, ermahnte sie ihn.
»Das Schiff leckt, es verstrahlt das ganze Gelände«, bemerkte Gore. »Die haben nicht einmal ihren Fusionsreaktor ordentlich abgeschirmt. Und überhaupt, wer benutzt denn Deuterium?«
Justine überprüfte die Sensordaten, scannte die Schwachstellen des Schiffs. »Alles noch im grünen Bereich, kein wirklich bedenkliches Strahlungslevel.«
»Die Ocisen reagieren nicht so empfindlich auf Radioaktivität wie Menschen«, sagte Kazimir. »Mit ein Grund dafür, warum sie es sich leisten können, den Raum in ihrem Heimatsystem mittels einer Technologie zu industrialisieren, die in etwa der unsrigen aus der Mitte des 21. Jahrhunderts entspricht. Sie brauchen schlicht und ergreifend nicht die schützende Masse, wie wir sie benötigen würden.«
Ungefähr auf halber Höhe des Schiffsrumpfs öffnete sich eine multisegmentale Luftschleuse. Heraus schwebte der Botschafter des Ocisen-Empires, hoch oben auf einem halbkugelförmigen Regravschlitten thronend. Rein optisch bot der Alien keinen besonders beeindruckenden Anblick; ein kleiner, fassförmiger Körper, der in schlaffe, sich in Falten überlappende Fleischschichten gepackt war. Seine vier Augen saßen auf langen Stielen, die sich aus dem Scheitelpunkt hervorschlängelten, während vier Gliedmaßen vor seiner unteren Körperhälfte zusammengefaltet waren. Sie waren mit kybernetischen Systemen überzogen, die ihre Muskelkraft verstärkten und eine Anzahl von Manipulatorzusätzen bereitstellten, die von feinen, kleinen Zangen bis hin zu einer großen, hydraulischen Krebsschere reichten. Ein Stützkorsett umschloss des Botschafters Körper, einem Käfig aus Chromwirbeln gleichend, der knapp unterhalb der Stielaugenansätze in einem kragenartigen Abschluss endete. An verschiedenen Stellen zeigten sich auf seiner Haut wie kupferrotes Moos aussehende Flecken; kleine, gummiartige Stiele wuchsen daraus hervor, bedeckt mit winzigen saphirblauen Blüten.
Justine verbeugte sich förmlich, als der Schlitten direkt vor ihr stoppte, einen halben Meter über dem Boden schwebend, sodass sie zu den Stielaugen des Botschafters aufblicken musste. Trotz Regrav-Einheit und Stützkorsett ließ sich unschwer erkennen, dass der Botschafter von einer Welt mit geringer Schwerkraft zu ihnen gekommen war. Wie ein nasser Sack hing er in der Metall- und Kompositkonstruktion, die ihn in der Senkrechten hielt. Zwei seiner Stielaugen bogen sich herab, um sich auf gleiche Höhe mit ihrem Gesicht zu bringen.
»Botschafter, ich danke Ihnen, dass Sie uns mit Ihrem Erscheinen beehren«, sagte Justine.
»Es ist uns eine Freude, Sie zu besuchen«, erwiderte der Botschafter, seine Stimme ein flüsterndes Gurgeln, das aus einem schmalen Artikulationslappen zwischen seinen Stielaugen kam. Von den Schlittenprozessoren ins Englische übersetzt, dröhnte Justine die Antwort aus einem Lautsprecher an der Rahmenkante entgegen.
»Mein Heim heißt Sie willkommen«, entgegnete sie, der Etikette gedenkend.
Ein weiteres Stielauge des Botschafters krümmte sich herum, um auf Kazimir zu starren. »Und Sie sind der Befehlshaber der Menschenflotte.«
»Das ist korrekt«, sagte Kazimir. »Ich bin anwesend, wie Sie es wünschten.«
»Viele meiner Nestahnen haben bei dem Fandola-Angriff mitgekämpft.« Dünne Speichelfäden trieften aus dem Artikulationslappen des Botschafters, um sogleich von den Ansauglöchern in seinem Stützkragen absorbiert zu werden.
»Ich bin überzeugt, dass Sie ehrenhaft gekämpft haben.«
»Verflucht sei die Ehre«, erwiderte der Botschafter. »Wir
Weitere Kostenlose Bücher