Das dunkle Universum 1 - Traeumende Leere
musste sich bücken. Zusammengekauert hockte Corrie-Lyn an der Wand gleich neben der Klappe.
»Keine optischen Sensoren im Tunnel«, ließ sein U-Shadow ihn wissen. »Lediglich Feuer- und Wasseralarm.«
»Wasser?«
»Für den Fall einer Überflutung. Eine Auflage der Stadt.«
»Typischer Bürokratie-Overkill«, murmelte er. »Corrie-Lyn, wir müssen weiter.«
Sie gab keine Antwort. Noch immer zitterten ihre Arme und Beine unkontrolliert. Nichtsdestotrotz setzte sie sich in Bewegung, als er sie anstieß. Gemeinsam arbeiteten sie sich in dem Tunnel voran, vornübergebeugt wie Primaten. Alle fünfzig Meter erreichten sie eine weitere Zugangsluke.
An der sechsten hielt er an und ließ seine Feldscanfunktionen den unmittelbaren Bereich dahinter prüfen. Er konnte niemanden in der Nähe feststellen. Sein U-Shadow entriegelte die Luke und sie krochen auf den unteren Absatz eines Treppenschachts hinaus, der von blau getönten Polyphoto-Wandstreifen erleuchtet wurde.
»Das Gebäudenetzwerk zeigt keine ungewöhnlichen Aktivitäten«, sagte sein U-Shadow. »Die Polizeiprogramme konzentrieren ihre Überwachungsroutinen momentan auf den Tempel und die Passage.«
»Nicht mehr lange«, erwiderte er. »Sie werden den Suchradius in Kürze erweitern. Mach eine der Privatkapseln für mich klar.«
Er zerrte Corrie-Lyn auf die Beine. Sie mit einem Arm unter der Schulter stützend, half er ihr die Treppen hinauf. Die Tür am oberen Ende öffnete sich in die Tiefgarage des alten Ministeriumsgebäudes. Sein U-Shadow hatte bereits das Steuerungsnetzwerk einer Luxuskapsel infiltriert und rangierte sie unmittelbar über den Treppenschacht.
Sekunden später glitt die Kapsel aus dem Startkanal der Garage hinauf und an der Gebäuderückseite aus dem ehemaligen Ministerium ins Freie. Sie erhob sich in einem flachen Winkel nach oben und reihte sich in den nahen Verkehrsstrom ein. Sofort wurde sie von Polizeiprogrammen gecheckt, die Aarons U-Shadow mit einem authentischen Besitzerzertifizierungscode versorgte. Wie betäubt starrte Corrie-Lyn auf die träge aufwallenden Staubwolken hinunter, die hinter ihnen zurückblieben. Ihre Glieder hatten endlich aufgehört zu zittern. Er war sich nicht sicher, ob es an dem leichten Suppressionsmittel lag, das er ihr verabreicht und das nun endlich das Aerosol aus ihrem Organismus herausgespült hatte, oder ob bei ihr nun ein schwererer Schockgrad einsetzte.
Eine kleine Flotte von städtischen Notruf- und Rettungskapseln jagte in Richtung Tempel an ihnen vorbei.
»Sie haben einfach auf uns geschossen«, sagte sie. »Ohne Warnung oder uns vorher zum Stehenbleiben aufgefordert zu haben. Sie haben einfach das Feuer eröffnet.«
»Ich bin in einen Liftschacht gesprungen in dem Versuch, zu entkommen«, rief er ihr ins Gedächtnis. »Das ist ein ziemlich eindeutiges Schuldeingeständnis.«
»Um Ozzies willen! Wenn Sie kein Kraftfeld gehabt hätten, wären wir jetzt tot. Das entspricht absolut nicht der Art und Weise, wie die Polizei vorgehen sollte. Es war doch die Polizei, oder?«
»Ja. Die städtische Polizei, ganz richtig.«
»Und doch sind wir herausgekommen«, stellte sie verblüfft fest. »Es waren … wie viele, zehn? Zwanzig?«
»So ungefähr, ja.«
»Sie sind einfach herausspaziert, als ob nichts Sie aufhalten könnte. Ganz egal, was die unternommen haben.«
»Das ist, neben anderem, der Sinn und Zweck von Higher-Biononics. Die einzige Möglichkeit, ihr mit Standardwaffen beizukommen, ist überwältigende Feuerkraft. Und so viele Kanonen hatten sie nicht.«
»Sie sind Higher?«
»Ich verfüge über waffenfähige Biononics. Was die kulturelle Seite angeht, bin ich mir nicht ganz so sicher. Der Higher-Lebensstil erscheint mir persönlich etwas nutzlos, auf gewisse Weise fast wie derjenige der Vor-Commonwealth-Aristokratie.«
»Was ist das?«
»Stinkreiche Leute, die ein Leben voller Annehmlichkeiten und dekadentem Firlefanz führten, während die gewöhnlichen Menschen sich den Arsch abgerackert haben, um sie durchzufüttern und ihnen ihren Lebensstil zu erhalten.«
»Oh. Richtig.« Sie klang nicht sehr interessiert. »Inigo war Higher.«
»Nein, war er nicht«, entgegnete Aaron mechanisch.
»Doch, war er wirklich. Er hat es nur allen verheimlicht. Nur zwei von uns haben je davon erfahren. Ich glaube nicht, dass der neue Kleriker-Conservator sich der Wahrheit über sein großes Vorbild bewusst ist.«
»Sind Sie -?«
»– sicher? Ja, bin ich.«
»Merkwürdig. Es gibt keine
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