Das dunkle Universum 2 - Schwarze Welt
ich unterhalte mich gerade mit einer alten Freundin von dir.«
Die andere Frau auf dem Balkon drehte sich um. Lächelte durchtrieben.
Oscar ließ das Whiskyglas fallen, als seine Hände samt allen anderen Teilen seines Körpers vor Schreck gefühllos wurden. Das Glas zerschellte, Eiswürfel schlitterten über das polierte Holz.
»Hallo, Oscar«, sagte Paula Myo.
»Heilige Scheiße!«
»Lange nicht gesehen.«
Oscar war nicht mal imstande zu grunzen.
Sorge strömte ins Gaiafield, als seine Lebensgefährten die Situation erfassten.
»Ihr beide …«, begann Jesaral. Mit dem Finger zeigte er anklagend auf Paula. »Ich dachte –«
»Ist schon in Ordnung«, brachte Oscar krächzend zustande.
»Was geht hier ab?«, verlangte Jesaral von Paula zu erfahren. »Sie haben gesagt, Sie wären Freunde.«
»Das waren wir auch mal. Vor langer Zeit.«
»Es ist doch immer das gleiche! Immer ist alles passiert, bevor ich geboren wurde.«
»Ja, so ist es«, sagte Oscar. Sein U-Shadow rief einen Maidbot, damit dieser die Glasscherben forträumte. Erst danach gelang es ihm, ein schwaches Lächeln zustandezubringen. »Wie geht’s Ihnen denn so, Paula?«
»So wie immer.«
»Ja, klar.« Sie hatte sich überhaupt nicht verändert. Nicht physisch. Nichts an ihr war anders, abgesehen vielleicht davon, dass ihr glattes dunkles Haar ein paar Zentimeter länger war als früher. Ganz im Gegensatz zu ihm, der einen prächtigen neuen Advancer-Körper bekommen hatte, welcher auf seiner eigenen DNA basierte und außerdem mit makrozellularen Clustern, stabileren Knochen, leistungsfähigeren Organen und einer größeren Langlebigkeit ausgestattet war. Nach achtundsechzig Jahren bestand immer noch keine Notwendigkeit für eine Rejuvenation, auch wenn sein Gesicht allmählich die ersten Spuren seiner jüngst gelebten Jahre zeigte – wie Anja nicht müde wurde, zu betonen. Paula hingegen … Er nahm an, dass sie inzwischen eine Higher sein musste. Irgendwie konnte er nicht glauben, dass sie aus reiner Eitelkeit eine Klinik aufsuchte.
»Demnach kennt ihr euch also?«, fragte Dushiku verunsichert.
»Ja.« Oscar räusperte sich. »Könntet ihr uns bitte einen Augenblick allein lassen?«
Seine Lebenspartner tauschten beunruhigte Blicke, überfluteten das Gaiafield mit Besorgnis und unverhohlener Verärgerung. »Wir sind draußen«, sagte Anja. Im Vorbeigehen tätschelte sie seinen Arm. »Ruf uns einfach.«
Der Maidbot kam in die Lounge gewatschelt und machte sich daran, den Malt aufzusaugen. Oscar ging rückwärts zu einem Sofa und setzte sich schwer hin. Seine Verwirrung wich allmählich einem wachsendem Zorn. Wütend starrte er Paula an. »Eintausendundeinhundert Jahre. Vielen Dank dafür.«
»Ich hab Ihre Memorycell geborgen.«
»Sie haben sie vor Gericht gestellt.«
»Was wollen Sie? Sie sind doch heute genauso lebendig wie an dem Tag, an dem Sie den Hyperglider flogen. Das ist mehr, als man von Ihren Opfern bei Abadan behaupten kann.«
»Verdammt nochmal! Wollen Sie endlich aufhören, mich damit zu quälen?«
»Ich kann Ihnen kein schlechtes Gewissen machen. Dafür sorgen Sie schon selbst.«
»Ja, ja.« Er sank noch tiefer in die Polster. »Was zur Hölle machen Sie hier?«
»Ganz nett haben Sie’s hier.« Sie ließ den Blick umherwandern und musterte die Lobby. »Anja war ziemlich stolz auf das Haus. Ich kann verstehen, warum.«
»Meine CST-Pensionsversicherung ist am gleichen Tag, an dem der Prozess endete, auf einem Treuhandkonto hinterlegt worden, dank Wilson. Wollen Sie wissen, wie hoch der Zinsertrag nach tausendeinhundert Jahren ist? Tja, Sie stehen gerade mitten drin. Scheißinflation! Eigentlich hätte ich nach all der Zeit in der Lage sein sollen, mir ’nen ganzen Planeten zu kaufen.«
»Und ihre Lebensgefährten; sehr nette Leute. Jesaral ist noch ziemlich jung, hab ich recht?«
»Ja«, knurrte Oscar. »Und außerdem hat er ’nen verdammt großen Schwanz.«
Paula lächelte. »Haben Sie seit Ihrem Relifing jemals wieder Kontakt zu Wilson aufgenommen?«
»Er hat eine Nachricht hinterlassen. Ebenso wie Anna. Sie haben sich beide schon vor langer Zeit in ANA downgeloadet. Wofür ich, offen gestanden, wenig Bewunderung aufbringen kann. Hören Sie, was soll der Blödsinn? Warum, verdammt nochmal, sind Sie hier?«
»Ich brauche Sie, damit Sie einen Job für mich erledigen.«
Oscar hätte niemals geglaubt, dass so etwas möglich war: Er befand sich in einem Raum mit Paula Myo und lachte sie aus. »Sagen Sie mal,
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