Das dunkle Universum 2 - Schwarze Welt
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Was eher selten geschah. Die Navy hatte inzwischen jedes Sternensystem direkt außerhalb der Externen Welten kartographiert. Zudem befand sich die Expansion auf neue Welten auf einem historischen Tiefstand. Die Grenzen zwischen den Zentralen und den Externen Welten hatten sich seit Jahrhunderten kaum verändert. Die alte Annahme, dass die Higher-Kultur sich stets nach außen hin ausbreitete und gewöhnliche Menschen ihr im Zuge der Expansion wie eine Bugwelle vorauseilen würden, hatte sich als Trugschluss erwiesen. Aufgrund der geistigen Migration war die Anzahl von Higher-Menschen in etwa konstant geblieben, und die Externen Welten hatten Gesellschaftsformen für so ziemlich jeden Geschmack zu bieten, sei es nun in Bezug auf Ethik, Weltanschauung, Technologie oder Religion. Sollte sich also ein Bürger auf seinem Planeten in irgendeiner Form entrechtet fühlen, brauchte er bloß in einen Verkehrsraumer zu steigen und seine Zelte woanders aufschlagen. Somit bestand dieser Tage wenig Grund dazu, eine neue Welt zu begründen.
In den neunzehn Jahren, die Oscar nun auf Orakum lebte, hatte SolarStar gerade mal drei Planetenerkundungsflüge gestartet. Zwei davon waren sogar kürzer gewesen als die Langstrecken-Verkehrsflüge, die das Unternehmen anbot, und somit schwerlich geeignet, neue Grenzen zu durchstoßen. Aber er bekleidete inzwischen eine höhere Position, und falls ein weiteres Erkundungsprojekt zustande kam, wäre er aller Wahrscheinlichkeit nach dabei. Wie alle Piloten, war auch Oscar ein unverbesserlicher Optimist.
Doch als er in den Büros der Gesellschaft seinen Flugbericht archivierte, fand sich keinerlei Hinweis auf eine solche Mission. Er war gerade von einem Langstreckenflug nach Troyan zurückgekehrt, siebzig Lichtjahre entfernt. Ein Fünfzehn-Stunden-Trip, auf dem es nichts anderes zu tun gab, als sich mit dem Smartcore zu unterhalten und die Unisphäre nach etwas Interessantem zu durchforsten. Eines nicht mehr fernen Tages würde man darauf verzichten, dort oben einen Mitmenschen als verantwortlichen Diensthabenden einzusetzen. Er hockte lediglich aus Image-Gründen noch im vorderen Teil des Raumschiffs. Vermutlich saßen in der Passagierkabine ein paar Experten, die wesentlich qualifizierter waren als er. Nicht, dass dieser Fall jemals eintrat.
Zumindest jedoch war es ihm möglich, andere Planeten zu besuchen. Immerzu die gleichen. Wieder und wieder.
Oscars Regravkapsel sank aus den dünnen Wolken und beschrieb gemächlich eine Kurve um das Haus und die Wiese neben dem Gehölz aus zwanzig Meter aufragenden Rancatabäumen mit ihren rötlichen, sich in der sanften Brise wiegenden Blattgerten.
Nach der Landung kletterte er heraus und atmete tief die warme, nach Prärie duftende Luft ein. Bis weit über den Horizont hinaus bedeckten dornige Wildblumen Orakums ungebändigte Landschaft, die fast das ganze Jahr über blühten. Ein weiterer Pluspunkt Orakums war sein mildes Klima.
Jesaral trat unter dem Haus hervor. Der stattliche, wohlgestaltete Jüngling lächelte unmerklich zur Begrüßung, dennoch war er definitiv erleichtert, Oscar zu sehen. Er trug nichts bis auf eine weiße, knielange Hose und stellte einen sonnengebräunten Körper zur Schau, der Oscars Herz jedes Mal ein bisschen höher schlagen ließ. Jesaral war der jüngste seiner drei Lebensgefährten, gerade mal zwanzig. Was ihn selbst, wie Oscar befürchtete, zum wohl schlimmsten Kinderschänder in der Galaxis qualifizierte. Mehr als tausend Jahre Altersunterschied: Wie herrlich unanständig das war.
Der Junge machte eine ausladende Geste und umarmte Oscar fest, begleitet von einem langen, heißblütigen Kuss. Leidenschaft sprühte unbedacht in das Gaiafield hinaus.
»Was ist denn los?«
»Sie«, sagte Jesaral und wies verächtlich mit dem Daumen auf das Haus.
Oscar verkniff sich ein Seufzen. Er und seine anderen Partner Dushiku und Anja waren ein festes Trio seit mehr als einem Jahrzehnt. Dushiku und Anja waren über hundert und kamen gut miteinander zurecht. In ihrem Alter waren sie sich der kleinen Kompromisse, die notwendig waren, damit eine Beziehung funktionierte, vollkommen bewusst. Dennoch hatten sie länger gebraucht als erwartet, um sich an ihren Neuzugang zu gewöhnen und sich auf ihn einzustellen – ein Neuzugang, der bei weitem nicht ihre Kultiviertheit und Erfahrung besaß. Was, im Grunde genommen, genau das war, was ihn im und außerhalb des Bettes so aufregend machte.
»Was haben sie denn jetzt wieder
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