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Das Echo aller Furcht

Das Echo aller Furcht

Titel: Das Echo aller Furcht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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»progressive« Politiker des Westens zu, die zahlreiche sowjetischen Experimente in ihren eigenen Ländern umzusetzen suchten – all jene Experimente, die bis zum äußersten getrieben worden waren und sich als böse Fehlschläge erwiesen hatten. Den vielleicht schwärzesten Humor der Welt zeigten Linke im Westen, die schon meckerten, es habe nicht der Sozialismus versagt, sondern die rückständigen Russen mit ihrer Unfähigkeit, ihn in eine menschliche Regierungsform umzusetzen – einer fortschrittlichen westlichen Gesellschaft gelänge das natürlich –, hatte Karl Marx das nicht selbst behauptet? Diese Leute, dachte Kadischow und schüttelte nachdenklich den Kopf, waren nicht weniger idealistisch als die Oktoberrevolutionäre, und genauso dusselig. Die Russen hatten lediglich revolutionäre Ideen bis an ihre logischen Grenzen getrieben und nur Leere und Katastrophen vorgefunden. Nun, da sie kehrtmachten – ein Schritt, der ein solches Maß an politischem und moralischem Mut verlangte, wie ihn die Welt selten gesehen hatte –, verstand man im Westen immer noch nicht, was sich eigentlich tat. Chruschtschow hatte recht, dachte der Parlamentarier. Politiker sind überall gleich.
    Vorwiegend Idioten.
    »Andrej Iljitsch, wir mögen uns nicht immer über die Methoden einig sein, aber was die Ziele betrifft, gingen wir immer konform. Ich weiß, daß Sie Schwierigkeiten mit unseren Freunden vom anderen Flügel haben.«
    »Und mit Ihren Leuten«, versetzte Narmonow schärfer als nötig.
    »Wohl wahr«, räumte Kadischow lässig ein. »Andrej Iljitsch, müssen wir Ihnen denn in allem folgen?«
    Narmonow drehte sich um; seine Augen weiteten sich und funkelten zornig. »Bitte lassen wir das für heute.«
    »Was können wir für Sie tun?»fragte Kadischow und dachte: Gehen die Gefühle mit dir durch, Genosse Präsident? Ein schlechtes Zeichen ...
    »Ich brauche Ihre Unterstützung in der Nationalitätenfrage. Wir können nicht zulassen, daß die ganze Sowjetunion auseinanderbricht.«
    Kadischow schüttelte heftig den Kopf. »Das ist unvermeidlich. Wenn wir die Balten und Aseris entlassen, ersparen wir uns eine Menge Probleme.«
    »Wir brauchen Aserbaidschans Erdöl. Geben wir das auf, wird unsere wirtschaftliche Lage noch schlimmer. Lassen wir die Balten ziehen, verlangen die anderen Republiken ebenfalls die Unabhängigkeit.«
    »Gut, wir verlören die Hälfte unserer Bevölkerung, aber kaum zwanzig Prozent der Fläche. Und einen Großteil unserer Probleme«, sagte Kadischow.
    »Und was wird aus den Menschen in diesen Republiken? Wir geben sie dem Chaos und dem Bürgerkrieg preis. Wie viele Toten haben wir dann auf dem Gewissen?« herrschte der Präsident ihn an.
    »Das geht mit dem Prozeß der Dekolonisation einher und läßt sich nicht vermeiden, und wenn wir es versuchen würden, hätte das nur zur Folge, daß der Bürgerkrieg in unseren Grenzen bliebe. Das wiederum zwänge uns, den Sicherheitsorganen zu große Vollmachten zu geben, und das wäre zu gefährlich. Dem Militär traue ich ebensowenig wie Sie.«
    »Das Militär wird nicht putschen. In der Roten Armee gibt es keine Bonapartisten.«
    »Dann haben Sie mehr Vertrauen in deren Loyalität als ich. Meiner Meinung nach sieht man dort eine einmalige historische Chance. Die Partei hat das Militär seit der Tuchatschewski-Affäre unter Kontrolle gehalten. Soldaten haben ein gutes Gedächtnis und mögen glauben, daß nun die Gelegenheit ...«
    »Diese Leute sind doch alle tot! Und ihre Kinder auch!« konterte Narmonow ärgerlich. Immerhin lag die Säuberung über fünfzig Jahre zurück, und die, die noch eine direkte Erinnerung daran hatten, saßen nun im Rollstuhl oder lebten in Pension.
    »Ihre Enkel aber nicht, und wir müssen auch an das kollektive Gedächtnis der Streitkräfte als Institution denken.« Kadischow lehnte sich zurück und erwog einen neuen Gedanken, der ihm gerade gekommen war. Könnte so etwas möglich sein? fragte er sich.
    »Gewiß, das Militär hat sein Anliegen, und die unterscheiden sich etwas von meinen. Wir mögen unsere Differenzen haben, wie das Problem zu lösen ist, sind uns aber einig, daß der Prozeß kontrolliert ablaufen muß. Wenn ich auch am Urteilsvermögen der Militärs meine Zweifel habe, so bin ich mir seiner Loyalität ganz sicher.«
    »Kann sein, daß Sie recht haben. Ich bin da nicht so optimistisch.«
    »Mit Ihrer Hilfe können wir den Verfechtern der raschen Auflösung eine geeinte Front bieten. Das wird ihnen den

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