Das Echo aller Furcht
nicht, aber wenn wir schon den Hals riskieren, kann ruhig etwas dabei herauskommen.«
»Wie Sie meinen, Herr Oberst.«
Keitel dachte überhaupt nicht darüber nach, daß er im Grunde nicht wußte, was er tat, daß Bock ihm nicht alles gesagt hatte. Trotz seiner Erfahrung als Fachmann hatte er einfach vergessen, daß er mit einem Terroristen paktierte.
Ghosn fand die Stille wundervoll. Soviel Schnee hatte er noch nie gesehen. Das Tief zog langsamer als erwartet, und am Boden lag schon ein halber Meter Schnee, der zusammen mit den Flocken in der Luft alle Geräusche dämpfte. Eine Stille, die man fast hören kann, dachte Ghosn, der auf der Veranda stand.
»Schön, was?« fragte Marvin.
»Ja, sehr schön.«
»Als ich noch klein war, hat es viel mehr geschneit, meterhoch an einem Stück, und dann ist es echt kalt geworden, bis zu – 30 Grad. Wenn man rausging, kam man sich vor wie auf einem anderen Planeten und fragte sich, wie es vor hundert Jahren gewesen sein mochte, als die Indianer mit ihren Squaws und Kindern in Tipis wohnten. Draußen standen die Pferde, und alles war so sauber und rein, wie es sein soll. Muß irre gewesen sein, echt irre.«
Ein Narr mit einer poetischen Ader, dachte Ibrahim. Dieses Volk hatte so primitiv gelebt, daß die meisten Kinder schon im Säuglingsalter gestorben waren, und im Winter hatte es hungern müssen, weil es kein Wild zu jagen gab. Womit hatte man die Pferde gefüttert, wie waren sie an das abgestorbene Gras unter dem Schnee herangekommen? Trotzdem idealisierte Russell dieses Leben, und das fand Ghosn dumm. Marvin war mutig, zäh, stark und treu, aber er haderte mit der Welt, kannte Gott nicht und lebte in einer Phantasiewelt. Eigentlich schade; er hätte ein wertvoller Mitstreiter sein können.
»Wann fahren wir los?«
»Geben wir den Räumtrupps zwei Stunden Zeit. Nehmt ihr den Pkw – der hat Frontantrieb und zieht gut im Schnee. Ich nehme den Transporter. Wir haben ja keine Eile und wollen nichts riskieren, oder?«
»Richtig.«
»So, und jetzt gehen wir lieber wieder rein, ehe wir uns den Arsch abfrieren.«
»Gegen diesen Dreck in der Luft muß unbedingt was getan werden«, sagte Clark, als sein Hustenanfall vorüber war.
»Ja, es ist ziemlich finster«, stimmte Chavez zu.
Sie hatten eine kleine Wohnung nicht weit vom Flughafen gemietet. Alles, was sie brauchten, hatten sie in Schränken versteckt. Mit dem Bodenpersonal hatten sie Kontakt aufgenommen; das normale Team würde, gegen ein entsprechendes Honorar natürlich, krank sein, wenn die 747 landete. Es war den beiden CIA-Agenten gar nicht so schwergefallen, an Bord zu kommen. Japaner, zumindest japanische Regierungsvertreter, waren in Mexiko nicht besonders beliebt und standen in dem Ruf, welch Wunder, noch arroganter als die Amerikaner zu sein. Clark schaute auf die Uhr. In neun Stunden würde die Boeing den Dunstschleier durchbrechen. Der Ministerpräsident wollte dem mexikanischen Staatsoberhaupt angeblich nur einen kurzen Höflichkeitsbesuch abstatten und dann weiter nach Washington fliegen, um sich mit Fowler zu treffen. Das erleichterte Clark und Chavez die Arbeit.
Um Mitternacht fuhren sie los nach Denver. Die Räumtrupps hatten gründliche Arbeit geleistet. Was die Schneepflüge nicht beseitigen konnten, war mit Salz und Splitt bestreut worden, so daß sie für die sonst einstündige Fahrt nur fünfzehn Minuten länger brauchten. Marvin meldete sie beim Empfang an und bestand auf einer Quittung für seine Reisekostenabrechnung. Als der Mann am Empfang das ABC-Logo auf dem Kastenwagen sah, bedauerte er, der Gruppe die Zimmer an der Rückfront gegeben zu haben. Vor dem Motel geparkt, hätte der Wagen vielleicht Gäste angelockt. Sobald Marvin gegangen war, setzte sich der Mann wieder vor den Fernseher und döste vor sich hin. Am nächsten Tag würden die Fans aus Minnesota kommen; bestimmt ein wilder, undisziplinierter Haufen.
Der Treff mit Lyalin war leichter als erwartet zu arrangieren gewesen. Auch Cabots Besuch bei dem neuen Chef des koreanischen Geheimdienstes war glatter verlaufen, als er zu hoffen gewagt hatte – seine koreanischen Kollegen waren sehr professionell –, und so konnte er zwölf Stunden früher als geplant nach Japan abfliegen. Der Chef der CIA-Station Tokio hatte ein diskretes und leicht zu überwachendes Geishahaus in einer der zahllosen verwinkelten Gassen nicht weit von der amerikanischen Botschaft ausgesucht.
»Hier ist meine neueste Meldung«, sagte
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