Das Echo aller Furcht
langsam. »Wie spät ist es?«
»Zwanzig nach sieben. Wo in Neuengland sind Sie aufgewachsen?«
»In Littleton, das liegt im Norden von New Hampshire.«
»Dann schauen Sie mal aus dem Fenster; das wird Sie an die Heimat erinnern.«
Als Jack mit frischem Wasser zurückkam, stand der junge Mann am Fenster. »Ein halber Meter oder ein bißchen mehr. Na und? Bei uns daheim ist so was ein Schneegestöber.«
»Für Washingtoner Begriffe ist das die Eiszeit. In ein paar Minuten ist der Kaffee fertig.« Ryan beschloß, die Sicherheit unten in der Eingangshalle anzurufen. »Wie sieht es aus?«
»Viele Leute rufen an und sagen, daß sie es nicht zur Arbeit schaffen. Kein Wunder, fast die ganze Nachtschicht kann nicht heim. Der George Washington Parkway ist gesperrt, der Ostabschnitt der Ringautobahn auch, und die Wilsonbrücke ist schon wieder zu.«
»Großartig. Achtung, ein wichtiger Hinweis. Jeder, der zur Arbeit erscheint, ist zwangsläufig KGB-trainiert. Auf der Stelle erschießen.« Goodley konnte aus drei Metern Entfernung das Gelächter am anderen Ende hören. »Halten Sie mich über die Wetterlage auf dem laufenden. Und reservieren Sie mir ein Allradfahrzeug für den Fall, daß ich aus dem Haus muß – den GMC.« Jack legte auf und schaute Goodley an. »Rang bringt Privilegien.«
»Und die Leute, die unbedingt zur Arbeit müssen?«
Jack sah zu, wie der Kaffee aus der Maschine zu tröpfeln begann. »Wenn Ring und Parkway zu sind, schaffen es zwei Drittel unseres Personals nicht. Jetzt wissen Sie, warum die Russen soviel für Programme zur Wetterbeeinflussung ausgeben.«
»Trifft man hier im Süden denn keine Vorkehrungen?«
»Ach wo, hier tut man so, als käme Schnee nur auf Skipisten vor. Wenn es nicht bald zu schneien aufhört, ist die Stadt bis Mittwoch früh lahmgelegt.«
»So chaotisch ist das hier?«
»Warten Sie ab, Sie werden es erleben, Ben.«
»Und ich hab’ meine Langlaufski in Boston gelassen.«
»So hart war die Landung auch wieder nicht«, wandte der Major ein.
»Sir, der Sicherungskasten ist anderer Meinung«, erwiderte der Chief und drückte eine Sicherung hinein. Die kleine schwarze Kunststoffplatte verharrte kurz und sprang dann wieder heraus. »Diese hier bedeutet: kein Funkgerät, und ohne die andere dort funktioniert die Hydraulik nicht. Wir sitzen leider für eine Weile am Boden fest.«
Die Bolzen für das Fahrwerk waren beim zweiten Versuch um zwei Uhr nachts eingetroffen. Der erste Versuch mit einem Pkw blieb erfolglos, und jemand hatte beschlossen, ein Militärfahrzeug einzusetzen. Gebracht hatte die Teile schließlich ein HMMWV, und selbst der war auf dem Weg von Washington nach Camp David mehrmals von liegengebliebenen Fahrzeugen aufgehalten worden. Mit der nicht so schwierigen Reparatur sollte in einer Stunde begonnen werden, aber nun sah alles viel komplizierter aus.
»Nun?« fragte der Major.
»Wahrscheinlich ein paar lose Kabel da drin, Sir. Ich muß den ganzen Kasten ausbauen und durchprüfen. Das dauert mindestens einen ganzen Arbeitstag. Ich schlage vor, daß man eine Ersatzmaschine warmlaufen läßt.«
Der Major schaute nach draußen. An so einem Tag flog er sowieso nicht gerne. »Wir sollen ja erst morgen früh zurückfliegen. Wann ist der Schaden behoben?«
»Wenn ich sofort anfange... um Mitternacht herum.«
»Frühstücken Sie erst einmal. Ich kümmere mich um eine Ersatzmaschine.«
»Roger, Major.«
»Ich lasse Ihnen ein Kabel für einen Heizlüfter rüberziehen und schicke Ihnen auch ein Radio.« Der Major wußte, daß sein Chief aus dem warmen San Diego stammte und bestimmt das Spiel hören wollte.
Er stapfte zurück ins Blockhaus. Der Hubschrauber stand auf einer Kuppe, von der der Wind den Schnee verwehte, so daß dort nur 15 Zentimeter lagen. Weiter unten waren die Wehen bis zu einen Meter tief. Die Marines im Wald freuen sich bestimmt, dachte er.
»Wie ernst ist es?« fragte der Pilot, der sich gerade rasierte.
»Im Sicherungskasten ist etwas faul. Der Chief meint, er bräuchte für die Reparatur den ganzen Tag.«
»So hart war die Landung doch gar nicht«, wandte der Colonel ein.
»Das sagte ich auch schon. Soll ich Ersatz anfordern?«
»Ja, tun Sie das. Haben Sie auf die Gefahrenkonsole geschaut?«
»Ja, Sir. Auf der Welt herrscht Frieden, Sir.«
Die »Gcfahrenkonsole« war nur ein Ausdruck und existierte als solche nicht. Der Bereitschaftsgrad diverser Regierungsbehörden hing von dem erwarteten Ausmaß von Spannungen in der Welt
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