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Das Echo aller Furcht

Das Echo aller Furcht

Titel: Das Echo aller Furcht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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für uns darstellen?«
    Die alte Leier, dachte der Minister. Man hört nicht auf mich. Ich kann es hundertmal sagen, aber man hört einfach nicht zu.
    »Die Abschaffung so vieler Raketen und Gefechtsköpfe verändert die Wechselbeziehung der Kräfte –«
    »Ausgemachter Quatsch! Wir sind den USA in jeder Hinsicht ebenbürtig«, wandte Narmonow ein.
    »Darum geht es nicht. Der entscheidende Faktor ist das Verhältnis zwischen den beiden Seiten zur Verfügung stehenden Raketen – und ihrer jeweiligen Verwundbarkeit – und die Zahl der Gefechtsköpfe. Wir können noch immer als erste zuschlagen und mit unseren landgestützten Raketen die amerikanischen ICBM in ihren Silos ausschalten. Aus diesem Grund gaben die USA so bereitwillig die Hälfte ihrer landgestützten Systeme auf. Die Mehrzahl ihrer Gefechtsköpfe aber befindet sich auf See, und nun sind sie mit diesen seegestützten Raketen zum ersten Mal in der Lage, einen entwaffnenden Erstschlag zu führen.«
    »Kuropatkin«, meinte Narmonow, »haben Sie das gehört?«
    »Ja. Der Verteidigungsminister hat recht. Eine zusätzliche Dimension ist die durch die Verringerung der Startsysteme veränderte Ratio zwischen Raketen und Gefechtsköpfen. Zum ersten Mal seit einer Generation ist ein vernichtender Erstschlag möglich, insbesondere, wenn es den Amerikanern gelingt, mit ihrer ersten Angriffswelle unsere Regierung zu enthaupten.«
    »Und das würden die Stealth-Jagdbomber, die sie nach Deutschland gebracht haben, schaffen«, schloß der Verteidigungsminister.
    »Langsam. Wollen Sie mir einreden, Fowler hätte seine eigene Stadt in die Luft gesprengt, um einen Vorwand für einen Angriff gegen uns zu haben? Was ist das für ein Irrsinn?« Nun bekam es der sowjetische Präsident mit der Angst zu tun.
    Der Verteidigungsminister sprach langsam und deutlich. »Es tut nichts zur Sache, wer diese Waffe detonieren ließ. Wenn Fowler zu dem Schluß gelangt, daß wir an dem Vorfall schuld sind, ist er in der Lage, gegen uns zu handeln. Genosse Präsident, Ihnen muß folgendes klar sein: Theoretisch gesehen steht unser Land kurz vor der totalen Vernichtung. Die Flugzeit der landgestützten US-Raketen beträgt 30 Minuten, die ihrer seegestützten 20, und diese verfluchten unsichtbaren Bomber können schon in zwei Stunden über uns sein; das wäre der für die Amerikaner günstigste Eröffnungszug. Ob unser Land überlebt, hängt von Präsident Fowlers Geisteszustand ab.«
    »Ich verstehe.« Der sowjetische Präsident schwieg eine halbe Minute lang und starrte auf die Anzeigen und Karten an der Wand. Als er wieder sprach, schwang in seiner Stimme die Wut eines in die Ecke Getriebenen mit. »Was schlagen Sie vor? Sollen wir die Amerikaner etwa angreifen? Das lasse ich nicht zu.«
    »Selbstverständlich nicht, aber wir wären wohl beraten, unsere strategischen Kräfte in volle Alarmbereitschaft zu versetzen. Die Amerikaner werden das merken, erkennen, daß ein entwaffnender Schlag nicht möglich ist, und wir können so die Lage stabilisieren, bis wieder Vernunft herrscht.«
    »Golowko?«
    Der Erste Stellvertretende Vorsitzende des KGB schreckte vor der Frage zurück. »Wir wissen, daß sie in voller Alarmbereitschaft sind. Unser Nachziehen könnte sie provozieren.«
    »Und wenn wir es unterlassen, bieten wir ein viel einladenderes Ziel.« Der Verteidigungsminister war von einer schon übermenschlichen Gelassenheit und vielleicht der einzige unter den Anwesenden, der völlig beherrscht war. »Wir wissen, daß der amerikanische Präsident unter großem Streß steht, daß er Tausende seiner Bürger verloren hat. Es ist vorstellbar, daß er wild um sich schlägt, aber wenn er weiß, daß wir in der Lage sind, Gleiches mit Gleichem zu vergelten, wird er sich zurückhalten. In einer Lage wie dieser dürfen wir keine Schwäche zeigen. Schwäche fordert immer Angriffe heraus.«
    Narmonow sah sich im Raum um und wartete auf Widerspruch. Als dieser ausblieb, sagte er: »Gut, so ausführen.«
     
    »Immer noch keine Nachrichten aus Denver«, sagte der Präsident und rieb sich die Augen.
    »Viel ist auch nicht zu erwarten«, erwiderte General Borstein.
    Die Befehlszentrale NORAD befindet sich buchstäblich im Innern eines Berges. Den Eingangstunnel sichern zahlreiche druckfeste Stahltüren. Stoßdämpfende Federn und Hochdruck-Luftkissen isolieren Menschen und Maschinen vom Granitboden. Über ihnen schützen Stahldecken vor Felsbrocken. Das Ganze war darauf ausgelegt, auch dem massivsten

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