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Das Echo der Traeume

Das Echo der Traeume

Titel: Das Echo der Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Duenas
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ich habe. Wir haben immer allein gelebt und gemeinsam um unser Fortkommen gekämpft. Wir sind nur zwei Frauen, die von ihrer Hände Arbeit leben. Doch es gab einen Tag, an dem ich eine falsche Entscheidung getroffen und sie im Stich gelassen habe. Und jetzt wünsche ich mir nichts sehnlicher, als sie wieder bei mir zu haben. Sie haben zuvor gesagt, dass Ihren Freund Lance keine politischen, sondern rein humanitäre Gründe antreiben. Urteilen Sie selbst, ob es ein humanitärer Grund ist, eine mittellose Mutter mit ihrer einzigen Tochter zusammenzuführen; ich kann es Ihnen nicht sagen.«
    Ich brachte kein Wort mehr heraus, denn im nächsten Augenblick wäre ich in Tränen ausgebrochen.
    » Ich muss gehen, ich muss morgen früh aufstehen, ich habe viel Arbeit, danke für das Essen, danke für alles …«
    Diese wenigen Sätze kamen stoßweise, mit gebrochener Stimme aus meinem Mund, während ich hastig nach meiner Handtasche griff. Ich hielt den Kopf gesenkt, damit Logan nicht sah, wie mir nun doch Tränen über die Wangen liefen.
    » Ich begleite Sie«, sagte er und erhob sich gleichzeitig, ohne sich seine Schmerzen anmerken zu lassen.
    » Das ist nicht nötig, danke. Ich wohne ganz in der Nähe, praktisch um die Ecke.«
    Ich drehte mich um und ging in Richtung Tür. Nach wenigen Schritten spürte ich, wie seine Hand mich am Ellbogen berührte.
    » Ein Glück, dass Sie in der Nähe wohnen, da muss ich weniger laufen. Gehen wir.«
    Mit einer Geste bedeutete er dem Oberkellner, das Essen auf seine Zimmerrechnung zu setzen, und wir verließen das Hotel. Er fing kein Gespräch an und versuchte auch nicht, mich zu beruhigen. Er sagte kein Wort zu dem, was er gerade gehört hatte. Er ging nur schweigend neben mir her und überließ es mir selbst, mich wieder zu fassen. Als wir auf die Straße traten, blieb er plötzlich stehen, sah in den mit Sternen übersäten Himmel hinauf und sog, auf seinen Stock gestützt, sehnsüchtig die Luft ein.
    » Marokko riecht gut.«
    » Die Berge sind nah, das Meer auch«, erwiderte ich schon etwas ruhiger. » Das wird der Grund sein.«
    Wir gingen langsam weiter, er fragte mich, wie lange ich mich bereits im Protektorat aufhielt, wie man hier so lebte.
    » Wir sehen uns sicher bald wieder, ich gebe Ihnen Bescheid, sobald ich etwas Neues erfahre«, sagte er, als ich ihn darauf aufmerksam machte, dass wir bei mir angelangt waren. » Und machen Sie sich keine Sorgen. Sie dürfen sicher sein, dass alles nur Erdenkliche getan wird, um Ihrer Mutter zu helfen.«
    » Ich danke Ihnen sehr, wirklich, und entschuldigen Sie meine Reaktion. Manchmal fällt es mir schwer, mich zu beherrschen. Es ist keine leichte Zeit, wissen Sie?«, entgegnete ich mit leiser Stimme und ein wenig beschämt.
    Er versuchte zu lächeln, doch es gelang ihm nicht ganz.
    » Ich verstehe Sie sehr gut, machen Sie sich keine Gedanken.«
    Meine Tränen waren inzwischen getrocknet, die Traurigkeit, die mich überwältigt hatte, vorüber. An der Haustür sahen wir uns kurz an, wünschten uns eine gute Nacht, dann trat ich ins Haus und begann, die Treppe hinaufzusteigen. Und dachte dabei, wie wenig dieser Marcus Logan doch dem bedrohlichen, opportunistischen Kerl glich, den Rosalinda und ich uns ausgemalt hatten.

27
    Beigbeder und Rosalinda waren sehr angetan von dem Interview, das am nächsten Tag stattfand. Von meiner Freundin erfuhr ich später, dass alles in einer entspannten Atmosphäre abgelaufen war. Die beiden Männer hatten auf einer der Terrassen der alten Villa am Paseo de las Palmeras gesessen, die imposante Kulisse des Gorgues am Beginn des Rif-Gebirges vor Augen, und einen Brandy mit Soda genossen. Zunächst aßen die drei gemeinsam zu Abend, denn das kritische Auge der Engländerin musste sich persönlich davon überzeugen, dass sie ihrem Landsmann trauen und ihren angebeteten Juan Luis mit ihm alleine lassen konnte. Bedouie, der marokkanische Koch, hatte ein Lamm-Tajine zubereitet, zu dem sie einen roten Burgunder grand cru tranken. Nach dem Dessert und einem Kaffee zog sich Rosalinda zurück, und die beiden Männer machten es sich in ihren Sesseln mit einer Havanna gemütlich und plauderten schon bald angeregt miteinander.
    Ich wusste, dass es fast acht Uhr abends war, als der Journalist wieder ins Hotel zurückkehrte, dass er an jenem Abend nicht mehr speiste und sich auch kein Obst aufs Zimmer bestellte. Ich wusste, dass er am nächsten Morgen gleich nach dem Frühstück ins Hochkommissariat ging, wusste auch,

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