Das Echo der Traeume
Hindustani an, die Sprache seiner früheren Dienstboten in Kalkutta, als besäßen alle dienenden Menschen der Welt eine gemeinsame Sprache. Zu seiner großen Überraschung tauchte einer nach dem anderen nicht mehr auf. Alle, von den Freunden seiner Frau angefangen bis hin zu den Angestellten, wussten innerhalb weniger Tage, zu welchem Menschenschlag Peter Fox gehörte. Egoistisch, irrational, launisch, trunksüchtig, arrogant und despotisch: Es dürfte schwierig sein, jemanden zu finden, der noch weniger positive Eigenschaften besaß als er.
Offensichtlich verbrachte Beigbeder kaum noch Zeit in Rosalindas Haus, aber sie trafen sich an anderen Orten: im Hochkommissariat und bei Ausflügen in die Umgebung. Zur Überraschung vieler – zu denen auch ich gehörte – verhielt sich Beigbeder gegenüber dem Ehemann seiner Geliebten stets besonders zuvorkommend. Er plante für ihn einen Tag beim Fischen an der Mündung des Flusses Smir und eine Wildschweinjagd in Jemis de Anyera. Er ermöglichte ihm, nach Gibraltar zu fahren, damit er englisches Bier trinken und mit Landsleuten über Polo und Cricket debattieren konnte. Er tat sein Möglichstes, um ihn so zu behandeln, wie es sein Amt bei einem besonderen ausländischen Gast erfordern würde. Doch ihre Persönlichkeiten hätten gegensätzlicher nicht sein können. Es war schon merkwürdig zu beobachten, wie unterschiedlich die zwei wichtigsten Männer im Leben ein und derselben Frau waren. Vielleicht gerieten sie gerade deswegen nicht aneinander.
» Peter hält Juan Luis für einen rückständigen, stolzen Spanier, einen antiquierten spanischen caballero, der direkt einem Gemälde aus dem Goldenen Zeitalter entsprungen ist«, erklärte mir Rosalinda. » Und Juan Luis denkt, dass Peter ein Snob ist, ein unbegreiflicher und engstirniger Snob. Sie sind wie zwei Parallelen: Sie können gar nicht aneinandergeraten, weil es nicht einen einzigen Berührungspunkt zwischen ihnen gibt. Mit dem Unterschied, dass meiner Ansicht nach Peter Juan Luis nicht das Wasser reichen kann.«
» Und niemand hat deinem Ehemann von euch beiden erzählt?«
» Von unserer Beziehung, meinst du?«, fragte sie, während sie sich eine Zigarette anzündete und sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht strich. » Ich denke schon, dass irgendeine Schlange ihr Gift verspritzt und es ihm ins Ohr geflüstert hat, aber das ist ihm vollkommen egal.«
» Ich verstehe nicht, wieso.«
Sie zuckte mit den Achseln.
» Ich auch nicht, aber nun, wo er keine Miete zahlen muss und Personal zu seiner Verfügung hat, Alkohol im Überfluss vorhanden ist, es immer ein warmes Essen gibt und er gefährliche Sportarten ausüben kann, denke ich, ist ihm alles andere nicht wichtig. In Kalkutta wäre das etwas anderes. Dort würde er sich bemühen, die Fassade aufrechtzuerhalten. Aber hier, wo ihn niemand kennt? Das ist nicht seine Welt, da ist es ihm egal, was die Leute über mich reden.«
» Ich verstehe es trotzdem nicht.«
» Sicher ist nur, darling, dass ich ihm nicht wichtig bin«, sagte sie sarkastisch und traurig zugleich. » Alles hat für ihn mehr Wert als ich: Fischen gehen, eine Flasche Gin oder eine Partie Karten. Ich habe ihn nie interessiert. Und es wäre mehr als seltsam, wenn er jetzt damit anfangen würde.«
Und während Rosalinda gegen ein Höllenmonster kämpfte, gab es in meinem Leben ein einschneidendes Ereignis. Es war Dienstag und windig. Gegen Mittag erschien Marcus Logan bei mir.
Inzwischen waren wir gute Freunde, nur gute Freunde, mehr nicht. Wir waren uns beide darüber im Klaren, dass es jeden Tag so weit sein konnte und er abreisen musste. Er würde nur vorübergehend Bestandteil meines Lebens sein. Die Wunden, die Ramiro mir zugefügt hatte, waren noch nicht verheilt, bestenfalls grob vernäht. Ich war noch nicht bereit, einen so schmerzlichen Einschnitt wie das Verlassenwerden erneut zu ertragen. Marcus und ich zog es zueinander hin, ja, sehr sogar, und es fehlte auch nicht an Gelegenheiten, damit mehr daraus wurde. Es gab ein geheimes Einverständnis, leichte Berührungen und Blicke, Anspielungen, Wertschätzung und Verlangen. Es gab Nähe, es gab Zärtlichkeit. Doch ich hielt meine Gefühle unter Verschluss, weigerte mich, den nächsten Schritt zu tun, und er akzeptierte meine Entscheidung. Meine Zurückhaltung kostete mich unglaubliche Überwindung: Zweifel, Unsicherheit, schlaflose Nächte. Doch bevor ich mich dem Schmerz des Verlassenwerdens aussetzte, zog ich es vor, mich an die
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