Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Echo der Traeume

Das Echo der Traeume

Titel: Das Echo der Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Duenas
Vom Netzwerk:
zeigte sie mir.
    » Das sind einige Schmuckzertifikate, mit der genauen Beschreibung der einzelnen Stücke, ihrem geschätzten Wert und all diesen Dingen. Außerdem ein notariell beglaubigtes Dokument, in dem steht, dass der Schmuck mir gehörte und ich ihn aus freien Stücken an dich weitergebe. Das könnte nötig sein, für den Fall, dass du dich einmal für ihren Besitz rechtfertigen müsstest. Ich hoffe, dass du nie in diese Situation kommen wirst, aber für den Fall der Fälle …«
    Er faltete die Papiere, steckte sie in eine Art Mappe, verschnürte sie geschickt mit einem roten Band und legte auch sie vor mich hin. Anschließend nahm er einen Umschlag und holte einige pergamentartige Blätter daraus hervor, die mit Stempeln, Unterschriften und anderen Formalitäten versehen waren.
    » Und hier noch eine Sache, fast die letzte. Wie soll ich dir das erklären?« Pause. Er atmete tief ein und wieder aus, bevor er fortfuhr: » Dieses Dokument haben mein Rechtsanwalt und ich aufgesetzt, und ein Notar hat das Ganze beglaubigt. Zusammengefasst besagt es, dass ich dein Vater bin und du meine Tochter. Wozu soll dieses Dokument gut sein? Wahrscheinlich für nichts. Wenn du eines Tages dein Anrecht auf mein Hab und Gut einfordern willst, würdest du erfahren, dass ich es zu Lebzeiten deinen Halbbrüdern vermacht habe, sodass du von dieser Familie niemals mehr erhalten wirst als das, was du heute mitnimmst, wenn du dieses Haus wieder verlässt. Doch für mich ist dieses Dokument sehr wohl von Bedeutung. Damit wird offiziell anerkannt, was ich eigentlich schon vor vielen Jahren hätte machen sollen. Darin steht, was uns beide eint. Und mit diesem Dokument kannst du nun machen, was du willst: es Gott und der Welt zeigen oder es in tausend Stücke zerreißen und ins Feuer werfen. Das sei dir überlassen.«
    Er faltete das Dokument, verstaute es und reichte mir den Umschlag, in dem es steckte. Dann nahm er das nächste Kuvert vom Tisch, das letzte. Das vorherige war groß gewesen, aus gutem Papier, mit eleganten Schriftzügen versehen und dem Briefkopf des Notars. Der zweite Umschlag war klein, bräunlich, irgendwie gewöhnlich. Er sah abgegriffen aus, als sei er schon durch viele Hände gegangen.
    » Das ist schon der letzte«, sagte er, ohne den Kopf zu heben.
    Er öffnete ihn, zog den Inhalt heraus und sah ihn kurz durch. Dann reichte er ihn wortlos meiner Mutter, bevor er sich erhob und zu einem der Balkone hinüberging. Mit dem Rücken zu uns blieb er schweigend dort stehen, die Hände in den Hosentaschen vergraben, und betrachtete die Aussicht oder blickte ins Leere, ich weiß es nicht. Was er meiner Mutter gegeben hatte, war ein kleiner Stapel Fotografien. Alt, vergilbt und von schlechter Qualität, Aufnahmen, die ein Straßenfotograf vor mehr als zwei Jahrzehnten an irgendeinem Frühlingsmorgen für ein paar Groschen aufgenommen hatte. Ein junges, gut aussehendes, lächelndes Paar. Vertraut und einander nah, gefangen im fragilen Netz einer so großen wie unschicklichen Liebe, nicht wissend, dass er sich nach vielen, getrennt voneinander verbrachten Jahren zum Balkon umdrehen würde, um ihr nicht ins Gesicht sehen zu müssen, und sie die Zähne zusammenbiss, um in seiner Gegenwart nicht in Tränen auszubrechen.
    Dolores ging die Aufnahmen eine nach der anderen langsam durch. Dann gab sie sie wortlos und ohne mich anzusehen an mich weiter. Ich sah mir die Fotos gründlich an und packte sie dann in den Umschlag. Er kehrte zu uns zurück, setzte sich und nahm das Gespräch wieder auf.
    » Das Materielle ist damit abgeschlossen. Nun gebe ich euch noch ein paar Ratschläge. Es ist nicht so, meine Tochter, dass ich jetzt versuche, dir ein moralisches Vermächtnis zu hinterlassen. Ich bin wirklich der Letzte, der vertrauenswürdig erscheint oder mit gutem Beispiel vorangegangen wäre, aber mir nach all den Jahren noch ein paar Minuten Gehör zu schenken, macht dir doch sicher nichts aus, oder?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    » Gut, ich rate euch Folgendes: Geht so schnell wie möglich von hier fort. Ihr solltet Madrid den Rücken kehren und nach Möglichkeit noch viel weiter weggehen. Wenn möglich, Spanien verlassen. Doch geht in kein europäisches Land, denn es steht überall nicht zum Besten. Geht nach Amerika oder, wenn euch das zu weit erscheint, nach Afrika. Nach Marokko, geht ins Protektorat, da lässt es sich gut leben. Dort ist es ruhig und, seit der Spanisch-Marokkanische Krieg vorüber ist, stets friedlich. Beginnt

Weitere Kostenlose Bücher