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Das Echo der Traeume

Das Echo der Traeume

Titel: Das Echo der Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Duenas
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mitziehen, verwandelte mich in seinen Schatten, in eine fast immer nur stumme Anwesende, gleichgültig gegenüber allem außer dem Gefühl, ihn an meiner Seite zu spüren und sein Anhängsel zu sein, eine stets zustimmende Erweiterung seiner selbst.
    Es gab eine Zeit, sie dauerte mehr oder weniger den ganzen Frühling über, da konnten wir beide Facetten verbinden und erlangten ein Gleichgewicht. Wir bewahrten uns unsere intimen Momente, unsere Stunden ganz für uns allein. Wir bewahrten uns das Feuer der Leidenschaft jener Tage in Madrid, öffneten uns gleichzeitig den neuen Freunden und nahmen immer mehr Anteil am Auf und Ab des Lebens um uns herum. Irgendwann jedoch geriet alles aus dem Gleichgewicht, begann zu kippen. Fast unmerklich, aber unumkehrbar. Die Stunden, die wir in der Öffentlichkeit verbrachten, begannen in den Raum unserer privaten Momente einzudringen. Die bekannten Gesichter hörten auf, simple Quellen für unterhaltsame Gespräche und Anekdoten zu sein, sondern verwandelten sich in Personen mit einer Vergangenheit, mit Zukunftsplänen und der Möglichkeit, sich in unser Leben einzumischen. Ihre Persönlichkeiten verließen die Anonymität und bekamen ein immer konkreteres Profil, wurden interessant, attraktiv. Bei manchen erinnere ich mich noch an den Vor- und Nachnamen, habe noch ihr Gesicht vor Augen, obwohl es inzwischen sicher schon längst verwest ist, weiß noch, woher sie stammten, die fernen Orte ihrer Herkunft, die ich damals auf der Landkarte nicht hätte finden können. Iwan, der elegante und schweigsame Russe, dürr wie eine Bohnenstange, mit dem ausweichenden Blick und stets einem Einstecktuch aus Seide in der Brusttasche – wie eine Blume außerhalb der Saison. Jener polnische Baron, dessen Name mir jetzt nicht mehr einfällt, der herumposaunte, wie reich er angeblich war, und der nur einen Spazierstock mit silbernem Knauf und zwei Hemden besaß, deren Kragen schon durchgescheuert waren. Isaac Springer, der österreichische Jude mit der großen Nase und dem goldenen Zigarettenetui. Das Paar aus Kroatien, die Jovovics, beide so schöne Menschen, so ähnlich und so androgyn, dass sie manchmal für ein Liebespaar und manchmal für Brüder gehalten wurden. Der schwitzende Italiener, der mich immer mit feuchten Augen ansah, Mario hieß er oder vielleicht Maurizio, ich weiß es nicht mehr. Und Ramiro begann, sich immer mehr mit ihnen anzufreunden, an ihren Sehnsüchten und Sorgen teilzuhaben, sich aktiv an ihren Plänen zu beteiligen. Und ich sah tatenlos zu, wie er sich ihnen Tag für Tag, sacht, ganz sacht, ein wenig mehr annäherte und von mir entfernte.
    Die Nachricht von der Academia Pitman wollte und wollte nicht kommen, doch zu meiner Überraschung schien diese Verzögerung Ramiro nicht im Mindesten zu beunruhigen. Immer weniger Zeit verbrachten wir allein in unserem Zimmer im Continental. Immer seltener flüsterte er mir zärtliche Worte ins Ohr, die auf all die Dinge anspielten, die ihn früher an mir so entzückt, so verrückt gemacht hatten, dass er nicht müde wurde, sie immer wieder aufzuzählen: meine samtige Haut, meine göttlichen Hüften, mein seidiges Haar. Er machte mir kaum noch Komplimente für mein anmutiges Lächeln, meine jugendliche Frische. Fast nie mehr lachte er über meine, wie er früher sagte, heilige Einfalt, und ich spürte, wie ich immer weniger sein Interesse weckte, seine Zuneigung, seine Zärtlichkeit. Und in jenen tristen, von Unsicherheit bedrohten Tagen, die an meinen Nerven zerrten, begann ich mich schlecht zu fühlen. Nicht nur seelisch, sondern auch körperlich. Schlecht, immer schlechter. Vielleicht hatte sich mein Magen noch nicht an das fremde Essen gewöhnt, das so ganz anders war als die Eintöpfe meiner Mutter und die einfachen Gerichte in den Madrider Gaststätten. Vielleicht hatte die stickige, schwüle Hitze des beginnenden Sommers etwas mit meiner zunehmenden Schwäche zu tun. Das Tageslicht wurde mir zu grell, die Gerüche der Straße verursachten mir Übelkeit und Brechreiz. Ich konnte mich kaum dazu aufraffen, überhaupt aufzustehen, und mein Bedürfnis nach Schlaf war schier übermächtig. Manchmal – selten – schien Ramiro besorgt: Dann setzte er sich zu mir, legte die Hand auf meine Stirn und sagte mir zärtliche Worte. Manchmal – meistens – war er unaufmerksam, kam er mir abhanden. Er beachtete mich gar nicht, er entglitt mir.
    Ich hörte auf, ihn bei seinen nächtlichen Unternehmungen zu begleiten, ich hatte kaum genug

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