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Das Echo der Traeume

Das Echo der Traeume

Titel: Das Echo der Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Duenas
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es, sich in jener furchtbaren Zeit über Wasser zu halten? Diese Fragen, auf die ich keine Antwort fand, gingen mir ständig durch den Kopf und ließen mich von Tag zu Tag unruhiger werden. Die Umgebung trug wenig dazu bei, sich seinen Optimismus zu bewahren: nur wenig Vorfreude auf die Feiertage war zu spüren, obwohl die Geschäfte ein bisschen geschmückt waren, die Menschen sich gegenseitig frohe Weihnachten wünschten und die Kinder aus den Nachbarwohnungen Weihnachtslieder trällerten, wenn sie die Treppe hinuntersprangen. Das Wissen um die schrecklichen Ereignisse in Spanien lastete so schwer auf der Seele, dass eigentlich niemand in Feierstimmung war.
    Kurz nach acht Uhr abends traf ich in der Pension ein. Unterwegs war ich kaum einem Menschen begegnet. Candelaria hatte zwei Puten gebraten – mit den ersten Einnahmen aus dem neuen Geschäft hatte ein gewisser Wohlstand in ihrer Speisekammer Einzug gehalten. Mitgebracht hatte ich zwei Flaschen Perlwein und einen Käselaib aus Holland, den ich für teures Geld in Tanger besorgt hatte. Ich fand die Pensionsgäste zermürbt, verbittert und zutiefst traurig vor. Die Hausherrin bemühte sich nach Kräften, die Stimmung der Gemeinde zu heben, indem sie lauthals und mit hochgekrempelten Ärmeln sang, während sie das Abendessen fertig zubereitete.
    » Hier bin ich, Candelaria«, verkündete ich beim Betreten der Küche.
    Sie hörte auf zu singen, und die Hand, mit der sie in der Kasserolle rührte, hielt inne.
    » Ja, was ist denn mit dir los, wenn man fragen darf? Du machst ein Gesicht, als wollte man dich zur Schlachtbank schleifen!«
    » Nichts, was soll schon sein?«, erwiderte ich und wich ihrem Blick aus. Stattdessen sah ich mich nach einem Platz um, wo ich die Flaschen abstellen konnte.
    Sie wischte sich die Hände an einem Lappen ab, packte mich am Arm und zwang mich auf diese Weise, mich zu ihr umzudrehen.
    » Mir machst du nichts vor, Mädchen. Es ist wegen deiner Mutter, oder?«
    Ich sah sie weder an, noch gab ich eine Antwort.
    » Das erste Weihnachten allein, ohne die Familie, ist wirklich jämmerlich, aber da hilft alles nichts, meine Kleine. Ich weiß noch gut, wie es bei mir zu Hause war, und wir waren wirklich bettelarm und haben fast den ganzen Abend Flamenco getanzt, dazu gesungen und den Rhythmus geklatscht, denn zum Futtern gab es ja kaum etwas. Trotz allem, Blut ist dicker als Wasser, auch wenn es in deiner Familie nicht mehr zu verteilen gab als Mühen und Sorgen.«
    Ich mied ihren Blick nach wie vor und tat, als wäre ich ganz damit beschäftigt, auf dem voll zugestellten Tisch einen Platz für meine zwei Weinflaschen zu finden. Ein Mörser stand da, ein Topf mit Suppe und eine Schüssel mit Vanillecreme. Eine Platte voller Oliven, drei Knoblauchknollen, ein Lorbeerzweig. Candelaria redete weiter, verständnisvoll und überzeugend.
    » Aber die Zeit heilt alle Wunden, du wirst sehen. Deiner Mutter geht es bestimmt gut, sie isst heute bei den Nachbarn zu Abend, und auch wenn sie an dich denkt und dich vermisst, so wird sie doch froh sein, dass wenigstens du nicht mehr in Madrid bist, sondern weit fort vom Krieg.«
    Vielleicht hatte Candelaria recht, und meine Mutter fand es tatsächlich eher tröstlich als schmerzlich, dass ich nicht bei ihr war. Vielleicht glaubte sie mich noch mit Ramiro in Tanger, vielleicht stellte sie sich vor, dass wir an Heiligabend in einem Luxushotel speisten, umgeben von Ausländern, die zwischen den einzelnen Gängen unbekümmert das Tanzbein schwangen und von dem Leid jenseits der Meerenge nichts wussten. Ich hatte sie zwar in einem Brief über meine derzeitigen Lebensumstände informiert, doch jeder wusste, dass die Post aus Marokko nicht nach Madrid durchkam, dass die Briefe Tetuán wahrscheinlich gar nicht verlassen hatten.
    » Vielleicht haben Sie recht«, murmelte ich vor mich hin. Noch immer hielt ich die Weinflaschen in der Hand, während ich auf den Tisch starrte, ohne einen Platz für sie zu finden. Candelaria anzusehen fehlte mir der Mut, denn ich fürchtete, die Tränen nicht mehr zurückhalten zu können.
    » Aber gewiss doch, Mädchen, mach dir deswegen keinen Kopf. Sosehr deine Abwesenheit sie schmerzen mag: Das Wissen, dass ihre Tochter weit weg ist von Bomben und Maschinengewehren, ist Grund genug, um zufrieden zu sein. Also, sei fröhlich!«, rief sie und riss mir eine der Flaschen aus der Hand. » Gleich werden wir in Stimmung kommen, wirst schon sehen, Herzchen.« Sie entkorkte die Flasche,

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