Das Echo Labyrinth 01 - Der Fremdling
Ordens auswies - hackte sich damals freiwillig die Linke ab und fing an, mit der amputierten Hand unglaubliche Tricks zu vollführen. Am Ende erschien seine ehemalige Linke inmitten eines leuchtenden Eiskristalls, was mich zusammenzucken ließ.
Juffin erklärte mir, so habe der frischgebackene Invalide Zugang zu unerschöpflichen Quellen wundersamer Energie erlangt; das eiskalte Gliedmaß funktioniere seither wie eine einzigartige Pumpe, die ihrem ehemaligen Besitzer ständig seltsame Kräfte liefere, die in seinem Beruf wohl notwendig seien.
»Hat er das gebraucht?«, wunderte ich mich naiv.
»Aus Gier nach Kraft und Macht sind viele Menschen bereit, alles zu tun!«, erklärte Juffin und zuckte gleichgültig die Achseln. »Wir beide haben mehr Glück, denn wir leben in einer vernünftigeren Zeit. Die Opposition beklagt sich zwar ständig über die Tyrannei des Königs und der Siebenblätter, hat anscheinend aber vergessen, was die Tyrannei einiger Dutzend mächtiger magischer Orden bedeutet - auch wenn keiner dieser Orden Reisende bespitzelt oder Bedürftigen lasterhafte Ambitionen verwehrt.«
»Wieso haben die Orden die Welt damals eigentlich nicht in Fetzen gerissen?«
»Sie waren nah dran, Max, ganz nah dran. Wir werden darüber noch ausführlich reden. Heute Nacht soll es aber allein darum gehen, dir zu zeigen, wie du arbeiten sollst. Also nimm die Tasse weg ...«
Alles lief zu gut, um von Dauer zu sein. Die Idylle endete am dritten Tag, als Kimpa meldete, Sir Makluk sei gekommen.
»Merkwürdig«, meinte Juffin. »Seit zehn Jahren sind wir Nachbarn, aber erst jetzt würdigt er mich eines Besuchs. Mein Gefühl sagt mir, dass Arbeit auf mich zukommt.«
Damit hatte er richtig gelegen.
»Ich wollte nicht per Stummer Rede mit Ihnen in Kontakt treten, denn ich bin in Bedrängnis und möchte Sie um einen großen Gefallen bitten«, rief Makluk schon am Eingang. Die eine Hand hielt er vor die Brust, mit der anderen gestikulierte er wild umher. »Ich bitte um Verzeihung, Sir Juffin, aber ich brauche dringend Ihre Hilfe.«
Die beiden schauten sich lange an. Offenbar benutzte der Alte jetzt Stumme Rede. Nach einiger Zeit wurde die Miene von Sir Juffin traurig. Makluk zuckte schuldbewusst die Achseln.
»Gehen wir«, sagte Juffin und stand auf. »Max, du kommst mit. Du brauchst dich nicht herauszuputzen - es ist dienstlich.«
Zum ersten Mal sah ich Sir Juffin im Einsatz. Das Tempo, in dem er die Wiese querte, lag über der Höchstgeschwindigkeit seines A-Mobils. Ich kümmerte mich derweil um Sir Makluk, der sich ohne seine Sänftenträger offenbar unwohl fühlte. Wir legten den Weg in normalem Tempo zurück, und das war für seine schwachen Knie genau das Richtige. Makluk ließ sich dazu herab, mir - dem intelligenten Barbaren - unterwegs eine Kurzfassung des Geschehenen zu geben. Wie mir schien, wollte er sich dadurch vor allem ablenken.
»Ich habe einen Diener, vielmehr: Ich hatte ihn. Sein Name war Krops Kulli. Ein guter Junge, den ich demnächst - also in fünfzehn bis zwanzig Jahren - bei Hof unterbringen wollte, nachdem er bei mir ein wenig Schliff und Erfahrung erworben hätte, weil man ja ohne ... Aber zur Sache: Vor ein paar Tagen ist er einfach verschwunden. Er hat eine Freundin am Rechten Flussufer. Man ist nur einmal jung, dachten seine Kollegen natürlich und alarmierten mich nicht. Wissen Sie - auch das einfache Volk ist imstande, edel zu handeln und gewisse Geheimnisse zu bewahren. Erst heute habe ich von dem Vorfall erfahren, weil Linus, seine Freundin, meinen Koch auf dem Markt getroffen und mit Fragen gelöchert hat, warum Krops sich bei ihr so lange nicht habe blicken lassen. Er habe doch sicher manchmal einen freien Tag? Gleich gerieten alle in heftige Erregung. Wo und warum mochte Krops Kulli verschwunden sein? Vor einer halben Stunde dann begannen Maddi und Schuwisch, das Zimmer von Sir Makluk-Olli, meinem verstorbenen Cousin, aufzuräumen. Ja, Sir Max, ich hatte einen Cousin, eine echte Nervensäge, unter uns gesagt. Zehn Jahre lang hatte er vor zu sterben, und vorletztes Jahr hat er es endlich getan, übrigens gleich nach dem Tag der Fremden Götter. Ach, ja. Und dort im Zimmer fanden sie den armen Herrn Kulli. In einem Zustand ...« Sir Makluk zuckte so gereizt die Achseln, als wollte er zum Ausdruck bringen, ein solches Versagen habe er vom armen Krops Kulli nie erwartet, nicht einmal im Tod.
In diesem Augenblick gelangten wir an eine kleine Tür, die der normale Eingang in Makluks
Weitere Kostenlose Bücher