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Das Echo Labyrinth 01 - Der Fremdling

Titel: Das Echo Labyrinth 01 - Der Fremdling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Frei
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froh, dass ich in der Klemme saß. Aber dort, wohin ich sie geschickt habe, geht es ihnen auch nicht besser.«
    Erstaunt stellte ich fest, dass dieser zielstrebige Mann unerschütterlich von der Richtigkeit seiner Taten überzeugt war. Er war also doch besessen - genau wie Sir Maba Kaloch gesagt hatte.
    »Kela hat mir versprochen, ich würde hier Sterbehilfe bekommen«, meldete sich der Fremde unerwartet wieder zu Wort. »Wie ist es jetzt? Willst du mir helfen?«
    »Wer ist eigentlich Kela?«, erkundigte ich mich.
    »Der Straßenbahnfahrer. Ich kenne ihn zwar nicht näher, doch er hat mir versichert, hier wäre alles bald vorbei. Er hat mich eigentlich selber töten wollen, es sich dann aber anders überlegt und gesagt, das würden andere tun. Kela ist mein Freund. Als Kind hatte ich auch nur einen, aber dem hab ich den Hund getötet. Doch Kela ist mein allerbester Freund«, sagte er, versuchte aufzustehen und sah mich dabei weder ängstlich noch freundlich an. »Dein Gesicht kenn ich doch! Dich hab ich doch schon irgendwo gesehen! Damals hast du allerdings noch nicht diesen Kittel getragen. Richtig - ich hab dich im Traum gesehen! Genau!«
    Seine Kräfte verließen ihn. Er schloss die Augen und schwieg.
    »Wo will er mich gesehen haben?«, fragte ich erstaunt.
    »Das spielt jetzt keine Rolle«, murmelte Sir Kofa. »Merkst du nicht, dass mit ihm etwas passiert, was wir nicht begreifen? Es gibt langsam keine Hoffnung mehr.«
    »Alles halb so schlimm, Kofa. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt«, meldete sich Juffin heiter zu Wort, wandte sich dann an mich und meinte: »Er hat dich im Traum gesehen - wo denn sonst? Ob es dir gefällt oder nicht: Zwischen euch existiert eine feste Verbindung. Eine gefährliche Verbindung, würde ich sagen. Und das ist das Problem, Max. Es tut mir leid, aber du wirst ihn wohl umbringen müssen.«
    »Was!?«
    Ich war schockiert und wollte meinen Ohren nicht trauen. Die Welt ringsum geriet ins Rutschen - wie ein Sandhaufen, an dem der Bagger nagt.
    »Warum soll ich ihn denn umbringen, Juffin? Die Todesstrafe ist doch längst abgeschafft. Das haben Sie mir selbst erzählt. Außerdem lebt er sowieso nicht mehr lange.«
    »Darum geht es nicht. Sondern um dich. Dieser Fremdling hat deinen Eingang zu unserer Welt benutzt. Ich kann dir hier und jetzt nicht alles erklären, aber eins sollst du wissen: Wenn dieser Mensch eines natürlichen Todes stirbt, wird er für dich eine neue Tür zu unserer Welt öffnen. Diese Tür wird irgendwo auf dich warten. Niemand weiß, wie sie aussehen wird, und du hast zu wenig Erfahrung, um die Gefahr rechtzeitig zu erkennen. Hinter dieser Tür zu unserer Welt jedenfalls wird der Tod auf dich warten, weil auch er hierherkommen will. Nur indem du deinen Landsmann tötest, zerstörst du diese sinnlose, dumme, nicht von dir gewollte Schicksalsverbindung. Und denk daran: Du hast keine Zeit zum Überlegen. Er stirbt. Also ...«
    »Verstanden, Juffin«, sagte ich nickend. »Sie haben recht.«
    Die Welt um mich herum erzitterte, verlor ihre Stabilität und zerstob in Millionen kleiner Funken. Alles ringsum wurde leuchtend und trüb zugleich, und ich sah tatsächlich, nein, ich fühlte einen Korridor, der mich mit dem Besessenen verband. Ich zweifelte sehr daran, dass wir zwei voneinander getrennte Wesen waren. Wir schienen siamesische Zwillinge zu sein, wie sie auf dem Jahrmarkt von Schaulustigen begafft werden. Es gab nur einen Unterschied: Uns verband nichts Körperliches, sondern ein für andere unsichtbarer spiritueller Bezug. Das hatte ich zwar nicht von Anfang an gewusst, doch kaum war ich mir die Hände waschen gegangen - als ob mir das hätte helfen können! war es mir aufgefallen. Dann hatte ich dieses gruselige Wissen verdrängt, bis Juffin es schließlich ausgesprochen hatte.
    Ich fiel neben meinem schrecklichen Zwilling auf die Knie, zog das hübsche Küchenmesser - Edelstahl, rostfrei - aus der Innentasche seines Mantels und stach es ihm in den Solarplexus, ohne mir weiter Gedanken zu machen.
    Eigentlich war ich nicht stark - eher im Gegenteil -, doch dieser Vorfall ließ mich meine Kräfte neu beurteilen, denn das Messer fuhr ihm in den Leib wie in ein Stück Butter.
    »Du hast es geschafft, mein Freund«, röchelte der Fremdling.
    Seine letzten Worte waren vernünftiger, als der Ablauf dieses merkwürdigen Tages hätte erwarten lassen. Ich ging mir erneut die Hände waschen. Nur so konnte ich mich für meine Tapferkeit belohnen.
    Als ich an den Ort

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