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Das Echo Labyrinth 01 - Der Fremdling

Titel: Das Echo Labyrinth 01 - Der Fremdling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Frei
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schmerzlos gewesen war.
    »Juffin«, fragte ich in die klirrende Stille, »ist überhaupt noch etwas vom Ehepaar En übrig? Ich meine, eine Seele ... oder wie immer man das nennen mag.«
    »Das weiß niemand, Max!«
    Er zog mir blitzschnell die Knie weg, und ich stürzte zu Boden. Noch im Fallen begriff ich, dass etwas mit meinem Genick nicht stimmte. Ich spürte einen stechenden Schmerz im Nacken. Dann lief eine Kältewelle über meinen Hals. Ich schrie und stieß dabei anscheinend einen Fluch aus.
    Nach ein paar Sekunden der Ohnmacht merkte ich, dass ich noch am Leben war - ein starker Schmerz im rechten Knie und am Kinn war dafür Beweis genug. Mein Nacken war ganz starr - als habe ich eine Novocain-Spritze bekommen. Etwas Warmes lief an meinem Hals herunter. »Wenn das Blut ist, dann verzeih mir, lieber Lochimantel«, dachte ich finster.
    Am Hinterkopf spürte ich eine warme Hand. Sehr angenehm. Mir wurde immer blümeranter, und ich driftete Richtung Nirwana, doch dieser Zustand hielt nicht lange an.
    Als ich die Augen wieder öffnete, war meine Lage vielleicht nicht ideal, aber durchaus erträglich. Knie und Kinn meldeten, dass sie sich zwar gemein benommen hatten, sich nun aber bessern würden. Auch Hals und Nacken gaben mir keinen Anlass zur Besorgnis mehr. Fieberhaft suchte Sir Juffin mit blutbespritzten Händen nach einem Handtuch.
    »Nehmen Sie einen Vorhang«, sagte ich mit eigenartig heller Stimme. »Die Besitzer des Hauses haben sicher nichts dagegen.«
    »Du bist wirklich ein kluger Kopf, Max! Was würde ich nur ohne dich anfangen?«
    »Sie hätten ruhig in Ihrem Büro bleiben und Kamra trinken können. Dann hätten Sie sich diese Szene erspart. Was war das eigentlich, Juffin?«
    »Eine ausführliche praktische Antwort auf einige theoretische Fragen, mit denen sich kluge Köpfe an der Universität beschäftigen. Aber schau selbst. Und hab keine Angst, den Kopf zu drehen. Ich hab deine Wunden gestillt. Deine Verletzungen waren ohnehin nicht spektakulär! Mit einem Wort: Dir wird der Kopf nicht vom Hals fallen. Und sollte er es doch tun, hab keine Angst - ich kann dir einen neuen annähen, der besser ist als der alte.«
    »Sehr witzig! Und wo ist Ihre ausführliche Erklärung?«
    »Hier, Sir Max!«, rief Lonely-Lokley. Er hockte neben mir und zeigte mir zwei kleine Gegenstände, die er in der rechten, also weniger gefährlichen Hand hielt. Es handelte sich um eine in der Mitte durchgebrochene Figur - genauer gesagt um eine kleine, füllige Frau, die einen Dreizack in der Hand hielt. Ihr Gesicht war nicht hübsch, aber voll bedrohlicher Kraft, was ihre Züge unvergesslich machte.
    »Sündige Magister! Was ist denn das?«
    »Eins der vielen Meisterwerke vom Anfang der Ordensepoche«, erklärte Lonely-Lokley. »Ein Amulett, das dieses Haus schützen sollte.«
    »Eine herrliche Figur!«, seufzte Juffin. »Ich glaube, das Gespenst von Lady Feni hat sie irgendwo erworben, wo es nichts unter dreihundert Kronen zu kaufen gibt. Sie muss von einem begnadeten Künstler stammen, sündige Magister! Die Vampire sollen ihm die Ohren abbeißen!«
    »Wirklich nicht schlecht«, stimmte ich zu. »Was für ein ausdrucksstarkes Gesicht! Ob das ein magisches Requisit war?«
    »Na ja, zu ihrer Zeit hat diese Dame das Haus aufs Beste vor Dieben und unerwünschten Gästen geschützt. Und vor bewaffneten Widerlingen. Alles ist gut, sofern so ein Amulett in ein normales Haus gelangt, wo gewöhnliche Leute wohnen. In einem Haus aber, in dem ein Fetan lebt, kann mit so einem Amulett alles Mögliche passieren. Diese einfache Wahrheit haben oberschlaue Wissenschaftler ab und an bezweifelt. Doch es ist und bleibt Tatsache: Wenn ein Amulett sich gegen dich kehrt, bist du erledigt. Das nenne ich eine ausführliche Antwort auf manch theoretische Überlegung. Übrigens hätte ich nicht bloß mit ansehen dürfen, wie dich in dieser Wohnung die Kräfte verließen. Hätte ich mich mit dir unterhalten, wäre dein Nacken heil geblieben - und deine Nerven natürlich auch. Also gut, gehen wir. Im Haus an der Brücke ist es angenehmer. Vielleicht brauchst du Urlaub? Schließlich bist du verletzt, wenn auch nicht besonders schlimm.«
    »Urlaub? Sie wollen ja bloß ohne mich Piroggen essen und die ganze Sache ungestört besprechen! Wenn Sie mich loswerden wollen, müssen Sie mich umbringen. Anders geht's nicht!«
    »Deine Neugier und deine Verfressenheit verhindern immer wieder, dass du dich bei der Arbeit wirklich verausgabst«, lächelte Juffin.

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