Das Echo Labyrinth 01 - Der Fremdling
beinahe zu einer Heldentat aufgerafft hätte. Ich beugte mich vor, packte eins der kleinen, eleganten Beine des Geschöpfs, stöhnte leise vor Angst und schleuderte das Wesen mit aller Kraft aufs Straßenpflaster. Gleich zerbrach die Puppe in tausend Stücke.
»Geht man so in den Leeren Ländern mit ungehorsamen Jungs um?«, fragte Melifaro mit spöttischer Ehrerbietung. »Schauen wir mal, wen wir noch fertigmachen können. Na los!«
Aber wir kamen nicht weit. Kaum hatten wir begonnen, uns das Stadtviertel vorzuknöpfen, trafen wir schon auf Sir Lonely-Lokley, der ein wenig müde und sehr friedlich gestimmt war. Sein schneeweißer Lochimantel sah tadellos aus.
»Das war's schon«, verkündete er. »Ich hab die Polizisten gerade angewiesen, die Anwohner zu beruhigen. Es gibt keine Puppen mehr.«
»Wirklich nicht?«, hätte ich ihn beinahe gefragt, konnte mich aber gerade noch rechtzeitig bremsen. Wenn Schürf Lonely-Lokley so etwas sagte, dann war es auch so. Höchste Zeit, dass ich mir das endlich merkte.
»Ausgezeichnet. Vielen Dank für Ihre schnelle Hilfe, Sir Schürf. Ich freue mich schon seit anderthalb Stunden auf eine Tasse Kamra«, gähnte Juffin.
»Deshalb hab ich mich ja so beeilt, Sir«, versetzte Schürf.
Hätte ich Lonely-Lokley weniger gut gekannt, hätte ich schwören können, er habe das ironisch gemeint.
Wir gingen zu unserem A-Mobil. Unterwegs vernahmen wir ein exaltiertes Gebrüll, das mir bekannt vorkam.
»So ein Schreihals gehört in den Schweinestall!«, rief Sir Juffin.
»Was ist denn los? Hat Bubuta sich etwa entschlossen, die Aktion zu übernehmen?«, wunderte ich mich.
»Natürlich«, meinte Juffin und loderte vor Zorn. »Schließlich geht es um etwas Wichtiges! Um die Wiederherstellung von Sicherheit und Ordnung und so weiter. Du glaubst doch wohl nicht, Bubuta ließe sich eine Gelegenheit entgehen zu glänzen! Gönn es ihm, das Schwert zu zücken und damit herumzufuchteln! Das ist schließlich alles, was er kann. Schade, dass er die Leitung übernimmt! Wenigstens hat ihn eine Puppe gebissen!«
»Nein, Sir«, meinte Lonely-Lokley melancholisch, »das war keine Puppe. Mit General Bubuta Boch ist auch Kapitän Fuflos gekommen. Wie alle wissen, ist er ein sehr gehorsamer Soldat. Wenn er den Befehl bekäme, um die Ecke zu schießen, täte er sogar das.«
Juffin und Melifaro tauschten einen Blick und lächelten kurz.
»Kapitän Fuflos ist der schlechteste Schütze weit und breit«, erklärte mir Juffin mit halbem Lächeln. »Wenn er sich auf den Boden wirft, springt sein Gewehr in den Himmel.«
Nach dieser Bemerkung wandte er sich an Lonely- Lokley. »Was ist eigentlich genau passiert?«
»Die Schüsse von Kapitän Fuflos sind von der Mauer abgeprallt und haben General Bubuta Boch verletzt. Die Wunde ist zwar nicht gefährlich, aber äußerst lästig. Ich fürchte, er wird in nächster Zeit Probleme haben, sich zu setzen.«
Kaum hatte ich das gehört, fiel ich ins Lachen meiner Kollegen ein.
Als ich wieder am Steuer des A-Mobils saß, wurde mir klar, dass auch ich endlich eine Tasse Kamra trinken wollte. Also raste ich noch schneller als sonst zum Haus an der Brücke zurück. Der Wagen flog beinahe über die Straße.
Wenn es einen gab, dem die Fahrt außer mir noch Spaß gemacht hat, dann Melifaro. Jedenfalls musste ich ihm versprechen, ihm in unserer Freizeit Einblick ins Geheimnis der Geschwindigkeit zu gewähren. Doch was für ein Geheimnis sollte das überhaupt sein?
Ich bin vielleicht gut! Da lache ich über Kapitän Fuflos und kann selbst kein Gewehr bedienen, dachte ich plötzlich. Ich weiß nicht mal, wie es überhaupt funktioniert.
Juffin hatte meinen inneren Monolog gehört und beruhigte mich per Stummer Rede: »Wenn du willst, kannst du den Umgang mit dem Gewehr nach der Arbeit ein wenig üben. Aber vergiss nicht, dass wir vom Geheimen Suchtrupp den Umgang mit diesem Gerümpel für unter unserer Würde halten. Bei diesem Tempo solltest du allerdings vor allem auf den Weg achten, kapiert?«
Im Haus an der Brücke erwartete uns eine überaus angenehme Überraschung. Im Saal der allgemeinen Arbeit thronte die zerstreute, aber glückliche Lady Melamori.
Vor ihr lag ein weißblonder Hüne, dessen muskulösen Hals sie mit energisch aufgestützten Füßen auf die zerkratzten Treppenstufen drückte. Sein Gesicht war vor Atemnot puterrot angelaufen. Wäre ich. Schnellrichter gewesen, hätte ich entschieden, diese peinigende Lage sei für den armen Mann Strafe
Weitere Kostenlose Bücher