Das Echo Labyrinth 01 - Der Fremdling
Ab und an erstellen wir eine Liste der zwölf cleversten Polizisten, um zu wissen, mit wem sich am besten Zusammenarbeiten lässt. In Wirklichkeit arbeiten bei der Stadtpolizei viele vernünftige und gute Leute, aber mit Chefs wie Bubuta und Fuflos werden sie alle schnell zum Gegenstand des Spotts. Die Jungs sind glücklich, wenn sie es geschafft haben, in unserem Weißen Blättchen zu stehen. Das freut sie mehr als ein Lob des Königs. Auch weil selbst General Bubuta so ein Lob - wie es seinem Dienstgrad entspricht - einmal im Jahr bekommt. Aber wie ich sehe, hast du mich bereits verstanden.«
Und wie ich ihn verstanden hatte! Und ich war begeistert von dieser Idee.
Sogar Lonely-Lokley lebte auf: »Dieses Weiße Blättchen erleichtert unsere Arbeit sehr, Sir Max«, sagte er belehrend.
»Sir Schürf gehört zu unseren wichtigsten Listenschreibern«, lächelte Juffin. »Da kommt ja unsere Kamra.«
Der Krug war vor lauter Süßigkeiten, die Sir Juffin ebenfalls im Fressfass bestellt hatte, kaum sichtbar. Kaum war die Stärkung angekommen, kehrte auch Melifaro zurück. Er hatte einen Schwung Tafeln dabei, die sich von selbst beschriftet hatten, sprang über die Armlehne und warf sich in seinen Sessel. Erst nahm er eine Pirogge, schob sie im Ganzen in den Mund und sah dabei wie der Vogel Kurusch aus - zerzaust und schmutzig, aber glücklich. Dann trank er seinen Becher auf einen Zug leer und vertiefte sich schließlich in seine Tafeln. Ein, zwei Minuten lang - für seine Verhältnisse also eine halbe Ewigkeit - studierte er sie aufmerksam. Dann sprang er kurz auf, um sich eine zweite Pirogge zu nehmen, und setzte mit vollem Mund zu einer feierlichen Erklärung an. Nach ein paar Sekunden war er schon besser zu verstehen.
»Das hatte ich mir schon gedacht! Bei allen anderen wurde auch eine Puppe gestohlen! Und natürlich jede Menge Schmuck. Das Wichtigste ist aber, dass in jedem Inventar gestohlener Sachen eine Puppe auftaucht. Interessant! Ach, Lady Melamori! Wie es scheint, habe ich Ihnen einen Knüppel zwischen die Beine geworfen. Aber das geschieht Ihnen recht. Der Zorn verschmähter Männer ist furchtbar. Na ja, wo hab ich die Puppe eigentlich gekauft? An irgendeinem kleinen Stand auf dem Flohmarkt. Wo genau, ist nicht so wichtig, denn ich lasse dort sowieso alles auf den Kopf stellen!«
»Warte lieber noch etwas damit«, mischte sich Sir Kofa ein. »Sag mir besser, um welche Art Puppen es sich handelt. Wie hat Ihre Puppe ausgesehen, Lady Melamori?«
»Wie ein Junge von zwölf Jahren, nur viel kleiner. Sie hat ein sehr hübsches Gesicht, und ihre Hände sind erstaunlich gut geschnitzt. Ich habe sie oft und lange betrachtet. Sie hat lange dünne Finger und sogar Handlinien und trägt eine ausländische Tracht aus teurem Stoff.
Leider weiß ich nicht, um welche Tracht es sich da handelt. Und einen langen Mantel hat sie an, der unserem Lochi ähnelt. Die Puppe war immer lauwarm - fast wie ein Mensch. Ich hatte ein wenig Angst vor ihr. Deshalb hab ich sie im Wohnzimmer gelassen, obwohl sie normalerweise eher ins Schlafzimmer gesetzt wird.«
»Das reicht! Du brauchst nicht auf den Flohmarkt zu fahren, Melifaro, sondern kannst in Ruhe weiteressen. Ich gehe jede Wette ein, dass es in Echo nur einen gibt, der solche Puppen schnitzen kann: Dschuba Tschebobargo. Dieser Mann hat Zauberhände!«
»Na schön«, murmelte Juffin. »Dann habt ihr drei ja heute Abend was zu tun. Max und ich ziehen derweil mit Sir Schürf los, um jemanden kennen zu lernen, und zwar ... Was, zum Kuckuck, ist denn jetzt wieder los, Junge?« Diese Frage war an einen zu Tode erschrockenen Boten gerichtet, der in Juffins Büro gekommen war, ohne anzuklopfen.
»Es ist etwas Schreckliches passiert!«, rief der Kurier aufgebracht. »In der Straße der alten Münzen! Jemand ist totgebissen worden!«
»Und so was hältst du für eilig?« Juffin nickte phlegmatisch. »Tritt näher, Freund. Warum zitterst du denn so? Hast du noch nie ein Unheil erlebt? Bist du etwa neu hier?«
Der Bote nickte vorsichtig und verschwand im Halbdunkel des Korridors.
»Also los, Jungs«, seufzte Juffin. »Ich weiß nicht, wie und warum da jemand totgebissen wurde. Ich weiß nur, dass bei solchen Ereignissen besondere Kräfte im Spiel sind. Und nur wegen dir, Sir Melifaro, wegen deiner Fresssucht hat diese Show ohne uns begonnen. Na schön, wir stecken alle bis zum Hals in Arbeit. Man sieht sich.« Mit diesen Worten wandte er sich an mich. »Und du? Warum machst du es dir
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