Das Echo Labyrinth 01 - Der Fremdling
noch immer bequem? Auf geht's!«
Kurze Zeit war ich wie erstarrt und danach noch immer sehr kraftlos. Nur mit knapper Mühe konnte ich aufstehen und zum A-Mobil gehen.
Mehr als alles andere wollte ich erklärt bekommen, was mir da eben widerfahren war, doch Juffin schien selbst nicht zu wissen, was los gewesen war.
»Du hast dich wunderbar gehalten, Max, und mir die Möglichkeit gegeben, das Geschöpf zu untersuchen. Ich war fest überzeugt, es wäre nicht imstande, bei helllichtem Tage Leute anzufallen. Übrigens, Schürf - diese Gefahr muss unbedingt gebannt werden. Kümmere dich darum. Wir unterstützen dich dabei. Alles klar?«
»Alles klar, Sir«, nickte Lonely-Lokley und blickte dabei so begeistert drein, als habe man ihm befohlen, seine Wohnung zu putzen.
»Weißt du, was dir widerfahren ist, Max? Du verdankst deine Erstarrung den Überresten deines Nachbarn, also Sir Tolakan En persönlich - aber was heißt schon »persönlich«? Von dem armen Kerl ist ohnehin fast nichts übrig geblieben.«
»Inwiefern verdanke ich ihm meine Erstarrung?«
»Ich glaube, es war sehr dumm von ihm, in das Haus neben dir zu ziehen. Dort wohnt ein Fetan, das ist völlig klar.«
»Ein Fetanl?«
»Ach, auch davon weißt du nichts! Na ja, Fetane sind die Geister der Bewohner einer anderen Welt. Sie kommen körperlos, um uns bestimmte Dinge zu vermitteln. In der Epoche der Orden tauchten solche Geschöpfe nur selten auf. Sie sind nicht nur nützlich, sondern können auch gefährlich sein. Je länger ein Fetan lebt, desto mehr magische Kraft besitzt er. Früher oder später rebelliert er gegen den Magier, der ihn gerufen hat, und ergreift nicht selten von seinem Körper Besitz. So ein Fetan, musst du wissen, sehnt sich danach, einen Körper zu haben, und wenn er ihn hat, braucht er was zu essen. Es ist nicht allzu kompliziert, einen Fetan zu vernichten - davon wirst du dich bald überzeugen können. Doch es ist praktisch unmöglich, seine Existenz nachzuweisen. Fetane umgeben sich mit einer unsichtbaren, aber undurchdringlichen Schutzhülle. Ihr Hauptziel ist es, für andere unauffällig zu bleiben, und ihre Schutzzone verhindert, dass man ihre Existenz überhaupt bemerkt. Sollte jemand aber auf einen Fetan stoßen, kann er von seiner Entdeckung nicht mehr erzählen. Der Fetan ernährt sich nämlich von fremden Schläfern, und wenn diese Leute erwachen - vorausgesetzt, sie erwachen überhaupt noch mal -, können sie sich an nichts erinnern. Mit dir hatten wir wirklich Glück, Max. Später erkläre ich dir, warum. Aber eins bestürzt mich: Warum hat ein Fetan begonnen, nicht nur Schläfer, sondern auch wache Menschen anzufallen? Von so einem Fall habe ich noch nie gehört. Aber das bekommen wir auch noch heraus.«
»Und wenn der Fetan uns entkommen ist?«, fragte ich schroff. »Wie können wir ihn dann ausfindig machen?«
»Dass er entkommen kann, ist ausgeschlossen, Max, völlig ausgeschlossen. Ein Fetan kann sein Haus nämlich nicht verlassen. Das ist ein Naturgesetz. Manche Magier hatten den Mut, mit einem Fetan Geschäfte zu machen - nach dem Motto: Solange er mir den Kopf nicht abgebissen hat, kann ich mich ja davonmachen und das Haus mit seinem geheimnisvollen Mieter Weiterverkäufen - sollen doch andere die Suppe auslöffeln!«
»Wie konnte Lady Feni denn dann einkaufen gehen, wenn ...«
»Gute Frage, mein Junge! Ich vermute, wenn ein Fetan zwei Körper zur Verfügung hat, kann er einem ab und an ein wenig Freiheit geben - natürlich nur für kurze Zeit. Aber ich bin fest überzeugt, dass Lady Feni nicht selbst einkaufen war, sondern nur eine klägliche Erinnerung an sie, die extra für diese Tätigkeit programmiert wurde. Diese Tarnung war sehr erfolgreich. Kein Wunder - Fetane sind ja Meister der Tarnung. Aber wir sind da! Lass uns aussteigen.«
Wir ließen das A-Mobil vor meinem Haus stehen. Inzwischen war auf der Straße der alten Münzen ziemlich viel los. Ein paar Mitarbeiter der Stadtpolizei, sechs Anwohner und ein Haufen tief erschütterter Schaulustiger, die aus dem Gesättigten Skelett gekommen waren, hatten einen Kreis um das Opfer gebildet, um eine Frau mittleren Alters also, die sehr einfach gekleidet und deren Kopf beinahe vom Rumpf abgetrennt war. In der Nähe lag ein Korb mit Nüssen. Die zerstreuten Nüsse erinnerten mich an den dünnen Sandpfad, der im Traum zwischen meinem Haus und dem Haus nebenan durch die Luft geführt hatte.
Sir Juffins Stimme, die von den Polizisten Erklärungen einforderte,
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