Das Echo Labyrinth 05 - Einfache Zauberdinge
der Atemgymnastik, die man jeden Tag und nicht nur alle zwei Wochen treiben solle. Damit wäre ich völlig einverstanden gewesen, doch er schwieg gutmütig, denn mein Gesicht war die Reue selbst.
»Vielen Dank für dein Buch, Max«, sagte er sanft. »Ich hoffe, du nimmst es mir nicht übel, wenn ich jetzt nach Hause fahre. Ich habe große Pläne für heute Abend.« Er schwenkte mein Geschenk bedeutungsschwer hin und her.
»Hast du mich je beleidigt erlebt?«, fragte ich lächelnd.
»Eigentlich nicht«, räumte Schürf ein, verbeugte sich höflich vor Techi und wandte sich an Ande. »Kommen Sie morgen in den Gehörnten Mond?«
»Natürlich«, sagte der Journalist und nickte eifrig.
»Dann sehen wir uns dort, falls sich meine Pläne nicht ändern«, sagte Lonely-Lokley und verließ das Lokal.
Ich starrte Ande verständnislos an. »Was hast du denn mit Schürf vor, Freundchen? Von welchem Gehörnten Mond war da die Rede? Und warum weiß ich nichts davon? «
»Es handelt sich um das Zentrum der Poesie im Vereinigten Königreich«, antwortete Ande etwas hochnäsig. »Um den einzigen Ort in diesem schrecklichen Land, an dem man die Dichter schon zu Lebzeiten zu schätzen weiß.«
»Ist das ein echter Dichterklub?«, fragte ich begeistert. »Warum hast du mir nie davon erzählt?«
»Woher hätte ich wissen sollen, dass du dich für so was interessierst? Ich dachte immer, dir seien die Dichter - ob tot oder lebendig - herzlich egal. Aber dein Kollege Lonely-Lokley weiß erlesene Wortkunst zu schätzen. Oder habe ich dich aus einem falschen Fenster betrachtet?«
»Aus einem falschen Fenster?«, fragte ich und verstand gar nichts mehr.
Techi ließ vor Lachen die Zeitung fallen. »Das ist nur so ein Ausdruck, Max. Ande will damit sagen, dass seine Meinung von dir offenbar nicht der Wirklichkeit entspricht.«
»Das gefällt mir«, rief ich. »Du würdest staunen, mein Freund, wenn du wüsstest, aus wie vielen Fenstern man mich betrachten kann.«
»Dann hab ich wohl wieder alles richtig erfasst. Ich kann dich gern mal in den Gehörnten Mond mitnehmen, wenn du magst.«
»Ich finde eigentlich nichts völlig uninteressant, und was Poeten treffen angeht Bei diesen Worten verstummte ich, denn meine dichterische Vergangenheit zweimal an einem Tag zu offenbaren, wäre zu viel des Guten gewesen.
»Sei ehrlich: Du hattest befürchtet, deine Freunde würden in ein interessantes Wirtshaus gehen und dir nichts davon sagen. Und jetzt weißt du nicht, wie du dich verhalten sollst. Armer Max!«, sagte Techi mit nachsichtigem Spott.
Ich lachte, nickte energisch und wandte mich an Ande. »Ob du willst oder nicht - morgen rücke ich dir auf die Pelle.«
»Diesmal bin ich es, der dich nicht verstanden hat«, sagte er unsicher.
Ich musste lachen, denn Ande brachte mich immer wieder dazu, meinen längst vergessen geglaubten Schatz an bildlichen Redewendungen zu plündern. Auch Techi hob erstaunt die Brauen.
»Jemandem auf die Pelle zu rücken, bedeutet, ihn zu besuchen - ob er will oder nicht«, klärte ich die beiden auf.
Sie nickten - Techi vorsichtig, Ande belustigt.
»Weißt du, Max, eigentlich bin ich mit einem Problem zu dir gekommen.«
Bisher hatte ich nie den Eindruck gehabt, Ande sei mir gegenüber scheu. Allerdings war ich ihm meist begegnet, nachdem er bereits einige Gläser des hiesigen Feuerwassers zu sich genommen hatte.
»Dein Problem ist mein Problem. Hast du dich wieder mit Sir Rogro gestritten?«
»Der verhält sich tadellos«, lobte Ande.
Ich musste lächeln. Das hätte sein Chef hören sollen! Allerdings hatte Rogro Schill sich in seiner Jugend intensiv mit Astrologie beschäftigt. Daher fiel es ihm leicht, selbst die dunkelsten Seelenwinkel seiner Mitarbeiter auszuleuchten.
»Na schön, darf ich jetzt endlich erfahren, was dich zu mir führt? Deine Kollegen? Oder etwas ganz anderes?«
»Ach, es geht nicht um all die Schreiberlinge, mit denen ich Zusammenarbeiten muss«, rief Ande pathetisch und wandte uns mit großer Geste sein edles Profil mit der Adlernase zu. »Weißt du, Max, man hat mich vor acht Tagen bestohlen.«
»Das ist unangenehm, aber die Aufklärung von Diebstählen gehört nicht zu meinen Aufgaben. Du weißt doch, dass sich die Kollegen in der anderen Hälfte des Hauses an der Brücke damit beschäftigen. Aber soweit ich weiß, sind Polizisten dir massiv unsympathisch. Bist du also überhaupt schon dort gewesen?«
»Natürlich«, rief Ande. »Zuerst war ich in eurer Hälfte des
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