Das egoistische Gen
produzieren, solange es keine erblichen Unterschiede gibt, zwischen denen sie auswählen kann.
Daher ist es vernünftig – obwohl es Genetiker geben mag, die dies für eine sonderbare Idee halten –, wenn wir von Genen „für“ Steinform, Steingröße, Steinhärte und so weiter sprechen. Jeder Genetiker, der etwas gegen diese Sprache einzuwenden hat, muß, wenn er konsequent sein will, auch dagegen sein, von Genen für Augenfarbe, Genen für die „runzelige“ Form von Erbsen und so weiter zu sprechen. Ein Grund, aus dem die Idee im Falle von Steinchen sonderbar erscheinen könnte, ist die Tatsache, daß Steine kein lebendiges Material sind. Außerdem scheint der Einfluß von Genen auf Steineigenschaften besonders indirekt zu sein. Ein Genetiker mag einwenden, direkten Einfluß nähmen die Gene auf das Nervensystem, das für das Verhalten bei der Auswahl der Steinchen verantwortlich ist, nicht auf die Steinchen selbst. Doch ich fordere einen solchen Genetiker auf, sich genau anzusehen, was es überhaupt bedeuten kann, wenn wir davon sprechen, daß Gene einen Einfluß auf ein Nervensystem ausüben. Das einzige, was Gene wirklich direkt beeinflussen können, ist die Proteinsynthese. Der Einfluß eines Gens auf ein Nervensystem ist wie der auf die Farbe eines Auges oder die Form einer Erbse immer indirekt. Das Gen bestimmt eine Proteinsequenz, die X beeinflußt, das Y beeinflußt, das Z beeinflußt, welches schließlich die Form des Samenkorns oder die zelluläre Vernetzung des Nervensystems beeinflußt. Das Gehäuse der Köcherfliegenlarve ist lediglich eine weitere Ausdehnung dieser Art von Sequenz. Die Steinhärte ist ein erweiterter phänotypischer Effekt der Köcherfliegengene. Wenn es gerechtfertigt ist, davon zu sprechen, daß ein Gen auf die Form einer Erbse oder das Nervensystem eines Tieres einwirkt (alle Genetiker sind dieser Meinung), dann muß es auch gerechtfertigt sein, von einem Gen zu sprechen, das die Härte der Steinchen im Gehäuse einer Köcherfliegenlarve beeinflußt. Das ist ein verblüffender Gedanke, nicht wahr? Doch die Beweisführung ist zwingend.
Wir sind nun bereit für den nächsten Schritt in unserem Gedankengang: Gene in einem Organismus können erweiterte phänotypische Effekte auf den Körper eines anderen Organismus haben. Die Gehäuse von Köcherfliegenlarven halfen uns bei unserem ersten Schritt, beim nächsten werden uns Schneckenhäuser helfen. Das Schneckenhaus spielt für die Schnecke dieselbe Rolle wie das Gehäuse für eine Köcherfliegenlarve. Es wird von speziellen Zellen der Schnecke abgeschieden, daher wäre ein traditioneller Genetiker damit einverstanden, von Genen „für“ Eigenschaften wie etwa die Schalendicke zu sprechen. Man hat aber festgestellt, daß Schnecken, die von bestimmten Saugwürmern parasitiert sind, besonders dicke Schalen haben. Was kann diese Verdickung bedeuten? Hätten von dem Parasiten befallene Schnecken ungewöhnlich dünne Schalen, so könnten wir dies problemlos als Folge einer geschwächten Konstitution erklären. Doch eine dickere Schale? Ein kräftigeres Haus schützt die Schnecke vermutlich besser. Es sieht so aus, als würden die Parasiten ihrem Wirt helfen, indem sie sein Haus verbessern. Aber tun sie das wirklich?
Wir müssen sorgfältiger nachdenken. Wenn eine dickere Schale für die Schnecke wirklich besser ist, warum hat sie sie dann nicht in jedem Fall? Die Antwort liegt wahrscheinlich in der Ökonomie. Die Produktion der Schale ist für die Schnecke mit hohen Kosten verbunden. Sie erfordert Energie sowie Kalzium und andere Substanzen, die aus mühselig erworbener Nahrung gewonnen werden müssen. Alle diese Mittel könnten, wenn sie nicht auf die Schalenbildung verwandt würden, für etwas anderes ausgegeben werden, etwa für die Produktion von mehr Nachkommen. Eine Schnecke, die eine Fülle von Ressourcen auf die Herstellung einer extradicken Schale verwendet, hat sich damit Sicherheit für ihren eigenen Körper erkauft. Aber zu welchen Kosten? Sie mag länger leben, aber sie wird sich weniger erfolgreich reproduzieren, und vielleicht wird es ihr nicht gelingen, ihre Gene weiterzugeben. Unter den Genen, die nicht weitergegeben werden, werden auch die für ein extrastarkes Haus sein. Mit anderen Worten, ein Schneckenhaus kann nicht nur zu dünnwandig sein (was leichter einzusehen ist), sondern auch zu dickwandig. Wenn also ein Saugwurm eine Schnecke dazu bringt, ein besonders stabiles Haus zu sezernieren, so tut er der
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