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Das egoistische Gen

Titel: Das egoistische Gen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dawkins
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Sacculina   parasitiert. Der Wurzelkrebs Sacculina   ist ein Verwandter der Seepocken, obwohl man, wenn man ihn sieht, meinen könnte, er sei eine parasitäre Pflanze. Er treibt ein kunstvolles Wurzelsystem tief in das Gewebe der unglücklichen Krabbe und saugt seine Nahrung aus deren Körper. Wahrscheinlich ist es kein Zufall, daß zu den ersten Organen, die der Wurzelkrebs angreift, die Hoden beziehungsweise Eierstöcke der Krabbe gehören; er verschont zunächst die Organe, die die Krabbe zum Überleben braucht – im Gegensatz zu denen, die zur Fortpflanzung nötig sind. Die Krabbe wird de facto   von dem Parasiten kastriert. Wie ein Mastochse lenkt die kastrierte Krabbe Energie und Mittel von der Reproduktion fort und in ihren eigenen Körper hinein – eine reiche Ernte für den Parasiten auf Kosten der Fortpflanzung der Krabbe. Es ist ziemlich genau dieselbe Geschichte, wie ich sie für Nosema   beim Mehlkäfer und für den Saugwurm bei der Schnecke vorgeschlagen habe. Wenn wir annehmen, daß in allen drei Fällen die Veränderungen im Wirt evolutionäre Anpassungen zum Vorteil des Parasiten sind, so müssen diese als erweiterte phänotypische Effekte von Parasitengenen angesehen werden.
    Das heißt also, Gene reichen aus ihrem „eigenen“ Körper heraus, um Phänotypen in anderen Körpern zu beeinflussen.
    Die Interessen von Parasiten- und Wirtsgenen können durchaus weitgehend übereinstimmen. Der Theorie der egoistischen Gene folgend, können wir uns beide, Saugwurmgene und Schneckengene, als „Parasiten“ im Schneckenkörper vorstellen. Beide haben einen Vorteil davon, von demselben schützenden Haus umgeben zu sein, auch wenn sie in bezug auf die „bevorzugte“ Wandstärke unterschiedlicher Meinung sind. Diese Divergenz ergibt sich im wesentlichen aus der Tatsache, daß die Art und Weise, wie sie den Körper dieser Schnecke verlassen und in den nächsten gelangen, verschieden ist. Schneckengene verlassen den Schneckenkörper in Schneckenspermien und -eiern. Die Saugwurmgene nehmen einen ganz anderen Weg. Auf die furchtbar komplizierten Einzelheiten möchte ich hier nicht eingehen; entscheidend ist, daß sie den Körper der Schnecke nicht in deren Spermien oder Eiern verlassen.
    Ich schlage vor, daß dies die wichtigste Frage in bezug auf jeden Parasiten sein sollte: Werden seine Gene über dieselben Vehikel an zukünftige Generationen weitergegeben wie die Gene des Wirtes? Wenn dies nicht der Fall ist, so würde ich erwarten, daß sie dem Wirt auf die eine oder andere Weise Schaden zufügen. Doch wenn es der Fall ist, so wird der Parasit alles in seiner Macht Stehende tun, um dem Wirt nicht nur beim Überleben, sondern auch bei der Fortpflanzung zu helfen.
    Im Laufe der Evolution wird er aufhören ein Parasit zu sein, wird mit dem Wirt zusammenarbeiten, und möglicherweise verschmilzt er schließlich mit dem Gewebe des Wirtes und ist überhaupt nicht mehr als Parasit zu erkennen. Vielleicht sind, wie ich in Kapitel 10 angedeutet habe, unsere Zellen das Ergebnis einer derartigen Entwicklung, und wir sind alle Relikte parasitärer Verschmelzungen in der Urzeit.
    Sehen wir uns an, was geschehen kann, wenn Parasiten- und Wirtsgene tatsächlich einen gemeinsamen Ausgang aus dem Wirtskörper haben. Der Parasit des Borkenkäfers Xyleborus ferrugineus   ist ein Bakterium, das nicht nur im Körper des Wirtes lebt, sondern auch dessen Eier als Transportmittel zu einem neuen Wirt benutzt. Die Gene solcher Parasiten profitieren daher von fast denselben zukünftigen Umständen wie die Gene ihres Wirtes. Man kann erwarten, daß die beiden Gruppen von Genen „an einem Strick ziehen“, und zwar aus genau denselben Gründen, aus denen die Gene eines Individuums dies normalerweise tun. Es spielt keine Rolle, daß einige von ihnen zufällig „Käfergene“ und die anderen „Bakteriengene“ sind. Beide Gruppen von Genen sind am Überleben des Käfers und an der Verbreitung von Käfereiern „interessiert“, denn sie „verstehen“ Käfereier als ihren Fahrschein in die Zukunft.
    Somit teilen die Gene der Bakterien das Schicksal der Wirtsgene, und nach meiner Interpretation ist zu erwarten, daß die Bakterien in allen Aspekten des Lebens mit ihren Käfern zusammenarbeiten.
    Es zeigt sich, daß „zusammenarbeiten“ milde ausgedrückt ist. Der Dienst, den sie den Käfern leisten, könnte kaum intimer sein. Diese Käfer sind haplodiploid, wie Bienen und Ameisen (siehe Kapitel 10). Wenn ein Ei von einem

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