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Das einzige Kind

Das einzige Kind

Titel: Das einzige Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Holt
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schon längere Zeit so gründlich angelogen, daß sie keinen Grund mehr sah, ihm zu glauben. Und die Polizei sah auch keinen.
    Trotzdem.
    So einfach konnte es nicht sein.
    »Mir fehlt ein Abschiedsbrief«, sagte Hanne nachdenklich und hob einen Schaumgummiball auf. Sie zielte auf den Korb über der Tür, warf den Ball in hohem Bogen und traf. Der Ball lag wie tot auf dem Boden. Sie streckte den Arm aus, hob ihn auf und machte noch einen Versuch. Noch zwei Punkte.
    »Himmel, du bist ja richtig gut.«
    »Hab schließlich in den USA gelebt.«
    Billy T. hob den anderen Ball hoch und warf. Der Ball blieb für einen Moment auf dem Ring liegen, dann kippte er langsam auf die richtige Seite.
    »Two points«, sagte Hanne und machte noch einen Versuch.
    »Bingo! Hennie Williamsen leads by four points.«
    Billy T. grinste und stellte sich so weit wie möglich vom Korb entfernt auf. Einige Sekunden lang wippte er auf und ab, dann schwebte der orangefarbene Ball auf den Korb zu, knallte gegen die Wand und fiel auf den Boden, ohne den Ring auch nur berührt zu haben.
    »I won«, sagte Hanne, schnappte sich beide Bälle und legte sie unter den Stuhlsitz, ehe Billy T. den Kampf fortsetzen konnte.
    »Mir fehlt wirklich ein Abschiedsbrief.«
    »Warum denn? Meinst du wirklich …?«
    159
    »Nein, das meine ich nicht. Ich glaube nicht, daß es sich um einen Mord handelt. Aber wir müssen alle Möglichkeiten einbeziehen, oder?«
    Sie tauschten einen Blick und prusteten los.
    »Alles klar«, sagte Billy T. grinsend. »Aber es wäre verdammt angenehm, wenn wir uns damit zufriedengeben könnten, daß Terje Welby Agnes umgebracht hat. In einer guten Woche ein schwieriger Fall geklärt. Feine Feder für unseren Hut. Auf zu neuen Taten. Zu neuen, spannenden Taten.«
    »Ich hab ja auch nicht gesagt, daß das nicht stimmt. Gut möglich, daß Welby es war. Wahrscheinlich war er es. Aber irgend etwas stimmt nicht. Nur so ein Gefühl im Bauch. Und wenn er Agnes Vestavik ermordet hat, dann will ich verdammt noch mal bessere Beweise, als daß er in die Kasse gelangt und sich anschließend umgebracht hat. Sein Nachruf fällt ziemlich trübe aus, wenn ihm auch noch ein Mord ins Grab geschoben wird, den er gar nicht begangen hat.«
    Billy T. hatte gute Gründe, Hanne Wilhelmsens Gefühl im Bauch ernst zu nehmen. Vor allem, da er auch so ein Gefühl hatte.
    »Aber wie machen wir jetzt weiter?« fragte er verzweifelt.
    »Genaugenommen stehen wir doch wieder am totalen
    Nullpunkt.«
    »Nicht ganz. Wir haben immer noch allerlei Anhaltspunkte.
    Allerlei!«
    Sie brauchten eine halbe Stunde für ihr Resümee. Zum einen konnten sie noch auf weitere Funde der Technik hoffen. Dann hatten sie den Ehemann. Sie hatten eine Art Liebhaber, der vielleicht abgewiesen worden war. Und sie hatten jemanden, der sich ausgiebig vom Bankkonto der Ermordeten bedient hatte; entweder hatte sie diesem Jemand das Geld gegeben, oder sie war bestohlen worden. Beides wäre gleichermaßen interessant.
    Dann standen noch ausführliche Verhöre mit einigen Heiman-160
    gestellten aus. Tonc-Marit und Erik hielten diese Angestellten zwar nicht für interessant, aber Billy T. wollte sie doch noch einmal genauer unter die Lupe nehmen. Vier hatten nicht einmal versucht, sich ein Alibi zu verschaffen. Cathrine, Christian, Synnøve Danielsen und Maren Kalsvik lebten allein und waren allein zu Hause gewesen. Und die Alibis der anderen waren noch nicht überprüft worden.
    »Außerdem müssen wir uns Olavs Mutter noch genauer ansehen, Birgitte Håkonsen«, sagte Hanne schließlich und verspürte eine leise Unruhe, als sie diesen Namen nannte.
    »Es steht fest, daß sie Agnes gehaßt hat.«
    »Woher weißt du das?«
    Billy T. blätterte in den Kopien, die vor ihm lagen, und fand dort nichts über Olavs Mutter. Hanne winkte ab.
    »Das erzähle ich dir später. Aber wir können sie keinesfalls ausschließen.«
    »Klingt ziemlich an den Haaren herbeigezogen, finde ich«, murmelte Billy T., und machte sich aber auf einem Zettel, den er aus dem Chaos auf seinem Schreibtisch herausgefischt hatte, eine Notiz.
    »Und dann noch etwas.« Hanne erhob sich und schnappte sich einen Schaumgummiball. Sie stellte sich an die Stelle, die vorher Billy T. eingenommen hatte, mit dem Rücken zum Fenster. Während sie die Entfernung zum Korb abschätzte, fragte sie: »Die Nummer von der Sozialschule der Diakonie. Die auf dem anderen gelben Zettel in Agnes’ Büro stand. Hast du dich erkundigt, worum es da ging?«
    Sie

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