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Das einzige Kind

Das einzige Kind

Titel: Das einzige Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Holt
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hätte er es sein können. Der ist doch nicht umsonst durchgebrannt.«
    »Du hast das dem Jungen doch wohl nicht zugetraut? Er ist zwölf!«
    »Aber was hast du denn gedacht?« fragte sie noch einmal.
    »Ich dachte Maren.«
    »Maren?«
    Sie zwinkerte mit den Augen, und einen verwirrten Moment lang glaubte sie, sich verhört zu haben. Maren, die liebe, tüchtige, effektive Maren, die sich immer zurücknahm, sollte Agnes umgebracht haben? Christian war reizend, aber klar bei Verstand konnte er nicht sein.
    »Was um Himmels willen hat dich denn auf diese Idee gebracht?«
    »Hör zu«, sagte er eifrig und nahm ihre beiden Hände. »Wer profitiert von Agnes’ Tod? Erstens …« – Er ließ ihre Hände los und berührte mit dem Zeigefinger kurz ihre Nase. – »… war Agnes immer dagegen, wenn Maren irgendeine Veränderung vorgeschlagen hat. Immer. Weißt du noch, wie sie die Kinder abends eine halbe Stunde länger aufbleiben lassen wollte?
    Kommt nicht in Frage, hat Agnes gesagt. Und als wir mit allen 153
    Kindern nach Spanien hätten fahren können, und es hätte nicht mehr gekostet als dieses blöde Ferienhaus in Südnorwegen –
    auch da war Agnes dagegen.«
    Ehe Cathrine gegen die Vorstellung protestieren konnte, Schlafenszeiten und Spanienreisen könnten ein Mordmotiv darstellen, tippte er noch einmal ihre Nase an.
    »Zweitens. Nach Agnes’ Tod ist Maren hier die Chefin geworden. Du hast doch gesehen, wie sie sofort die Führung an sich gerissen hat. Terje ist nur ein Trottel mit feinen Papieren, das wissen doch alle.«
    »War«, korrigierte Cathrine, und plötzlich war ihr ziemlich schlecht.
    Die anfängliche Begeisterung über die aufregenden
    Neuigkeiten wich einer Art Trauer, weil Terje nicht mehr lebte.
    »Außerdem war er kein Trottel«, fügte sie leise hinzu.
    »Drittens …« sie konnte ihre Nase vor dem dritten
    Tippversuch retten – »… war Terje ein Waschlappen und ein Schwächling, der sich bestimmt nie im Leben zu einem Mord hätte aufraffen können.« Er hob die Arme über den Kopf, gähnte laut und unhöflich und sagte: »Aber ich habe mich geirrt, Schatz. Es muß Terje gewesen sein. Warum hätte er sich sonst umbringen sollen? Noch dazu so kurz nach dem Mord. Das macht die Sache doch klar.«
    Er sprang vom Tisch, trat hinter Cathrines Stuhl, faßte sie um ihre knochige Taille und drückte zu.
    »Warum muß das so verdammt geheim bleiben?« flüsterte er an ihrem Hals.
    Sie wand sich aus seiner Umklammerung und antwortete gereizt: »Du bist neunzehn, Christian. Neunzehn.«
    Kopfschüttelnd und für einen Moment verärgert ließ er sie los.
    Dann schüttelte er seine Verstimmung ab und verließ das 154
    Zimmer, um in Erfahrung zu bringen, ob die Nachricht schon die Runde gemacht hatte.
    Cathrine blieb mit einem ganz und gar undefinierbaren Gefühl sitzen. Erst jetzt fiel ihr auf, daß das Fenster leicht angelehnt war. Die Vorhänge bewegten sich leise, und ein Windstoß ließ die Luft kälter wirken, als sie eigentlich war, es roch nach nasser Erde und schmutzigem Schnee und verfaulten Pflanzen. Sie stand auf, um das Fenster zu schließen, aber der Vorhang geriet dazwischen. Als sie das sperrige Fenster aufstieß, um den Vorhang zu retten, hatte sie das Gefühl, irgend etwas Wichtiges übersehen zu haben. So als sei ein Gedanke so schnell vorübergehuscht, daß sie ihn nicht gesehen, nicht richtig registriert hatte. Lange versuchte sie, diesen Gedanken zurückzuholen. Sie schloß sogar die Augen, um sich besser konzentrieren zu können. Hatte sie etwas gesehen? Gehört?
    Aufgeschnappt vielleicht?
    »Cathrine, kannst du mir beim Haarewaschen helfen?«
    Jeanette stand in der Türöffnung und zupfte an ihren dünnen Strähnen, die einigermaßen fettig aussahen.
    Und damit war der Gedanke endgültig verschwunden.
    Cathrine hoffte zutiefst, er würde noch einmal zurückkommen.
    Sie strich den geblümten Vorhang glatt und ging mit der molligen Elfjährigen ins Badezimmer.

    »Warst du mal in einen Jungen verliebt?« fragte Hanne Wilhelmsen in die Dunkelheit hinein, als Mitternacht näher rückte und sie im Bett lagen.
    Cecilie lachte ein überraschtes, perlendes Lachen.
    »Was in aller Welt ist das für eine Frage?« meinte sie und drehte sich um, um Hanne ansehen zu können. »Ich war doch immer nur in dich verliebt.«
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    »Du! Red keinen Quatsch! Du hast nur nichts daraus gemacht.
    Es ist doch klar, daß du in siebzehn Jahren mal ein bißchen verliebt gewesen sein mußt. Wenn ich da zum Beispiel

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