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Das einzige Kind

Das einzige Kind

Titel: Das einzige Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Holt
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beschrieb mit dem rechten Arm von unten nach oben einen Bogen und ließ den Ball los, als ihr Arm fast ganz ausgestreckt war. Langsam schwebte der Ball durch die Luft, streifte kurz die Decke und fiel dann in den Korb.
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    »Können wir nicht mal ein richtiges Match machen?« fragte Billy T. hingerissen.
    »Hast du die Nummer überprüft?«
    »Nein, hab ich noch nicht geschafft.«
    »Dann kannst du sie vergessen. Ich kümmere mich darum«, sagte Hanne und warf den Ball nach ihm. »Du kannst solange schon mal üben.«

    Tone-Marit war sehr zufrieden mit sich, und dazu hatte sie auch allen Grund. In ihrem Eifer hatte sie das ganze Haus nach Hanne Wilhelmsen abgesucht, aber die war spurlos verschwunden. Sie wollte sich die Freude jedoch nicht verderben lassen, und deshalb ging sie zu Billy T. Obwohl sie in seiner Nähe immer ein bißchen nervös war.
    »Was ist denn jetzt schon wieder los?« fragte Billy T. sauer und schaute aus dem Chaos auf seinem Schreibtisch auf.
    »Ich weiß, wer die Schecks ausgestellt haben könnte«, sagte Tone-Marit und freute sich sehr, als der Mißmut ihres Kollegen Erwartung und Neugier weichen mußte.
    »Ja verdammt«, sagte er laut und nachdrücklich. »War’s der trauernde Ehemann? Laß mal sehen.«
    Er schwenkte die Arme und schien der jungen Wachtmeisterin die Papiere aus der Hand reißen zu wollen. Doch die preßte sie an sich und setzte sich.
    »Nein. Es war ein anderer Mann, und er heißt …«
    Die Papiere fielen zu Boden, als sie sie dem Kollegen mit triumphierender Miene überreichen wollte. Ihr wurde heiß, aber sie hob sie sofort wieder auf.
    »Eivind Hasle. So heißt er.«
    »Eivind Hasle? Wissen wir irgendwas über ihn?«
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    »Nein, bisher nicht. Ich habe alle möglichen Register durchgesehen. Nicht vorbestraft, geboren 1953, wohnt in Furuset und arbeitet in einem Laden auf Grønland.«
    »Auf Grønland!« Billy T. lachte laut. »Hol den Heini sofort her. Ruf ihn an und sag, es sei brandeilig. Schaff ihn her! Wann sind diese Schecks übrigens eingelöst worden?«
    »Zwei Tage vor dem Mord.«
    Jetzt lächelte auch Tone-Marit.
    »Sieh an, sieh an. Dann wollen wir doch mal eine Runde mit Eivind Hasle plaudern, was, Tone-Marit-Baby?«

    Sie brauchten nur eine halbe Stunde, um den etwas über vierzig Jahre alten Mann aus seinem Laden auf Grønland ins einige hundert Meter entfernt gelegene Polizeigebäude zu holen. Er hatte hilfsbereit, aber überrascht gewirkt, als Tone-Marit ihn anrief. Nun saß er in Billy T.s chaotischem Büro, und es war schwer zu sagen, ob er unsicher oder nur irritiert war.
    »Worum geht es hier eigentlich?«
    »Alles zu seiner Zeit, alles zu seiner Zeit«, sagte Billy T. und verlangte die Personalien.
    »Als erstes wüßte ich gern«, sagte er dann in so neutralem Ton, wie er ihn überhaupt nur zustande brachte, »als erstes wüßte ich gern, in welcher Beziehung Sie zu Agnes Vestavik standen.«
    Der Mann setzte sich anders hin, offensichtlich fühlte er sich unter dem scharfen Blick des Ermittlers alles andere als wohl.
    »Agnes Vestavik? Ich kenne keine Agnes Vestavik.«
    Aber dann schien ihm etwas einzufallen. Langsam liefen seine Ohren rot an. Am Ende waren seine Ohrläppchen, die ungewöhnlich groß und fleischig waren, fast so rot wie eine Ampel.
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    »Moment. Ist das nicht die Frau, die da oben im Kindergarten ermordet worden ist? Darüber habe ich in der Zeitung gelesen.«
    »Kinderheim. Das ist ein Kinderheim. Und darüber hat nur sehr wenig in der Zeitung gestanden. Sind Sie ein eifriger Zeitungsleser?«
    Der Mann gab keine Antwort.
    »Sie sind ihr also nie begegnet?«
    Jetzt schien der Mann sich regelrecht zu fürchten.
    »Sagen Sie, was wollen Sie eigentlich von mir? Warum bin ich hier?«
    Nun blieb Billy T. die Antwort schuldig. Er saß nur da, groß und breit, mit verschränkten Armen und stechendem Blick.
    »Hören Sie«, sagte der Mann, und jetzt zitterte seine Stimme.
    »Ich weiß nichts über diese Frau, ich habe ihren Namen in der Zeitung gelesen, und ich habe ja wohl ein Recht zu erfahren, was Sie von mir wollen.«
    »Ihren Führerschein.«
    »Meinen Führerschein? Was wollen Sie damit?«
    »Jetzt hören Sie endlich auf, mir dauernd mit Gegenfragen zu kommen.«
    Billy T. sprang auf. Und das blieb auch diesmal nicht ohne Wirkung. Der Mann wand sich und zog eine elegante
    Brieftasche aus dunkelrotem Leder hervor. Er suchte und suchte.
    »Nein, hier ist er nicht«, murmelte er schließlich. »Vielleicht liegt er noch im

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