Das Elbmonster (German Edition)
Personen“ wäre abgeschlossen und niemand brauchte sich mehr zu fürchten, eventuell noch vom selben grausamen Schicksal ereilt zu werden, das bereits zuvor viele unbarmherzig hart getroffen hatte. Aber diese Annahme erwies sich als ein verhängnisvoller Irrtum, wie sich bereits zwei Tage nach der Hiobsbotschaft herausstellte, denn auch wir mussten unsere angestammte Heimat verlassen. Es gab keinerlei Pardon. Darauf zu hoffen, wäre absolut vergebliche Mühe gewesen. So packten also auch wir innerhalb von vierundzwanzig Stunden das Allernötigste von den ohnehin bescheidenen Habseligkeiten zusammen, um mit gebrochenen Herzen unwiderruflich Adieu zu sagen.
Im Gegensatz zu unserem mageren Besitztum war bei den engsten Angehörigen der vergötterten Pädagogin wirklich einiges an materiellen Werten zu holen (angefangen vom schmucken Wohnhaus, zu dem Ställe für Kühe, Pferde und kleinere Tiere gehörten, bis hin zu fruchtbaren Weinbergen, Äckern und Wiesen). Das lohnte sich echt für die künftigen Nutznießer. Es dürfte wohl auch der entscheidende Grund für ihre Zwangsvertreibung gewesen sein.
Ob ein solch unerhörter Schicksalsschlag reiche Leute schmerzhafter verletzt als die armen, vermag ich nicht zu beurteilen. Gleichwohl gebe ich zu bedenken, dass es sicherlich bei allen Betroffenen tiefe Spuren der erlittenen Schmach hinterlässt.
Wir waren zwar an mannigfache Entbehrungen gewöhnt, wenn einem aber selbst das Wenige, das man sich mühsam erarbeitet hat, auch noch weggenommen wird, muss es unabwendbar zu seelischen Erschütterungen führen, die man zeitlebens im Gedächtnis behält, ohne dabei etwa an Rache zu denken. Nichts liegt uns ferner.
Zwischen 1946 und 1948 wurden rund 185.000 Personen, die zur deutschen Volksgruppe in Ungarn gehörten, kollektiv abgestempelt und ihrer Rechte beraubt, indem man die Staatsbürgerschaft aberkannte, ihr Eigentum beschlagnahmte und sie des Landes verwies. Laut Beschluss des ungarischen Parlaments vom 10. Dezember 2012 soll künftig jeweils am 19. Januar daran erinnert werden.
Solche Gedenktage werden uns hoffentlich veranlassen, als nunmehr wieder versöhnte und freundschaftlich verbundene Partner gemeinsam in die Zukunft zu blicken, denn es kann nicht darum gehen, etwa alte Wunden aufzureißen oder gar Gedanken der Ahndung zu schüren.
Seinem Wesen nach dürfte wohl jedwedes revanchistische Geschrei eher schädlich als nützlich sein, unter welchem Vorwand es auch immer geschürt werden mag. Damit meine ich allerdings nicht die gelegentlichen oder teils auch regelmäßigen Zusammenkünfte von Vertriebenen, um Erinnerungen aus ihrer ehemaligen Heimat auszutauschen oder alte Sitten und Bräuche zu pflegen. Das ist ja eine willkommene Bereicherung unserer Kultur (wie überhaupt die einstigen Neuzugänge von etwa vierzehn Millionen Personen so manch Interessantes nach Deutschland brachten oder es später hier erwirkten, auch wenn sie vorerst unerwünscht waren).
Nein, es geht mir vielmehr um jene Krakeeler, die immer wieder lauthals unbillige Forderungen an die Menschen ihres Herkunftslandes stellen.
Ich vertrete die Auffassung: Sofern man schon nicht vergessen kann, sollte man wenigstens verzeihen, und zwar von allen Seiten!
Einzelne Vertriebenengruppierungen faseln immer wieder von angeblich rechtmäßigen Entschädigungsansprüchen. Wenn man das konsequent weiterführt, müssten sich ja die Völker ganz Europas ihre peinvolle Vergangenheit gegenseitig aufrechnen.
Ich kann diesbezüglich nur beherzt dazu aufrufen: Leute, hört endlich auf mit euren selbstsüchtigen Forderungen! Fehlt es euch an täglichem Brot? Doch gewiss nicht! Außerdem hat die Bundesrepublik inzwischen selbst alle von Flucht und Vertreibung betroffenen Mitbürger zumindest symbolisch entschädigt. Also: Lasst unsere Nachbarn und andere Völker endlich in Frieden leben! Sie haben in ihrer Geschichte wahrhaftig schon mehr als genug Leid erfahren müssen, und das bestimmt nicht vollkommen ohne deutsches Zutun. Gefährdet nicht weiter das zarte Pflänzchen freundschaftlicher Aussöhnung, ein überaus kostbares, weil zukunftsträchtiges Gut!
Dementgegen üben sich notorisch Uneinsichtige mit ihren dreisten Forderungen nach wie vor lauthals in scharfmacherischen Tönen. Das ist ausgesprochen unverschämt!
Trotzdem sollte es uns nicht wundern, wenn sich auch dafür einige Winkeladvokaten finden, die zuallererst für sich reichlich fette Beute wittern und demnach keinerlei Skrupel
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