Das Elbmonster (German Edition)
das reale Leben eingreifen. Beim Texter sollte der Inhalt stets wichtiger sein als die Form. Das gilt für die Kunst generell, sofern sie etwas bewegen möchte und nicht nur dem Ergötzen dient. Ihre Aufgabe ist es, unsere Hirnzellen anzuregen, das Nachdenken zu beflügeln. Um das zu bewirken, muss man freilich streckenweise bewusst gegen den Strom schwimmen.
Genug der wiederholt erklärenden Worte und hin zu den Ursprüngen des Hauptakteurs!
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Hinsichtlich der mannigfachen Rückblicke auf unsere Kindheit, die früher oder später jeden ereilen dürften, müssen wir wohl allesamt bis zu einem bestimmten Maße ehrlich zugeben, dass man im Nachhinein vieles anders und einiges davon auch verklärter sieht, als es tatsächlich war. Das halte ich indessen für durchaus normal, weil entsprechende Wertungen zwangsläufig mit neuen Erfahrungen verknüpft werden, ganz abgesehen davon, dass unser persönlicher Standpunkt ohnedies stets subjektiv bleibt.
Schaue ich zuweilen gedankenversunken auf meine frühen Jahre, so vermag ich selbst nach dem Abstand von weit mehr als einem halben Jahrhundert weder eine überschwängliche Lobeshymne, noch ein wehmütiges Klagelied darüber anzustimmen. Wir hatten sowohl gute als auch schlechte Zeiten. Es war eben nicht anders und Punkt!
Gleichwohl befand sich Abel damals in einer nahezu gegensätzlichen Situation. Er hatte für seinen Entwicklungsweg größtenteils wesentlich günstigere Voraussetzungen als ich.
Während seine Mutter in Budapest eine hervorragende Ausbildung zum Lehrerberuf genoss und diesen auch mit großer Freude sowie überaus imponierendem Erfolg ausführte, befand sich sein leiblicher Vater in einer ähnlich vorteilhaften Lage, denn auch er war als junger Seelsorger innerhalb seiner Gemeinde außerordentlich beliebt.
Anders wäre sowieso nicht zu erklären, wie es sein konnte, dass ein katholischer „Sündenbruder“ der geweihten Mission eines priesterlichen Hirten vollkommen ungescholten nachkommen durfte. Es fand sich schlichtweg kein einziger Denunziant, der von sich aus bereit gewesen wäre, das „sträfliche Vergehen“ bei der Obrigkeit zu melden, ihn anzuschwärzen. Dafür stand er viel zu sehr in der Gunst aller Einheimischen, obwohl jeder wusste, dass er trotz kirchlichen Verbots zwei Kinder gezeugt hatte.
Außerdem war seine übergeordnete Dienststelle weit entfernt. Sie hatte in Pécs (Fünfkirchen) ihren Sitz und kümmerte sich überhaupt nicht um die Belange in den abgelegenen Provinzen, solange keine ernsthaften Beschwerden eingingen oder gravierende Vorkommnisse die Runde machten.
Im Übrigen hatte der höhere Klerus damals wohl auch ganz andere und teils sogar wichtigere Aufgaben, denn er verfügte nach wie vor über eine große politische Macht, die er natürlich unentwegt sichern und möglichst noch weiter ausbauen wollte.
Das wiederum gereichte fraglos auch Abel zum Vorteil, der bei seinen Großeltern mütterlicherseits wohnte, wo auch der angesehene Pfarrer zur Untermiete logierte, seitdem er dort nach der Pensionierung des Vorgängers als beauftragter Gemeindehirte wirkte.
Es war nach seinem erfolgreichen Studium in der Landeshauptstadt seine erste Stelle, wohin er als frischgebackener Diener Gottes beordert worden ist, um sich in der Praxis zu bewähren.
Die phänomenale Feuertaufe erstreckte sich jedoch nicht nur auf seinen beruflichen Werdegang, sondern ebenso auf seine unbändige Manneskraft und die späteren Vaterpflichten. Wer könnte es ihm auch verübeln (von stockkonservativen Religionsfanatikern einmal abgesehen), dass er sich schon bald in die fesche Maid des Hauses grenzenlos verliebte, zumal sie ihn mit ihren ausnehmend diabolischen Reizen unaufhaltsam verführerisch lockte. Da hilft kein noch so strenges Zölibat, jenes fragwürdige Gelübde, das nach traditioneller Vorschrift namentlich katholischen Geistlichen den Verzicht auf Ehe und sexuelle Kontakte zum weiblichen Geschlecht auferlegt. Es ist ja auch wider die Natur des Menschen und daher grundsätzlich eine höchst seltsame Verhaltensregel. Dessen ungeachtet erweist sie sich als besonders zählebig, denn sie ist immer noch aktuell. Was sich doch manche Leute so aufbürden! Unsereiner kann das bestenfalls mit ehrfürchtigem Staunen zur Kenntnis nehmen. Aber das nur als Randbemerkung.
Das hübsche Fräulein aus einer der wohlhabendsten Familien im Ort ward also die heiß geliebte Partnerin des überglücklichen
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