Das Elbmonster (German Edition)
ganz den Tatsachen, denn beide waren bereits seit Jahren miteinander eng verbunden, und sie hatten sogar zwei gemeinsame Söhne, nämlich Abel und Peter. Das erfuhren wir allerdings erst während unserer späteren Fahrt nach Deutschland, welche zu den ohnehin scheußlichen Umständen noch recht merkwürdig verlief, denn eine schier unglaublich düstere Prophezeiung beeinflusste mein weiteres Leben ebenso nachhaltig wie das meiner künftigen Weggefährten. Und das Fatalste daran ist, dass sie sich nach nunmehr gut sechzig Jahren jeden Moment bewahrheiten könnte, falls nicht noch ein befreiendes Hexenwerk geschieht.
Doch halt, verehrte (Krimi-)Freunde!
Mittlerweile treibt mich nämlich ein achtsamer Hüter der eigenen Redlichkeit, quasi meine innere Stimme, sehr energisch zu folgender Kundgabe:
Es liegt mir völlig fern, bei Ihnen gegebenenfalls Erwartungen zu wecken, die ich nicht erfüllen werde. Dies ist, wie Sie inzwischen sicherlich schon bemerkt haben, keine Verbrechensgeschichte üblicher Art, obwohl sich passende Aspekte als durchgehendes Motiv wie Perlen auf einem roten Faden aneinanderreihen. Aber ihr edler Glanz verblasst des Öfteren infolge vieler Seitenschleifen, die wiederum mit teils bohrenden Gedanken zu mancherlei Problemen des Lebens gefüllt sind, da ich weder ein Schreiber ohne eigene Meinung, noch ein bedenkenloser Nichtsverkäufer sein möchte.
Zudem entspricht die vorliegende Lektüre nur bedingt einer Erzählung im klassischen Sinne, und einem Roman gleicht sie erst recht nicht, weil einzelne Textpassagen stark zum Sachbuch tendieren. Auch das wird Ihnen längst aufgefallen sein.
Ich frage mich sowieso manchmal, warum man sich mit geschriebenen Botschaften partout in herkömmliche literarische Sujets pressen lassen soll. Um dem zu entgehen, verfahre ich absichtlich nach eigenem Gutdünken.
Das bedeutet: Auch wenn unsere Fantasie angesichts der noch bevorstehenden, teils unheimlichen und zutiefst rätselhaften Handlungen Abels (oder seines schärfsten Widersachers?) bisweilen noch so üppig blühen mag, werden wir trotzdem generell auf Sachlichkeit achten und die Ereignisse so nehmen, wie sie wirklich sind, sich jedem zeigen, der sich ohne vorgefasste gedankliche Schrullen an sie herantastet. Demnach wird der berühmte Lügenbaron Münchhausen nur im äußersten Bedarfsfalle zurate gezogen, obwohl seine Abenteuernatur fortwährend reizvoll und lehrreich bleibt, eine schriftstellerische Köstlichkeit eben.
Zugegeben, ein bisschen flunkern will ich ja auch hin und wieder. Das gehört einfach zur Literatur. Es wird jedoch nur in Ausnahmefällen vorkommen.
Freilich wirkt eine spannende, verführerische Lüge bei den meisten Adressaten viel nachhaltiger als eine langweilige Wahrheit, dennoch sind Ammenmärchen nicht meine Stärke. Das überlasse ich lieber einigen Politikern oder sonstigen Sprücheklopfern und Schaumschlägern. Sie erweisen sich darin wesentlich geschickter, weil sattsam geübt.
Gleichwohl erlaube ich mir eine gewisse dichterische Freiheit. Ansonsten wird es ja auch nicht annähernd eine (Kriminal-)Erzählung, bestenfalls eine mehr oder weniger gute journalistische Berichterstattung, welche der Glaubwürdigkeit wegen jedoch auch zu ihrem Recht kommen soll. Deshalb erscheint es mir geboten, stimmungsvolle Bilder sparsam einzusetzen (mir fehlt eh die poetische Ader), mit Dialogen noch verhaltener umzugehen und sprachkünstlerische Schnörkel weitestgehend zu vermeiden. Kurz und bündig: Es ist meine feste Absicht, ein Höchstmaß an Glaubwürdigkeit zu vermitteln.
Nicht zuletzt werde ich wie bisher versuchen, ungebräuchliche Fremdwörter möglichst strikt zu vermeiden, denn mir liegt sehr viel daran, dass meine Ausführungen von allen Lesern, die sich das Buch zu Gemüte führen, mühelos nachvollzogen und verstanden werden. Hoffentlich gelingt mir das auch ohne Unterlass! Überdies will ich nicht verhehlen, sondern nochmals betonen, dass mir die deutsche Sprache besondern am Herzen liegt. Sie verfügt nicht nur über ein nahezu unerschöpfliches Vokabular, auch ihr bezaubernder Wohlklang hält mich gefangen. Ja, ich bin seit Langem regelrecht in sie verliebt! Dennoch neige ich stark zur Auffassung des erfolgreichen, überaus mutigen, fast schon revolutionär handelnden Theaterregisseurs Volker Lösch, wenn er meint, dass ehrgeizige Kunstübungen, mögen sie noch so clever inszeniert werden, im Grunde genommen wenig oder nichts bringen, weil sie in keiner Weise in
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