Das Elbmonster (German Edition)
eine Geldstrafe von 1.800 Euro verhängt. Aber was ist das schon gegen die Leugnung der Existenz von Gaskammern und die Ermordung von sechs Millionen Juden während der Naziherrschaft?
Gewiss, sämtliche Religionen laben sich seit jeher am vermutlich unversiegbaren Nektar ihrer Gläubigen. Und es wird auch fortwährend einiges dafür getan, dass es tunlichst immer so bleibt, damit sich der breiten Masse wirkliche soziale Zusammenhänge gar nicht erst tiefgründig erschließen.
Demgegenüber haben namentlich Hardliner unter den Kommunisten während ihrer Herrschaft die enorme Faszination spiritueller Bräuche nicht gebührend berücksichtigt oder sträflich heruntergespielt und teilweise sogar bekämpft. Auch das war eine Ursache ihres historischen Scheiterns, denn steinalte, über viele Generationen hinweg florierende Gepflogenheiten lassen sich nicht innerhalb weniger Jahrzehnte beheben, am wenigsten durch blindwütige Aktionen. Es war sowieso ein verhängnisvoller Ansatz, den Menschen die ureigene Entscheidungskraft hinsichtlich ihrer Frömmigkeit abzusprechen, mithin eine direkte Verletzung ihrer Grundrechte. Doch Fanatiker jedweder Richtung waren, sind und bleiben allenthalben halsstarrig, also gefährlich, weil unberechenbar.
Dessen ungeachtet bin ich mehr denn je davon überzeugt, dass speziell die Ausbeutersysteme (und das kapitalistische ist in dieser Hinsicht fraglos die raffinierteste von allen bisherigen gesellschaftlichen Formationen!) auf derlei Gehilfen nicht verzichten können und auch gar nicht wollen. Der Sozialdemokrat August Bebel (1840 bis 1913) hat das besonders drastisch bekundet, indem er meinte, dass Staat und Kirche sich „brüderlich unterstützen, wenn es das Volk zu knechten, zu verdummen und auszubeuten gilt“.
Ergo: Mann von der Straße, arbeite und bete! Ansonsten ist dein himmlisches Paradies gefährdet! Wir Oberen kümmern uns um die Geschicke der Nation und natürlich auch um dein persönliches Wohlergehen auf Erden. „Sorge dich nicht - lebe!“, könnte auch hier das richtungweisende Motto der Machthaber gegenüber dem miesepetrigen Untertan heißen, obgleich sich der Bestseller von Dale Carnegie kaum ernsthaft solcherart Fragestellungen widmet.
Und überhaupt: War und ist es nicht geradezu anmaßend, wenn ein Mensch, dazu aus Fleisch und Blut wie du und ich, öffentlich proklamiert, er sei als Papst der auserkorene Stellvertreter Gottes auf Erden, quasi dessen personifizierter Statthalter? Inwiefern er selbst daran glaubt, sei dahingestellt, da es ohnedies schwer vorstellbar bleibt, wie eine Persönlichkeit mit fraglos herausragender Intelligenz seine vermeintlich himmlische Erhebung für bare Münze nehmen kann. Aber die traditionell Frommen wollen es nun einmal so, um zunächst ihr persönliches und darüber hinaus im missionarischen Eifer möglichst auch das Seelenheil anderer zu retten. Dabei könnte doch ein jeder, der aufrichtig an einem universellen Schöpfer glaubt, allemal mit ihm in ein „Zwiegespräch“ treten, was die meisten vermutlich auch tun werden. Zugegeben: Die erhebende Kraft gemeinsamer Erlebnisse, wie etwa in Form von Gebeten, sollten wir nicht unterschätzen.
Ach ja: „Wir sind Papst!“, tönte es doch einst unüberhörbar im deutschen Medienwald. Inzwischen ist bekanntlich ein anderer Würdenträger vom Kardinalsstand zum Halbgott gekürt und auf den ehrfürchtigen Stuhl Petri gehoben worden. Demzufolge weiter so, zielbewusst zu neuen Ufern menschlicher Freiheit, selbst wenn unser edles Vorhaben vereinzelt immer noch mit Relikten mittelalterlicher Gepflogenheiten behaftet ist! So haben sich zum Beispiel im zwölften Jahrhundert die Ritter des Tempelordens, geradezu besessen von der Rechtmäßigkeit ihres katholischen Glaubens, furchtlos auf den Weg gemacht, um die heiligen Stätten ihres Ursprungs von den ebenso fanatisierten Muslimen zu befreien und die Pilgerwege zu schützen. Doch ihr weißer Mantel, für sie und Gleichgesinnte ein markantes Symbol ethischer Reinheit, war häufiger blutgetränkt als ihr Antlitz mit Engelszügen versehen.
Klartext: Es ist keineswegs meine Absicht, irgendeinen Generalverdacht auszusprechen.
Das wäre ebenso vermessen wie töricht, denn mit Pauschalurteilen über Menschen befinden wir uns nahezu ausnahmslos auf Irrwegen, missachten ihre Einzigartigkeit.
Stattdessen bin ich fest davon überzeugt, dass es die absolute Mehrheit der Christen ehrlich meint mit ihrer Weltanschauung, sich demgemäß
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