Das Elbmonster (German Edition)
fast schon den Eindruck, dass wir früher vorrangig für den „Sozialismus“ arbeiteten und nun unstet durch die Gegend hasten, um ausschließlich den Penunzen nachzujagen. Wir rackern uns dafür schonungslos ab, weil wir aufgrund unserer nicht zu erschütternden Naivität glauben, mit Geld ließe sich alles Glück dieser Erde erkaufen. Welch eine trügerische Illusion!
Freilich, auch Abel, vorerst noch mit allerlei Glanz und Gloria behaftet, strebt entschlossen nach finanziellem Vermögen, um seine gönnerhaften Vorhaben tunlichst rasch zu verwirklichen. Und wie es die dunkle Seite seines Naturells will, die er unversehens heraufbeschwört, ihm bleibt tatsächlich nicht mehr viel Zeit dafür.
Das Leitmotiv seines Handelns heißt „Wohlbehagen“ als persönlich empfundene Eintracht mit allem, was man hat oder zu erreichen beabsichtigt. Doch wehe dem, der ihn vorsätzlich und ernsthaft daran hindert, seinen Wünschen gemäß zu leben: Auch im Edlen wohnt die Bestie!
Dabei vertritt er seit Langem die Auffassung, dass Zufriedenheit mehr in den Hütten als in den Palästen wohne, weil einfache, bescheidene Leute sich meistens schon mit wenigem begnügten, reiche hingegen oftmals missmutiger seien.
Ich teile seine Meinung, zumal ich genau weiß, sein überaus fleißiges Streben mündet niemals bevorzugt in Selbstzufriedenheit. Eher schätzt er es als eine hohe Tugend, nach Kräften dafür zu sorgen, dass möglichst viele Menschen glücklich sind, und zwar hier und jetzt und nicht irgendwann im vermeintlichen Himmelreich.
Aber woraus resultiert das bezaubernde Gefühl höchster innerer Befriedigung, der Zustand völligen psychischen Wohlbefindens, das wir Glück nennen, auch wenn es bei Weitem nicht immer mit betörender Entzückung einhergeht und sich ebenso wenig auf Sexualität beschränken lässt?
Die Quellen dafür sind zweifellos mannigfach. In dem Zusammenhang erinnere ich mich, einst vom begnadeten indischen Dichter und Philosophen Tagore sinngemäß folgende Zeilen gelesen zu haben:
Ich schlief und träumte, das Leben sei Freude.
Ich erwachte und sah, das Leben ist Pflicht.
Ich arbeitete und spürte, die Pflicht wurde zur Freude.
Dieses Grundmotiv menschlichen Handelns, das jene überragende Lichtgestalt mit so wenigen, jedoch sehr einfühlsamen Worten ausdrückte, wird durch unsere Alltagserfahrung fortwährend bestätigt. Es ist nicht der Müßiggang, der uns glücklich macht, von Ausnahmezeiten abgesehen, sondern das schöpferische Tätigsein, sich bewusst einbringen können, seine Persönlichkeit entfalten, indem man Nützliches bewirkt und damit auch dem Gemeinwohl dient.
Umso mehr bin ich erstaunt und vor allem geradezu besorgt darüber, wie leichtfertig verantwortliche Politiker heutzutage mit dem heiklen Problem der enormen Arbeitslosigkeit und Halbtagsbeschäftigung umgehen, etwa nach dem Prinzip: Der Markt wird es schon richten. Das ist regelrecht erschreckend. Falls sie so weitermachen, sollte es uns nicht wundern, wenn sie eines Tages selbst „gerichtet“ werden. Ihre bedingungslose Anbetung des „freien Marktes“ hindert sie offensichtlich daran, gründlicher nach trächtigen Lösungsmöglichkeiten zu suchen, damit alle Landeskinder würdevoll leben können. Solcherart Staatsführung kann uns allen zum Verhängnis gereichen, denn schon zeigen sich dunkle Schatten am Horizont, die allerdings kaum jemand sehen will. Dabei gibt es doch auf internationaler Ebene mehrere gute Beispiele einer besseren Einbindung von Leistungswilligen in den Wirtschaftsprozess. Demgegenüber wissen wir natürlich auch, dass ein bestimmtes Heer von Arbeitslosen die ausgesprochen ideale Verwertungsbedingung für das einheimische und teilweise auch ausländische Kapital darstellt. Schließlich sind es im Hintergrund stets die Reichen und Mächtigen, die über willfährige Statthalter dafür sorgen, dass ihre speziellen, meist raffgierigen Interessen konsequent durchgesetzt werden.
Doch blicken wir jetzt gedanklich nochmals auf das Jahr 1951 zurück, um zu erfahren, wohin die Schicksalsgöttin Fortuna oder ganz einfach die konkreten Umstände Abel und mich damals kurzerhand geleiteten! Hatten wir gegebenenfalls den bewährten Pfad christlicher Tugend schon verlassen? Ginge das überhaupt, sich aller Eigenschaften, die einem während der Kindheit anerzogen werden, irgendwann völlig zu entledigen? Wohl eher nicht! Und das ist sicherlich meistens auch gut so, denn welche Eltern
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